Volltext: Kleinstaaten in Europa

Kausalzusammenhang, eine «enge Wechselbeziehung», wie Hans Con- rad Peyer das formulierte.28Für diesen Kleinen der europäischen Ge- schichte, wie Lothringen eingezwängt zwischen übermächtige Nach- barn, den Habsburgerstaat bzw. die beiden Teile des habsburgischen «Überstaats» und Frankreich, war das Überleben deswegen einfacher, weil die kantonale und gemischtkonfessionelle Struktur der Eidgenos- senschaft sie prinzipiell nach beiden Seiten hin öffnete: durch die Schutz- und Schirmverträge sowohl zur Krone Frankreich, abgeschlossen von den katholischen Kantonen, und durch ein Vertragsnetzwerk zum Haus Habsburg, das faktisch garantierte, dass die Eidgenossenschaft in die grossen europäischen Konflikte nicht hineingezogen wurde. Seit den lu- dovizianischen Kriegen war dank der deutschen Vororte Zürich und Bern zwar eine gewisse Orientierung hin zur Hofburg erfolgt, aber die Offenheit nach beiden Seiten mit der Nebenwirkung des Schutzes ihrer Sicherheit war im Prinzip davon nicht tangiert worden. Faktisch bedeu- tete das auf der anderen Seite den Verlust jeder aussenpolitischen Hand- lungsfähigkeit. Kriegerische Auseinandersetzungen erwuchsen für die Schweiz seit der Mitte des 17. Jahrhunderts nur noch aus internen, trans- kantonalen Problemen, nie mehr aus den europäischen Verwicklungen – was nicht heisst, dass die Eidgenossenschaft nicht durch ihre vermiete- ten Truppenkörper, die in etlichen nationalen Heeren dienten, immer präsent gewesen wäre. Die Schweiz, und jetzt kann man ohne grosse Mühe auf Jacob Burckhardt zurückkehren, war als kleiner, sich in der Erhaltung des Status quo erschöpfender Staat ein geradezu idealer Puf- fer zwischen den grossen Nachbarn und «lebte» gewissermassen von de- ren Rivalität. Als problematisch empfand man es, als seit 1756 die beiden bisher unversöhnlich einander gegenüberstehenden Grossmächte sich arrangierten und in ein Allianzverhältnis eintraten. Dass aus einem sol- chen Einvernehmen benachbarter Grosser unliebsame Folgen erwachsen konnten, demonstrierte auf ihre Weise die 1. Teilung Polens 1772; diese Vision, dem Einvernehmen der beiden grossen Nachbarn zum Opfer fallen zu können, mündete nicht zufällig 1777 in ein erneutes Bündnis der Eidgenossenschaft mit Frankreich, das sich einzig und allein der Sorge schuldete, zwischen dem Habsburgerstaat und Frankreich aufge- teilt zu werden. 90Heinz 
Duchhardt 28Hans Conrad Peyer, Verfassungsgeschichte der alten Schweiz, Zürich 1978, S. 80.
	        

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