Volltext: Kleinstaaten in Europa

Herrschaftsrechte Auswärtiger ausdrücklich in einem eigenen Artikel verbürgt wird. Der Akt der Konstituierung des Glarner Landes verdankt sich nach diesem Text dem Friedensbedürfnis der Talschaft. Deswegen be- schäftigt sich die Hälfte des Textes mit Fragen der Vermeidung von Friedbruch und seiner gerichtlichen Ahndung. Die Friedenssicherung nimmt Glarus in die eigene Hand, mit dem wechselseitig geschworenen Eid aller Landleute entsteht eine politische Korporation, die ihre Kom- petenzen rasch weitete. Im Falle Glarus führte dieser Prozess zu einer schliesslich unbegrenzten Autonomie und Autokephalie. Der Vorgang ist nicht einmalig. Die Frühgeschichte der Schweizer Eidgenossenschaft lässt sich bekanntermassen ebenso beschreiben. Uri, Schwyz und Unterwalden bringen in ihren Landrechten und in ihrem ersten bekannten Bund von 1291 zum Ausdruck, dass das Bedürfnis, in Frieden zu leben und Konflikte, gleichgültig, ob im Land oder zwischen den Ländern, gerichtlich beizulegen, die politische Energie dieser Tal- schaften freisetzte.39Weitere Beispiele, die diesem Muster mit geringen Varianten folgen, sind die Desintegration Dithmarschens aus dem Hoch- stift Bremen 128340oder die des Appenzells aus der Herrschaft des Klos- ters St. Gallen um 1400.41 Die erste Stadt, die sich mit den drei Waldstätten verbündete, Lu- zern, hatte zuvor einen «Stadtfrieden» geschaffen.42Inhaltlich ging es um die Ächtung jeder Art von Fehde und Gewalt, formal war es eine vom habsburgischen Vogt, dem Rat der Stadt und allen Bürgern beschworene Einung, die «auf ewig» gelten sollte. Das war gewissermassen der Nu- kleus, aus dem heraus sich die Autonomie der Gemeinde weiter entwi- ckeln und entfalten konnte, bis zur Reichsunmittelbarkeit 1415.75 
Alternativen zur frühmodernen Staatsbildung im Kleinterritorium 39Zuletzt mit den nötigen Quellenbelegen Peter Blickle, Friede und Verfassung. Voraussetzungen und Folgen der Eidgenossenschaft von 1291, in: Innerschweiz und frühe Eidgenossenschaft, Redaktion Hansjakob Achermann u.a., Olten 1991, 1. Bd., S. 23–43. 40Knapp Günther Franz, Geschichte des deutschen Bauernstandes vom frühen Mit- telalter bis zum 19. Jahrundert (Deutsche Agrargeschichte 4), Stuttgart 
21976, S. 92–95. – Heinz Stoob, Geschichte Dithmarschens im Regentenzeitalter, Heide in Holstein 1959. 41Appenzeller Geschichte, 1. Bd.: Das ungeteilte Land, bearbeitet von Pater Rainald Fischer u.a., Appenzell 1964. 42P. Blickle, Friede und Verfassung (wie Anm. 39), S. 112–115.
	        

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