Volltext: Kleinstaaten in Europa

poration zu vertreten. Funktional ging es auch hier um zwei Bereiche – Rechtsfortschreibung und Steuerbewilligung.29Die strukturellen Ver- gleichbarkeiten mit Erscheinungsformen im Reich wachsen, richtet man den Blick auf Kleinterritorien wie die Herrschaft Biscaya oder Mal- lorca.30 Gewissermassen als Exkurs ist hier anzufügen, dass es Sonderent- wicklungen in Kleinterritorien mit landschaftlicher Verfassung gegeben hat, die in der bisherigen Typologie ständegeprägter Verfassungen in Europa keine Würdigung und keinen Platz gefunden haben. Auf sie hin- zuweisen gehört sich auf einer Tagung in Liechtenstein und gebietet sich im Blick auf eine Komplettierung der Typologie. Landschaften bäuerli- chen, teils auch bürgerlichen Zuschnitts haben es in Einzelfällen auch zu Republiken im Sinne von Freistaaten gebracht. Die in Europa wohl spektakulärsten Beispiele sind die Transformation der Hochstifte Chur und Sitten in die Republiken Graubünden und Wallis. In beiden Fällen ging diesem Prozess eine Schwächung von Adel und Geistlichkeit als politischen Ständen voraus, der Umschwung erfolgte in beiden Fällen auf Druck der Gemeinden und Gerichte, des Zehngerichtebunds in Graubünden im 15. Jahrhundert und der Zenden und Gemeinden des Oberwallis im 16. Jahrhundert. Graubünden und das Wallis bildeten Verfassungen aus, die eine besonders ausgeprägte Kontinuität zum mo- dernen Parlamentarismus aufweisen.31Die Rede von der «Demokratie» im Wallis und in Graubünden ist keineswegs anachronistisch. Die Wal- liser begründeten das damit, «das die Landtlütt» ein «fry volck» seien und «ein fry Democratisch regiment» hätten.32Auf den Begriff gebracht haben das die Bündner in einer in mehreren Sprachen veröffentlichten 71 
Alternativen zur frühmodernen Staatsbildung im Kleinterritorium 29Pedro Cardim, Städte, Dörfer und Ämter in den Cortes von Portugal und Kastilien in der frühen Neuzeit, in: Peter Blickle (Hrsg.), Landschaften und Landstände in Oberschwaben (Oberschwaben – Geschichte und Kultur 5), Tübingen 2000, S. 295– 313. 30Breites Belegmaterial in J. Sobrequès u.a. (eds.), Proceedings of the 53rd Conference of the International Commission for the History of Representative and Parliamen- tary Institutions, 2 vols., Barcelona 2005. 31Knappe Zusammenfassung bei Peter Blickle, Kommunalismus und Parlamentaris- mus, in: Helmut Koenigsberger (Hrsg.) Republiken und Republikanismus der Frü- hen Neuzeit (Schriften des Historischen Kollegs 11), München 1988, S. 57–75. 32Caroline Schnyder, Reformation und Demokratie im Wallis (1524–1613) (Veröf- fentlichungen des Instituts für europäische Geschichte Mainz 191), Mainz 2002 [für das Zitat S. 301].
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.