Volltext: Kleinstaaten in Europa

Die doppelte Absicherung der mindermächtigen und kleinen Reichsstände durch die hierarchische Kurienstruktur des Reichstags und die egalisierende Struktur im Reichskreis und in Ständebünden gewähr- leistete den Kleinen das politische Überleben und sogar gewisse Hand- lungsspielräume, welche sich jenseits der einseitigen Abhängigkeit vom Kaiser oder einem mächtigen benachbarten Territorialfürsten eröffneten. Eine ausbalancierende Politik zwischen Reichstag, Ständebünden und Kreisassoziationen wurde vor allem von den Mainzer Kurerzkanz- lern des Reiches verfolgt: die Erzbischöfe wussten ihre mehrfache Rolle als erster der Kurfürsten, Leiter der Reichskanzlei, Reichstagsdirektor und Kreisstand in Kurrhein und oft auch Oberrhein klug zu nutzen. Wenn der Kaiser in Wien zu stark auf eine eigennützige österreichische Grossmachtpolitik setzte, musste er mit dem Widerstand des ersten Prä- laten vom Rhein rechnen.50 Das vorherrschende Muster der habsburgischen Reichspolitik war allerdings, dass der Kaiser als Schützer der Selbständigkeit der Minder- mächtigen und Kleinen, insbesondere der Geistlichen, im Reich auftrat. Nach dem Westfälischen Frieden war auf dieser Grundlage der Wieder- aufstieg des habsburgischen Kaisertums und dessen Machtstellung im barocken Reich möglich.51Besonderer Bünde bedurfte es dabei meist 54Anton 
Schindling 50Rolf Decot, Religionsfrieden und Kirchenreform. Der Mainzer Kurfürst und Erz- bischof Sebastian von Heusenstamm 1545–1555, Wiesbaden 1980; Heinz Duch- hardt, Philipp Karl von Eltz. Kurfürst von Mainz, Erzkanzler des Reiches (1732– 1743). Studien zur kurmainzischen Reichs- und Innenpolitik, Mainz 1969; Peter Claus Hartmann (Hrsg.), Der Mainzer Kurfürst als Reichserzkanzler. Funktionen, Aktivitäten, Ansprüche und Bedeutung des zweiten Mannes im alten Reich, Stutt- gart 1997; ders. (Hrsg.), Kurmainz, das Reichserzkanzleramt und das Reich am Ende des Mittelalters und im 16. und 17. Jahrhundert, Stuttgart 1998; Friedhelm Jürgensmeier, Johann Philipp von Schönborn und die römische Kurie. Ein Beitrag zur Kirchengeschichte des 17. Jahrhunderts, Mainz 1977; ders. (Hrsg.), Erzbischof Albrecht von Brandenburg (1490–1545). Ein Kirchen- und Reichsfürst der Frühen Neuzeit, Frankfurt/Main 1991; Ferdinand W. Sender, Georg Friedrich Greiffenclau von Vollrads 1573–1629. Ein Prälat aus der mittelrheinischen Reichsritterschaft. Aufstieg und Regierungsantritt in Mainz, Mainz 1977. 51Karl Härter, Reichstag und Revolution 1789–1806. Die Auseinandersetzung des im- merwährenden Reichstags zu Regensburg mit den Auswirkungen der Französi- schen Revolution auf das alte Reich, Göttingen 1992; Harm Klueting, Das Reich und Österreich 1648–1740, Münster/Hamburg 1999; Anton Schindling, Leopold I. 1658–1705, in: Schindling/Ziegler (Hrsg.), Kaiser der Neuzeit (wie Anm. 3), S. 168– 185; ders., Die Anfänge des Immerwährenden Reichstags zu Regensburg. Stände- vertretung und Staatskunst nach dem Westfälischen Frieden, Mainz 1991.
	        

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