war der Republikanismus von Städten wie Florenz und Venedig mit der Ausbildung grosser Territorien und der Unterwerfung ehemals selbstän- diger Nachbarkommunen verbunden.48 Die Bestandsgarantie der Reichsverfassung für die Mindermächti- gen und Kleinen hatte ihren Rückhalt freilich nicht nur in der hierar- chischen Ordnung von oben nach unten – in der Lehnsordnung, dem Landfrieden und der Zuständigkeit der Reichsgerichte. Die Ständeord- nung ermöglichte zwar auch das Überleben der Schwächeren, ja er- zwang dieses geradezu – vor allem durch die Existenz des Reichstags. Aber auch die korporative Selbstorganisation der Stände in den Reichs- kreisen und in Form von Einungen stützte in erster Linie die Kleineren und weniger Starken. In den sechs nichthabsburgischen und nichtkur- fürstlichen Reichskreisen gab es keine hierarchische Sonderstellung der Kurfürsten wie auf dem Reichstag. Geistliche und weltliche fürstliche, reichsgräfliche und reichsstädtische Kreisstände wirkten gleichberech- tigt auf den Kreistagen etwa in Franken und Schwaben zusammen, wo kein einzelner fürstlicher Stand dominant die Kreispolitik beherrschte. Die immer wieder gebildeten ständischen Bünde – vom Schwäbischen über den Schmalkaldischen und den Landsberger Bund, Union und Liga, den Ersten Rheinbund und die Kreisassoziationen bis zum Deut- schen Fürstenbund Friedrichs des Grossen – stellten Alternativen zur hierarchischen Reichstagsverfassung dar.4953
Mindermächtige Territorien und Reichsstädte im Heiligen Römischen Reich 48Helmut G. Koenigsberger (Hrsg.), Republiken und Republikanismus im Europa der frühen Neuzeit, München 1988; John Greville Agard Pocock, The Machiavel- lian moment. Florentine political thought and the Atlantic republican tradition, Princeton, NJ, 1975; Quentin Skinner, The foundations of modern political thought, Bd. 1: The renaissance, Bd. 2: The age of reformation, Cambridge 1978. 49Gabriele Haug-Moritz, Der Schmalkaldische Bund 1530–1541/42. Eine Studie zu den genossenschaftlichen Strukturelementen der politischen Ordnung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, Leinfelden-Echterdingen 2002; Thomas Hölz, Krummstab und Schwert. Die Liga und die geistlichen Reichsstände Schwa- bens 1609–1635. Zugleich ein Beitrag zur strukturgeschichtlichen Erforschung des deutschen Südwestens in der Frühen Neuzeit, Leinfelden-Echterdingen 2001; Win- fried Mogge, Nürnberg und der Landsberger Bund 1556–1598. Ein Beitrag zur Ge- schichte des konfessionellen Zeitalters, Nürnberg 1976; Franziska Neuer-Landfried, Die Katholische Liga. Gründung, Neugründung und Organisation eines Sonder- bundes 1608–1620, Kallmünz/Opf. 1968; Volker Press (Hrsg.), Alternativen zur Reichsverfassung (wie Anm. 4); Leopold von Ranke, Die Deutschen Mächte und der Fürstenbund. Deutsche Geschichte von 1780 bis 1790, 2 Bde., Leipzig 1871/72; Roman Schnur, Der Rheinbund von 1658 in der deutschen Verfassungsgeschichte, Bonn 1955.