kleinste reichsunmittelbare und reichsständische Herrschaftsträger konnte sich auf die Garantie des Landfriedens berufen, und die Reichs- gerichte und die Reichskreise boten ihm Schutz gegen Übergriffe mäch- tiger Nachbarn. Die Ständeeinung des Schwäbischen Bundes ging wegen des Überfalls auf die Reichsstadt Reutlingen 1519 gegen Herzog Ulrich von Württemberg vor.23 Dass die konservativen Schutzfunktionen des Reichssystems zu- gunsten einerseits der fürstlichen und andererseits der kleineren reichs- unmittelbaren Herrschaftsträger wirkten, erwies sich in den Herr- schaftskrisen der Reformationszeit: der Ritterschaftsbewegung 1522, dem Bauernkrieg 1525, der Württembergfrage 1519–1534, dem Täufer- reich in Münster 1535/36, dem Markgrafenkrieg des Albrecht Alkibiades 1552/53 und den «Grumbachschen Händeln» 1552–1567. Bei der Lö- sung dieser teilweise sehr schweren Konflikte zeigte sich auch, dass die korporative ständische Organisation in dem sich ausbildenden Reichs- system der erfolgversprechende Weg für die Selbstbehauptung der Min- dermächtigen und Kleinen war. Die Formierung der Reichskreise und der Weg der Ritter in die Reichsritterschaft, beides Prozesse der späteren Reformationszeit, machten dies deutlich. Vor allem im Süden und Wes- ten des Reichs – dem reichischen Deutschland in einem prägnanten Sinn – wurden so die korporativen reichsständischen Zusammenschlüsse zu einem wesentlichen politischen Gestaltungsfaktor und zu einem Träger von Elementen der Staatlichkeit neben und über den Territorien, Klein- herrschaften und Reichsstädten.24 44Anton
Schindling 23Franz Brendle, Dynastie, Reich und Reformation. Die württembergischen Herzöge Ulrich und Christoph, die Habsburger und Frankreich, Stuttgart 1998; Horst Carl, Der Schwäbische Bund 1488–1534. Landfrieden und Genossenschaft im Übergang vom Spätmittelalter zur Reformation, Leinfelden-Echterdingen 2000. 24Winfried Dotzauer, Die deutschen Reichskreise (1383 bis 1806). Geschichte und Aktenedition, Stuttgart 1998; Peter Claus Hartmann (Hrsg.), Regionen in der Frü- hen Neuzeit. Reichskreise im deutschen Raum, Provinzen in Frankreich, Regionen unter polnischer Oberhoheit. Ein Vergleich ihrer Strukturen, Funktionen und ihrer Bedeutung, Berlin 1994; ders., Der Bayerische Reichskreis (1500 bis 1803). Struktu- ren, Geschichte und Bedeutung im Rahmen der Kreisverfassung und der allgemei- nen institutionellen Entwicklung des Heiligen Römischen Reiches, Berlin 1997; Adolf Laufs, Der schwäbische Kreis. Studien über Einungswesen und Reichsverfas- sung im deutschen Südwesten zu Beginn der Neuzeit, Aalen 1971; Thomas Nicklas, Macht oder Recht. Frühneuzeitliche Politik im obersächsischen Reichskreis, Stutt- gart 2002; Bernhard Sicken, Das Wehrwesen des fränkischen Reichskreises. Aufbau und Struktur (1681–1714), Würzburg 1967; Wolfgang Wüst (Hrsg.), Reichskreis