Volltext: Kleinstaaten in Europa

treten war. Unter dem Dach des Deutschen Bundes bewahrten ferner zahlreiche kleine Herzogtümer und Fürstentümer in Sachsen, Anhalt, Thüringen und Norddeutschland ihre Souveränität, und schliesslich ga- rantierte der Bund auch den vier Stadtrepubliken Frankfurt, Bremen, Lübeck und Hamburg die politische Eigenständigkeit. Von den ur- sprünglich 38 Staaten, die 1815 in den Deutschen Bund aufgenommen wurden, waren am Ende, im Jahr 1866, immer noch 34 als formell gleich- berechtigte Mitglieder im Staatenbund vertreten. Nur in vier Fällen wa- ren ursprünglich eigenständige Bundesmitglieder als politisch autonome Entitäten verschwunden: Es waren dies die Fürstentümer Hohenzol- lern-Hechingen und Hohenzollern-Sigmaringen, die 1849 nach der Ab- dankung ihres Monarchen an Preussen gelangt waren, sowie die Her- zogtümer Anhalt-Köthen und Anhalt-Bernburg, die 1847 beziehungs- weise 1863 nach dem Aussterben ihrer Herzogslinien mit Anhalt-Des- sau vereinigt wurden. Eine gewaltsame Beendigung des souveränen Status eines Bundes- mitglieds hat es demgegenüber nicht gegeben. In der Bundesakte garan- tierten sich die Mitgliedsstaaten «gegenseitig ihre sämmtlichen unter dem Bunde begriffenen Besitzungen», und sie verpflichteten sich, einan- der «unter keinerley Vorwand zu bekriegen, noch ihre Streitigkeiten mit Gewalt zu verfolgen».20Konflikte mussten vielmehr durch die Vermitt- lung der Bundesversammlung friedlich beigelegt oder der 1817 geschaf- fenen sogenannten Austrägalinstanz zur richterlichen Entscheidung vor- gelegt werden.21 130Jürgen 
Müller 20Art. XI, in: Quellen zur Geschichte des Deutschen Bundes, Abt. I, Bd. 1/2 (wie Anm. 17), S. 1512. 21Zur Austrägalinstanz siehe Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte (wie Anm. 17), Bd. 1, S. 625–631. Zur Austrägalgerichtsbarkeit liegen mehrere wissenschaftliche Qualifikationsarbeiten vor: Albert Stein, Die Austrägalgerichtsbarkeit des Deut- schen Bundes. Geschichte, Wesen und praktische Bedeutung. Diss. jur. (Masch.) Freiburg im Breisgau 1950; Gerd Frühauf, Die Austrägalgerichtsbarkeit im Deut- schen Reich und im Deutschen Bund. Diss. jur. Hamburg 1976; Florian W. Betz, Die Austrägalinstanz des Deutschen Bundes. Magisterarbeit (Masch.) Bonn 2004. Insgesamt gab es 54 Austrägalverfahren, wovon die grosse Mehrzahl finanzielle Streitigkeiten betraf, während es nur in acht Fällen um Grenzfragen und Hoheits- rechte ging, die jedoch allesamt von geringer Bedeutung waren. Vgl. Betz, Austrä- galinstanz, S. 46–50, sowie die «Tabellarische Übersicht der Austrägalfälle» im An- hang, S. II-VI.
	        

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