Volltext: Kleinstaaten in Europa

staat konzipiert war, sondern als ein partikularistischer Staatenbund.17 Der Bundeszweck war die Erhaltung der äusseren und inneren Sicher- heit Deutschlands und «der Unabhängigkeit und Unverletzbarkeit der einzelnen deutschen Staaten».18 Dieser Bund der «souverainen Fürsten und freien Städte Deutsch- lands»19war im Hinblick auf seine legitimatorische Grundlage, seine in- stitutionelle Organisation und seine politische Zweckbestimmung eine Ordnung, die genau das Gegenteil dessen verkörperte, was der moderne Nationalstaat postulierte. Der Deutsche Bund war ein überstaatliches, nicht-nationales Gebilde, das an viele Traditionen des 1806 untergegan- genen Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation anknüpfte und da- nach trachtete, im Zeitalter des Nationalismus und der Nationalstaaten die Souveränität und Eigenständigkeit der deutschen Partikularstaaten zu bewahren. Die staatenbündische Ordnung verhinderte beziehungs- weise verzögerte in Deutschland für ein halbes Jahrhundert die Schaf- fung eines nationalen Bundesstaates. Die Deutsche Bundesakte, die als Teil der Wiener Kongressakte unter der völkerrechtlichen Garantie der europäischen Grossmächte stand, sicherte damit auch das politische Überleben kleiner und kleinster Staaten. Zu diesen zählte das Fürsten- tum Liechtenstein, das in der sechzehnten Kurie des Bundestags zusam- men mit den Fürstentümern Hohenzollern-Hechingen und Hohenzol- lern-Sigmaringen, Reuss, Schaumburg-Lippe, Lippe und Waldeck ver- 129 
Kleinstaaten «ohne Nation» im 19. Jahrhundert 17Die ausführlichsten Informationen zum Deutschen Bund bietet immer noch Ernst Rudolf Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte. Bd. 1–3. 2. bzw. 3. Aufl. Stuttgart/ Berlin/Köln 1988–1990. Eine aktuelle knappe Zusammenfassung der Bundesge- schichte bietet Jürgen Angelow, Der Deutsche Bund. Darmstadt 2003. Einen kur- zen Abriss mit einem Überblick über die Forschungsgeschichte enthält Jürgen Mül- ler, Der Deutsche Bund 1815–1866. (Enzyklopädie deutscher Geschichte, Bd. 78.) München 2006. Eine breite Dokumentation der Quellen zur Bundesgeschichte be- absichtigt das Editionsprojekt «Quellen zur Geschichte des Deutschen Bundes», hrsg. v. Lothar Gall. Bisher erschienen: Abt. I, Bd. 1: Die Entstehung des Deutschen Bundes 1813–1815. Bearb. v. Eckhardt Treichel. 2 Halbbde. München 2000; Abt. II, Bd. 1: Reformpläne und Repressionspolitik 1830–1834. Bearb. v. Ralf Zerback. Mün chen 2003; Abt. III, Bd. 1 und 2: Die Dresdener Konferenz und die Wieder- herstellung des Deutschen Bundes 1850/51. Bearb. v. Jürgen Müller. München 1996; Der Deutsche Bund zwischen Reaktion und Reform 1851–1858. Bearb. v. Jürgen Müller. München 1998. 18Art. II der Deutschen Bundesakte vom 8. Juni 1815, in: Quellen zur Geschichte des Deutschen Bundes, Abt. I, Bd. 1/2 (wie Anm. 17), S. 1508. 19Art. I der Bundesakte, ebd.
	        

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