Volltext: Kleinstaaten in Europa

Herren von Liechtenstein lassen sich erstmals im frühen 12. Jahrhundert in der Gegend südlich von Wien nachweisen.15Sie erwarben in der Fol- gezeit grosse Güter in der Steiermark, in Kärnten und in Mähren. Wäh- rend die steirische Linie der Familie Liechtenstein 1619 ausstarb, wurde die mährische Linie zu Beginn des 17. Jahrhunderts in den Reichsfürs- tenstand erhoben. Im Jahr 1699 kaufte Fürst Hans Adam I. die Herr- schaft Schellenberg, und 1712 erwarb er die Grafschaft Vaduz. Beide Ge- biete wurden 1719 unter dem Namen Liechtenstein von Kaiser Karl VI. zu einem reichsunmittelbaren Fürstentum erhoben. Mit dem Ende des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation im Jahr 1806 wurde Liechtenstein nicht, wie so viele andere Kleinstaaten, mediatisiert, son- dern es trat als formell souveräner Staat in den napoleonischen Rhein- bund ein.16Das französische Protektorat vereitelte in den Folgejahren die wiederholten Versuche von seiten Bayerns, sich Liechtenstein einzu- verleiben. Nach dem Zusammenbruch des napoleonischen Grand Em- pire und dem Zerfall des Rheinbundes 1813/14 konnte sich Liechten- stein als souveräner Staat behaupten. Das Fürstentum war 1814/15 auf dem Wiener Kongress vertreten und wurde Mitgliedsstaat des neu ge- gründeten Deutschen Bundes, der bis 1866 den politischen Ordnungs- rahmen für Deutschland und Mitteleuropa darstellte. Als dieses föderale, staatenbündische System 1866 im preussisch-österreichischen Krieg zu- sammenbrach, konnte Liechtenstein abermals seine Unabhängigkeit be- haupten. Es wurde nicht Teil des wenige Jahre später gegründeten Deut- schen Reiches, sondern blieb – neben dem Grossherzogtum Luxemburg – der einzige Kleinstaat in Mitteleuropa, der auch diese politische Zäsur überlebte, ohne seine Eigenständigkeit zu verlieren.127 
Kleinstaaten «ohne Nation» im 19. Jahrhundert 15Zum folgenden Gerhard Köbler, Historisches Lexikon der deutschen Länder. Die deutschen Territorien und reichsunmittelbaren Geschlechter vom Mittelalter bis zur Gegenwart. 6., vollständig überarbeitete Auflage. München 1999, S. 348; Beattie, Liechtenstein (wie Anm. 14), S. 9–25; eine detaillierte Darstellung der Entwicklung vom Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert bei Kaiser, Geschichte des Fürstenthums Liechtenstein (wie Anm. 14). 16Dazu ausführlich: Georg Malin, Die politische Geschichte des Fürstentums Liech- tenstein in den Jahren 1800–1815, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein 53, 1953, S. 5–178; ferner: Mazohl-Wallnig, Sonderfall Liechtenstein (wie Anm. 14); Press, Das Fürstentum Liechtenstein (wie Anm. 14).
	        

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