Volltext: Kleinstaaten in Europa

derts entsprach. Eine nationale Struktur und Identität bildete sich hier, wenn überhaupt, nur in dem britischen Teil aus,5der aus drei distinkten Ethnien, nämlich den Engländern, den Walisern und den Schotten be- stand. In diese britische Nation sollte im 18. und 19. Jahrhundert auch die seit dem 12. Jahrhundert unter britischer Herrschaft stehende Kolo- nie Irland politisch und ökonomisch integriert werden. Doch beharrten die konfessionell, kulturell und sozial völlig unbritischen Iren auf ihrer eigenen Identität, die sie dann im Laufe des 19. Jahrhunderts als natio- nale Eigenart mit dem Anspruch auf nationale Unabhängigkeit definier- ten. Damit setzte um 1850 der irische nationale Befreiungskampf ein, der nach dem Ersten Weltkrieg in die Trennung von Grossbritannien und die Gründung einer irischen Nationalrepublik mündete.6 Länger noch als im Fall von Irland dauerte es in Malta, bis die ko- loniale Abhängigkeit von Grossbritannien beendet wurde. Malta hatte seit 1530 unter der Herrschaft des Johanniterordens gestanden, war während der Französischen Revolution kurzzeitig von Frankreich be- setzt worden und wurde 1799 unter britischen Schutz gestellt, bevor es dann 1814 offiziell den Status einer britischen Kronkolonie erhielt. Der Prozess der Entkolonialisierung setzte erst nach dem Ersten Weltkrieg ein und zog sich bis 1964 hin, als Malta eine neue Verfassung erhielt und 121 
Kleinstaaten «ohne Nation» im 19. Jahrhundert 5L. Colley, Britons. Forging the Nation, 1707–1837. New Haven 1992; die These ei- ner britischen Nation und nationalen Identität wurde allerdings jüngst in Frage ge- stellt durch den Band von L. Brockliss/D. Eastwood (Eds.), A Union of Multiple Identities. The British Isles, 1750–1850. Manchester 1997. Eine «überzeugende ho- listische Konzeption für eine britische Geschichte», in der die walisischen und schottischen Elemente integriert sind, liegt nach Auffassung von Peter Wende bis- her nicht vor; vgl. Peter Wende, Grossbritannien 1500–2000. (Oldenbourg Grund- riss der Geschichte, Bd. 32.) München 2001, S. 116. Die Spannung von Integration und Diversität thematisiert K. Robbins, Nineteenth Century Britain. Integration and Diversity. Oxford 1988. 6Vgl. dazu R. F. Foster (Ed.), The Oxford Illustrated History of Ireland. Oxford/ New York 1989; James Camlin Beckett, Geschichte Irlands. Bis zur Gegenwart fort- gef. v. Karl H. Metz. 3. Aufl. Stuttgart 1991; Jürgen Elvert, Geschichte Irlands. München 1993; Michael Maurer, Kleine Geschichte Irlands. Stuttgart 1998; zur Ent- wicklung im 19. Jahrhundert speziell: F. S. L. Lyons, Ireland since the Famine. Lon- don 1971; Peter Alter, Die irische Nationalbewegung zwischen Parlament und Re- volution. Der konstitutionelle Nationalismus in Irland 1880–1918. München/Wien 1971; K. Th. Hoppen, Ireland since 1800. Conflict and Conformity. London/New York 1989; George D. Boyce, Ireland 1828–1923. From Ascendancy to Democracy. Oxford/Cambridge, Mass. 1992; ders., Nationalism in Ireland. London 1982.
	        

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