Volltext: Kleinstaaten in Europa

In Mittel- und Südosteuropa konnte sich das Habsburgerreich trotz mannigfacher Krisen als Vielvölkerstaat behaupten, dem es mit di- plomatischen und militärischen Mitteln gelang, die aufkeimenden sepa- ratistischen Nationalismen im Innern im Zaum zu halten und eine vor- moderne, halbabsolutistische Herrschaftsordnung zu konservieren.2 Keine Nation war auch das zaristische Russland, das sich ebenfalls aus einer Vielzahl von Ethnien zusammensetzte und das – weit davon entfernt, sich als Nation zu integrieren – mit grosser Energie danach strebte, seine imperiale Herrschaft territorial noch zu erweitern, wozu es sich mit dem Panslawismus einer Ideologie bediente, die gerade darauf ausgerichtet war, separate Nationalismen innerhalb des Russischen Rei- ches wie auch an seiner Peripherie im Süden und Südosten zu blockie- ren.3Das dritte entschieden anti-nationale politische Gebilde war das Osmanische Reich, das sich teilweise auf den Südosten Europas er- streckte. Dort erlitt es zwar im Laufe des 19. Jahrhunderts immer wei- tere territoriale Rückschläge, doch konnte sich der «kranke Mann am Bosporus» als Vielvölkerstaat gleichwohl ins 20. Jahrhundert hinüber- retten.4119 2Robert A. Kann, Geschichte des Habsburgerreiches 1526–1918. 2. Aufl. Wien 1982; Jean Bérenger, Die Geschichte des Habsburger Reiches 1273–1918. Wien 1995; Adam Wandruska/Peter Urbanitsch (Hrsg.), Die Habsburgermonarchie 1848– 1918. 6 Bde. Wien 1973–1989; Helmut Rumpler, Eine Chance für Mitteleuropa. Bürgerliche Emanzipation und Staatsverfall in der Habsburgermonarchie (Österrei- chische Geschichte 1804–1914). Wien 1997. 3Christoph Schmidt, Russische Geschichte 1547–1917. (Oldenbourg Grundriss der Geschichte, Bd. 33.) München 2003; Handbuch der Geschichte Russlands. Hrsg. v. Manfred Hellmann. Bd. 3/1 u. 2: 1856–1945: Von den autokratischen Reformen zum Sowjetstaat. Stuttgart 1983/92; Heiko Haumann, Geschichte Russlands. Mün- chen 1996; Horst G. Linke, Geschichte Russlands. Von den Anfängen bis heute. Darm stadt 2006. 4Klaus Kreiser, Der Osmanische Staat 1300–1922. (Oldenbourg Grundriss der Ge- schichte, Bd. 30.) München 2001; Suraiya Faroqhi, Geschichte des Osmanischen Reiches. 3. Aufl. München 2004; zum aktuellen Forschungsstand in der osmanisch- türkischen Geschichte siehe jetzt: Andreas Schulz, Befreiung vom Orientalismus. Neue Literatur zur osmanisch-türkischen Geschichte, in: Historische Zeitschrift 281, 2005, S. 103–129, ebd. S. 112 ff. auch eine Auseinandersetzung mit dem Pro- blem der Nationsbildung im Osmanischen Reich während des 19. und frühen 20. Jahrhunderts.
	        

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