Volltext: Kleinstaaten in Europa

Im Deutschen Bund ist dies misslungen, weil die beiden deutschen Grossmächte selbst diese moderate Form einer Entmachtung durch die Nation nicht akzeptierten und weil der russische Zar der Habsburger- monarchie, für die jede Form eines deutschen Nationalstaates eine Un- tergangsdrohung bedeutete, jene Waffenhilfe gab, ohne die wahrschein- lich die Revolutionen in Ungarn, in Italien und auch im Deutschen Bund nicht hätten besiegt werden können. Die deutschen Kleinstaaten profi- tierten von dieser Weigerung der Kernmächte der Heiligen Allianz, die Entstehung von Nationalstaaten in Mitteleuropa und in Italien hinzu- nehmen. Als nach der Revolution über eine Reform des Deutschen Bundes diskutiert wurde, um ihn handlungsfähiger als bisher zu machen, waren es vor allem die Kleinstaaten, die aus Furcht vor ihrer «Nullification» eine gründliche Verfassungsreform verhinderten. Sie befürchteten eine Allianz der grossen und mittleren Staaten mit einer zentralisierungswil- ligen nationalen Öffentlichkeit, die über die «Minimalstaaten Deutsch- lands»39, über die «todten und lebenden Gespenster im Lilliput-Revier Deutschland mit Lederkanonen und Schlüsselbüchsen», die «Heinzel- männchen», deren «Werth nur in Nullen» auszudrücken sei,40höhnte. Was im Deutschen Bund scheiterte, gelang in der Schweiz41: Der kantonale Bund der Schweizerischen Eidgenossenschaft wurde in einen Bundesstaat überführt, der die kantonalen Rechte und ihre Eigenstän- digkeit in hohem Masse respektierte, viel stärker noch als die Verfassung des deutschen Nationalstaates die Autonomie der Gliedstaaten bewahrt 109 
Der europäische Kleinstaat im 19. Jahrhundert 39Augsburger Allgemeine Zeitung 14 v. 14. Januar 1851, in: Quellen zur Geschichte des Deutschen Bundes. Abt. III, Bd. 1 (wie Anm. 36), S. 154. 40Augsburger Allgemeine Zeitung 43 v. 12. Februar 1851, in: Quellen zur Geschichte des Deutschen Bundes. Abt. III, Bd. 1, alle Zitate S. 209–211. Dieser Quellenband und Jürgen Müllers Buch (Anm. 35) geben den besten Einblick in die Bemühungen um eine grundlegende Bundesreform auf der Dresdener Konferenz von 1851 und deren Scheitern. 41Mit weiterer Literatur: Peter Stadler: Die Schweiz 1848 – eine erfolgreiche Revolu- tion? In: D. Langewiesche (Hrsg.): Die Revolutionen von 1848 in der europäischen Geschichte. Ergebnisse und Nachwirkungen. Beiträge des Symposions in der Pauls- kirche v. 21.–23. Juni 1998 (Historische Zeitschrift. Beiheft NF 29.) München 2000, S. 47–56; Thomas Christian Müller: Die Schweiz 1847–49. Das vorläufige, erfolg- reiche Ende der «demokratischen Revolution»? in: Dowe/Haupt/Langewiesche: Europa 1848, S. 283–326.
	        

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