Volltext: Kleinstaaten in Europa

disches Dach, unter dem sich Formen der 
composite monarchyhätten einspielen können. Es mag überraschen, den Deutschen Bund und seine Mitgliedsstaa- ten als 
zusammengesetzte Staaten, als 
composite monarchieszu charakte- risieren. Für die Habsburgermonarchie mit ihrem Fortbestand an lan- desspezifischen Rechtstraditionen und Institutionen leuchtet dies wohl unmittelbar ein. Dieses Reich war nie ein Zentralstaat und wurde es bis zu seinem Ende auch nie. Doch auch ein Staat wie Preussen hat bei allen zentralisierenden Reformen, die auf den homogenen, zentralisierten Staat zielten, regionale Sonderrechte anerkannt, besonders wirksam das spezielle rheinische Recht und auch die Provinziallandtage. Regionen solche Formen von Eigenständigkeit innerhalb des Staates zuzubilligen, diente der Integration der hinzugewonnenen Territorien. Auch dies steht ganz in der Tradition frühneuzeitlicher Fürstenpolitik. Dass diejenigen Fürsten, die den Doppelprozess von Staatszerstö- rung und Staatsneubildung der napoleonischen Ära als Sieger überlebt hatten, auf dem Wiener Kongress den Deutschen Bund in der frühneu- zeitlichen Tradition des 
zusammengesetzten Staatesschufen, hat den deutschen Klein- und Mittelstaaten über ein halbes Jahrhundert lang Be- standsschutz gewährt. Nur die beiden deutschen Grossstaaten und die sieben Mittelstaaten – das waren diejenigen ab etwa 400000 Einwoh- ner34– erhielten im engeren Rat der Bundesversammlung je eine Stimme. Die Kleinstaaten mussten sich jeweils zu mehreren eine Stimme teilen. Liechtenstein, mit Abstand der bevölkerungsschwächste Bundesstaat, 106Dieter 
Langewiesche 34Vgl. Theodor Schieder: Die mittleren Staaten im System der grossen Mächte, in: Historische Zeitschrift 232 (1981) S. 583–604, S. 591. Zur Entwicklung der Defini- tion Kleinstaat und zu ihrer Offenheit sowie zu konkurrierenden oder differenzie- renden Begriffen vgl. Arno Waschkuhn (Hrsg.): Kleinstaat. Grundsätzliche und ak- tuelle Probleme. (Liechtenstein. Politische Schriften, Bd. 16.) Vaduz 1993. In diesem Band unterscheiden Clark C. Abt/Karl W. Deutsch (Basic Problems of Small Countries, S. 19–30) zwischen «small countries of 1–10 million inhabitants, and microstates with a few thousands» (S. 22), während Peter Häberle (Der Kleinstaat als Variante des Verfassungsstaates. Eine rechts- und kulturwissenschaftliche Studie, S. 121–176) Klein- und Mikrostaat synonym verwendet und auf einer offenen Skala, die bis zu «Zwergstaaten» reiche, von einer «Richtzahl von 500000» (S. 129) aus- geht. Dieter Ehrhardt (Der Begriff des Mikrostaats im Völkerrecht und in der In- ternationalen Ordnung. Marburg 1969) führt in seiner juristischen Dissertation acht Bezeichnungen auf, die er in der einschlägigen Literatur gefunden hat (Diminutiv-, Klein-, Liliput-, Miniatur-, Mini-, Stadt-, Zwerg- und Mikrostaat). Er entscheidet
	        

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