Volltext: Alpenrheintal - eine Region im Umbau

Ich steige die stotzige Strasse durch den zweiten in den ersten Trie - se ner Strang hinauf und packe auf dem Dorfplatzstein von Triesenberg Salsiz, Brot und Käse aus dem Rucksack. Wie schön – ich sitze mitten in einem intakten Dorfbild. Walserbauern mit mächtigen Bärten treiben ihre Kühe vorbei, einer trägt einen Ballen Heu auf dem Buckel, in der Ferne ruft ein Senn den Betruf, eine Walserin mit «Trudel» und rot ka- rierter Schürze eilt mit neun barfüssigen Kindern an der Hand vorbei in die Kirche. Das Pferd des Pöstlers wiehert. Er trägt mit ihm von hier aus jeden Tag das «Vaterland» nach Steg und weiter hinauf aus. Die Kulisse für das Theater «Zum frohen Dorfbild» sind vier Häu - ser. Ihre Form und Anordnung hat aber nicht der Kurdirektor bestimmt, sondern sie stammen aus einem Architekturwettbewerb vor 25 Jahren. An diesem Ortsbild prallen Bilder aufeinander. Es setzt Willen, Hoff - nung und Vorstellung um, die wohl viele Liechtensteiner, Schweizerin - nen, Deutsche, Amerikaner, Chinesen und Japanerinnen ins Herz trifft. Die Verklärung von Vergangenheit unter Zufriedenstellung aller Kom - fort wünsche in angemessener Körnung unter einem Satteldach. Post, Bank, Restaurant, Saalzimmer verschiedenen Zuschnitts, Hotel, Schul - raum, Tiefgarage – ein gut ausgebauter Service Public ist hier versam- melt, teils tief in die Erde gegraben. Ich nehme einen Schluck Most. Dann kaufe ich Postkarten und Briefmarken. Und schreibe meinen Lieben: «Beachtlich, mit welcher Wucht und welchem Aufwand hier Orts bilder in den Hang gestemmt werden. Schön, wie sie sich schon früh um den Service Public gekümmert haben. Schade, dass er in einer Mogel - packung verschwinden muss. Denn so wie es hier ist, war es nie.» Gestärkt marschiere ich zu Tal und singe «Im Frühtau zu Berge». Ich habe genug Stadt und bin schon beim Pfarrslangacker auf einem Wan derweg. Welche Wohltat, gegen Abend den Hartbelag verlassen zu können! Mein Liechtenstein-Bild erfährt Bereicherung, denn ich mar- schiere nun fern von Automobilen und in den Hang gewuchteten Aus - nut zungs ziffern durch eine reiche, jetzt im Frühling in allen Farben und Düften schöne Vielfalt. Neben den vereinzelten Ställen, den Hecken, den aus Steinen aufgeschichteten Weg- und Terrassiermauern, den Tei - chen und den Magerwiesen tauche ich ein in Passagen, die dicht vergan- den zwischen Wiesen und Wald. Und ich denke nach, wie diese schöne Landschaft aus jahrzehntelanger, harter Arbeit entstanden ist. Und ich rufe einem Eichelhäher zu: «Wer vom Ortsbild spricht in Liechtenstein, möge sich nicht nur in den vier geschichteten Strängen umsehen. Er soll 136Köbi Gantenbein
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.