Volltext: Alpenrheintal - eine Region im Umbau

es regiert der Abstand, nicht der Zwischenraum. Es gibt hier mehr Auto - unterstände als Tiefgaragen und mehr Partyzelte als Wintergärten. Dann kommt der Landstrassen-Strang mit einer bemerkenswerten Dichte von Läden, Gewerbe und Büros. Er verdickt Knoten, die mit Krei seln inklusive Kunst markiert sind. Dieser Strang ist für alle Mit glie - der der Gesellschaft. Er ist der Strang der freien Fahrt für freie Bürger, jeder andere Anspruch – von Fussgängern, aber auch von Häusern und ihren Bewohnern – ist hier fremd. In den Talgrund hinein fliesst schliesslich der vierte Strang, auf dem Mehr familienhäuser den Ton angeben, bunt durchsetzt mit Einfamilien - häusern mit Abstandsgrün, meist mit kleinem Garten. Der Bürolisten - strang läuft aus in Gras- und Weideflächen, zu Sportanlagen, Bauern höfen und bemerkenswert grossen Industriegebieten. Wer dort spaziert, ist weit weg vom Treuhänderland Liechtenstein und zählt die vielen Autos mit Schweizer und Vorarlberger Nummernschildern. Sie pendeln herbei und bewegen das Fürstentum Industrie. Es ist grösser als das der Banken. Ich rufe einem Wegmacher auf der andern Strassenseite zu: «In al- len eurer drei Wohnstränge gibt es architektisch bemerkenswerte Einzel - häuser, viele Neubauten, wenig An- oder Weiterbauten. Es gibt auch viel Putziges und viele neureiche Tränen der Architektur. Euer Vierer zieht sich variantenreich und ein Strang den andern überlagernd längs durchs Land. Er ist eine Gegebenheit, er prägt das Ortsbild, ausgehend vom Stras senraum muss arbeiten, wer am Ortsbild arbeiten will. Du Weg - macher bis die Avantgarde des Ortsbildes!» Bald stehe ich schon in der nächsten Knollenbildung des Strassen - strangs. Der Sonnenkreisel von Triesen zeigt mir, dass die Liechten stei - ner meine Einsicht schon lange begriffen haben. Die neue Musikschule von Triesen, keck vor das Gemeindezentrum geschoben, ist ein Beispiel für Raum- und Gesellschaftsbildung am Ensemble. Hier werden nicht nur Funktionen konzentriert, sondern das Neue wird auch mit einer ar- chitektischen Anstrengung symbolisiert. Aus allen drei Strängen kom- men die jungen Liechtensteiner an diesem Ort zusammen und lernen musizieren. «Das Ortsbild ist Ensemble und nicht Einzelstück,» habe ich den Frommelts, Kiebers und Seles in Vaduz gesagt. Auch die umge- nutzte Fabrik unmittelbar in der Nähe ist ein ähnliches Beispiel urbaner Verdichtung, die sich nur eine werdende Stadt, nicht aber ein zurück- schauendes Dorf leistet. Und wie die Musikschule zeigt auch diese Fabrik, dass Sorgfalt hierzulande etwas kosten darf. 135 
Liechtenstein, das Ortsbild und die Architektur
	        

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