Volltext: Alpenrheintal - eine Region im Umbau

benes schmales Land zwischen Berg und Fluss – Kunststück haben da neben den Autoräumen andere öffentliche Räume wenig Platz. Der Fussgänger ist auf der Hauptachse und in den Mäandern ein Exot oder ein Schulkind. Auch Velo fährt fast niemand.» Ich trinke die Ovomaltine, schnäuze die Nase und schreibe weiter: «Sein Hochamt feiert das Auto in der Mitte der Landeshauptstadt. Das Ensemble wird hier zum Hauptknollen verdickt, links und rechts ge- säumt von halbhohen Geschäftshäusern und am Bergrand begrenzt von einer steinernen Gasse, voll gestopft mit Kunst, Sitzbänken, Fahnen mas - ten, Pollern, Laternen und Rabatten. Wie Zollstationen unterbrechen der Knollen und die buntfidele Gasse die Autobewegung und trumpfen so mit Bedeutung auf. Doch der Wille zum Raum und also der Mut zur Leere fehlen. Überall ist etwas. Betonmoderne neben schillernden Stahl- Glashäusern, am Cityrand macht ein Bank-Wuchtling aus grünem Gra - nit Spektakel. Etwas Schnauf und Gelassenheit, ein paar höhere und schönere Häuser und ein Platz täten dem mit Händen zu greifenden Vaduzer Willen nach Grösse und Bedeutung gut.» Ich halte ein mit Schreiben. Gewiss, ich kenne die Geschichte vom traumwandlerischen Aufstieg der Geld-, Anwalts- und Treuhandhäuser. Sie ist jung, doch auch für sie gilt der Museumssatz: «Das Ortsbild ist Geschichte und nicht Einfall.» Geschichte gelesen am Ortsbild der Haupt stadt heisst dreierlei: «Erstens hatten die Treuhandpioniere keine Zeit, sich um Ortsbild, Architektur und dergleichen zu kümmern. Weder für ihr Geschäfts- noch ihr Privathaus. Dafür hatten sie schliesslich die Architekten, die mit ihnen im Aufstiegslift sassen. Die Geldströme ins Land zu lenken, war streng genug. Auch lebte die Klientel ja im oft fernen Ausland. Sie telegrafierte oder schickte ihre Anwälte. Sie musste nicht repräsentativ empfangen und mit architektischen Mitteln von der Seriosität überzeugt werden. Das sparte nicht nur die kulturelle Anstrengung, die die Archi - tek tur fordert, sondern auch Geld. Und das Sinnbild des liechtensteini- schen Ensembles ‹Landstrasse› ist die schnelle und individuelle Bewe - gung. Diese gefällt dem Kapitalfluss und dem Profit. Zweitens: Es ist ein langer Weg, bis die Thönys, Frommelts, Vogts und Kiebers, geboren in den Bauernstuben, an der mit Damast gedeck- ten Tafel der Warburgs, Rockefellers oder Rothschilds sitzen können. Im Aussenbild jedenfalls stimmen das Gewicht der hier gelagerten Vermö gen und das gebaute Selbstbewusstsein der Liechtensteiner Geld - 132Köbi Gantenbein
	        

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