Dieselbe erinnert daran, daß der Präsident und der Senat
mit dem Recht bekleidet seien die Kammer aufzulösen Sie
seien qenothigt zu dieser Maßregel zu greisen »veqen des
Zwiespalts mit der Kammer; fein Ministerium könne sich
halten obne an die Radikalen Konzesstonen machen und Ach
ihren Bedingungen unterwerfen zu müssen. Um sich nicht
länger dazu herzugeben sei er entschlossen die Auflösung zu
beantragen. Er hätte gern bis zur Votirung des Budgets
gewartet; aber die Agitation im Lande, hervorgerufen durch
die Deputaten, welche die Protest - Adresse unterzeichneten,
dürfe er nicht verlängern. Die Deputaten können nicht er
staunen vor das Urtheil deS Landes gestellt zu werden, an
welches sie selbst stch gewandt haben. Die Votschaft schließt
mit den Worten: „Ich beschränkte mich daher daraus die
Kammer um die Votirung einiger dringenden Gesetze zu
ersuchen. Ich werde mich mit Vertrauen an die Nation
wenden. Frankreich will nicht, daß im Jahre 1880 eine Re
vision der Verfassung vorgenommen werde, wodurch alles des-
organisirt würde. Frankreich wird meinen Abstchten Gerechtig
keit widerfahren lassen, und wird zu seinen Mandataren die-
jenigen wählen, welche versprechen «ich zu unterstützen." —
Die vureaux deS Senats werden den Antrag auf Auflösung
der Kammer prüfen.
Zn der Abgeordnetenkammer verlas der Minister
deS Innern de Fourtou eine der Botschaft analoge Erklärung.
Bethmont entwickelt die Interpellation der Linken und greift
das Ministerium an, welches er als ein aus einer unmächtigen
Coalition hervorgegangenes bezeichnet. De Fourtou entgegnet:
das Land werde entscheiden zwischen der Kammer und dem
Marschall; der Opportunismus fei geduldiger als der Radi-
kaliSmui; der Akt vom 16 Mm habe »die Gesellschaft gerettet
ohne den äußern Frieden zu bedrohen." Gambetta klagt daS
Ministerium als ein ultramontaneS und dem Auslände ver-
dächtiges an, rechtfertigt das Verhalten der Mehrheit, und
glaubt mit Bestimmtheit voraussagen zu dürfen: daS Resultat
der Auflösung werde kein anderes sein als daß die Kammer-
Mehrheit, anstatt in ihrer jetzigen Zahl von 363 Mitgliedern,
in der Stärke von 400 Mann wiederkehren werde. Der
Herzog DecazeS, gegen die Ausführungen GambettaS prote-
stirend, versichert: die Beziehungen zum Auslände seien durch-
auS freundschaftlicher Natur. — Gambetta hatte nach seiner
Äede einen OhnmachtSanfall, der jedoch bald vorüberging.
In der gleichen Sitzung der Abgeordnetenkammer veran-
laßte FourtouS Erwähnung der Verdienste der Nationalver
Versammlung um die Befreiung deS Landes eine Ovation für
Thiers. GambettaS 3Kündige Entgegnung auf die Rede deS
Ministers erfolgte inmitten der skandalösesten Unterbrechungen
der Bonapartisten und beständiger Beifallsbezeugungen der
Mehrheit. GambettaS Aeußerung: Italien wisse, daß die
französische Nation gegen Italien freundlich gesinnt sei, wenn
auch zufällig verdächtige Minister regierten, erregte einen
wahren Sturm.
Vom Kriegsschauplatz? sind folgende neueste Nach-
richten zu verzeichnen:
London, 15. Jlmi. „ReuterS Bureau" meldet aus
Erzerum vom 13. Juni: Mukhtar Pascha steht in sehr stark
befestigter Stellung zwei Meilen westlich von Zewin Der
rechte türkische Flügel steht in der Ebene deS Distrikts von
Alafchkert dem linken russischen Flügel gegenüber. Man glaubt,
/ baß eine Schlacht unmittelbar bevorstehe.
Wien, 16 Juni, Abends. Da» „Neue Wiener Tagb'att"
enthält folgende Meldungen: AuS Plojeschtä: Heute
Mittags traf Fürst Milan hier ein; er wurde am Bahnhof
vom Großfürsten Nikolaus empfangen und von demselben zum
Zaren geleitet. — AuS Kon stantinopel: DaS Parlament
verlangt, daß Mahmud Neddin Pascha wegen der defraudirten
sechö Millionen in Anklagestand versetzt werde. — Aus Trieft:
Bei Larissa fand am 13. ^uni ein Kampf zwischen Aufständi
schen und RedisS statt; Obertt Zia Bey ist gefallen.
Wie», 17 Juni (Privatdepefche der „Allg Ztq ")
Fürst Milan ist nach zweistündigem Aufenthalt im russischen
Hauptquartier nach Bukarest zurückgekehrt. — Der russische
Aufmarsch wird vor dem 28. Juni nicht beendet sein und ist
bis dabin kein Nebergang über die Donau zu erwarten.
Wien. 18. Juni. Die „N. Fr. Pr." meldet auS Bu-
karest, 18. Juni: Rustschuk ist von den Sin«ohnern bei-
nahe ganz verlassen. Die Garnison ist 18,000 Mann stark;
außerdem campiren hinter Wällen 15,000 Mann. Achmed
Ejub ist daselbst eingetroffen und hat einige Aenderungen vor-
nehmen lassen. In Schumla liegen angeblich 25.000 Mann;
die Russen werden den Donau-Uebergang gleichzeitig auf fünf
verschiedenen Punkten versuchen. Biel Material und Truppen
gehen nach Giurgewo und Turnu-Magurilli ab. In Kalafat
werden neue Batterien erbaut.
Wien, 18> Juni. (Privatdepesche der „Allg Ztg.") Neue-
sten Berichten zufolge schlug Suleiman Pascha die vereinigten
montenegrinischen Corps von Nikita und Vukotitfch und drang
im Duga»Paß bis Ostrog vor.
Rustschuk, 18 Juni. In de» letzten Nacht wurde auf
dem jenseitigen Ufer eine größere Bewegung starker russischer
Truppenkörper wahrgenommen, welche von Giurgewo gegen
Slobosia, daS erste Dorf flußaufwärts vorrückten. Die Be-
wegung begann AbendS 7 Uhr und dauerte bis Mitternacht.
Wien, 19. Juni.. Nach einem Telegramm der „Polit.
Korr." aus Athen vom 19. Juni ist der österreichisch «ungarische
Gesandte Frhr. v. Münch-Bellinghausen am Typhus ge-
storben. — Die griechische Regierung entsandte zur Sicherung
der Gränze gegen die Räuber ein Detachement mit einer
Bergbatterie. — Ein weiteres Telegramm der ^Polit. Korr."
auS Bukarest vom 19. Juni lautet: Die Verhandlungen
wegen deS eventuellen Abschlusses einer effektiven rumänisch-
russischen Allianz dauern fort.
Wien, 19 Juni. Nach der „Deutschen Zeitung" sind
die ungarischen Behörden angewiesen worden auf hochver-
rätherische Umtriebe zu vigiliren und verdächtige Fremde zu
entfernen.
Wien, 19. Juni Ein Telegramm der „Neuen Freien
Presse" meldet auS Bukarest: Die Türken errichteten hinter
Matschin Verschanzungen um den Donau-Uebergang der Russen
daselbst zu verhindern. Die Russen befestigen die Umgebung
von Satunowa, die Türken dagegen Jsaktscha.
Paris, 19. Juni. Gutem Vernehmen nach beabsichtigt
der Marschall Mac Mahon gleich nach erfolgter Auflösung
der Kammer ein Manifest an die Nation zu richten
Versailles, 19. Juni. Kammer der Abgeordneten.
Nachdem Proust, Louis Blanc und L6on Renault den Akt
vsm 16 Mai getadelt, beantragt Choifeul folgende Tages
ordnung der drei Linken: „In Erwägung, daß daS am 17.
Mai von dem Präsidenten gebildete, von dem Herzog von
Broglie präsidirte Ministerium zu den Geschäften berufen
wurde entgegen dem Gesetze der Mehrheiten, welches die
Grundregel der parlamentarischen Regierungen ist; daß daS-
selbe die Verwaltung umstürzen will, um auf daS allgemeine
Stimmrecht ckit allen verfügbaren Mitteln einen Druck aus
zuüben ; daß dasselbe lediglich eine Coalition der monarchischen
Parteien, und zwar der durch die klerikale Partei geleiteten
Parteien ist; daß dasselbe seit dem 17. Mai alle gegen die
nationale Vertretung gerichteten Angriffe und Aufreizungen
zu Gesetzüberschreitungen unbestraft gelassen; daß dasselbe in
Betracht aller dieser Thatsachen eine Gefahr für die Ordnung
und den Frieden und zugleich eine Ursache der Störung der
Geschäfte und Interessen ist; in Erwägung aller dieser Um-
stände erklärt die Kammer: daS Ministerium hat nicht daS
Vertrauen der Nation." Der Minister der öffentlichen Arbeiten,
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