verfallen waren, denn von dem Torpedo zog sich der mit
Guttapercha umsponnene LeitungSdrath bis zu dem Dampfer
Dubaschoffs. Jetzt ließ derselbe den LeitungSdrath mit der
galvanischen Batterie in Verbindung setzen. Der Funke zündet.
Durch die erste Mwachf Morgendämmerung dröhnt ein dumpfer
Knall. Eine Mässethose erhebt fich bis zu den Wolken. Dann
folgt ein^ Regen von Holz» und Wen stücken, allethänd Ge-
rächen, Äagen und menschlichen Gliedmassen, ein dreifaches
russisches Hurrah, und wieder herrscht tiefe Stille über und .
unter den Wassern.
ES dürfte für unsere Leser interessant seih eine nähere
Beschreibung über die Torpedo'S, diese neuesten ^ Mordinstru
mente "zu vernehmen.
Die Torpe>oS, welche im gegenwärtigen Kriege wieder eine
so große Rolle spielen, sind eine amerikanische Erfindung.
Kulten, der Erfinder der Dampfschiffe, einer der größten För-
derer der Zivilisation und Kultur, war eS, der daS erste dieser
gefährlichsten Mordinstrumente konstruirte. Napoleon wies die
Erfindung deS Dampfschiffes als eine Utopie von der Hand
und der englische Admiral, welchem zuerst der Fulton'sche Tor-
pedo zur Kenntniß gebracht wurde, nannte den Erfinder LeS-
selben den ^größten Narren" seiner Zeit. Die Seemänner
wollten von dem Torpedo gar nichts wissen, fie bezeichneten sie
als die Waffe einer feigen und nichtswürdigen Kriegführung.
Der amerikanische Bürgerkrieg in den EechSziger Jahren brachte
fie erst zur Geltung, sie wurde zuerst von den rebellischen
Südstaaten zur Anwendung gebracht, welche sich damit der
Uebermacht der nordstaatlichen Flotte zu erwehren suchten, und
sehr bald wurde fie auch von den Nopdftaaten adoptirt. In
Europa folgte man sofort dem amerikanischen Beispiel. Während
eine internationale Kommisston, die in Petersburg ihre Be
rathungen pflog, die Anwendung von Explofionsgeschoffen für
daS Kleingewehr als unstatthaft erklärte, find die Torpedos «in
„ legitimes" ,Kriegsmittel. Ein ExplofionSgeschoß, trifft aller-
dingS nur einen einzigen Menschen, und indem eS Platzt, reißt
eS eine schauderhafte Wunde, die fast immer den Tov herbei
führt. Der Getroffene muß viel leiden; eS ist daher nicht
human, eine solche Waffe zu gebrauchen. Durch einen Tor»
pedo gehen aber mit einem Schlage einige hundert Menschen
zu Grunde, eine solche Waffe ist folglich „legitim", und da
der Tod sehr schnell eintritt, gewiß auch „human".
Da in unserer Zeit fich der menschliche Geist in der Kön-
struktion von Mordwerkzeugen am sinnreichsten gezeigt hat, so
sind auch die Torpedos sehr schnell verbessert und wirksamer
gemacht worden. ES gibt zwei Hauptgattungek Torpedos.
Die einen liegen still und unbewegt unter dem Wasserspiegel,
gewärtig, daß ein feindliches Schiff herankommt und an sie an-
fährt, wsbei die Sprengladung in ihrem-' Innern sich entzündet
und das Schiff von unten oder von der Seite auseinander-
reißt. Dies find die defensiven Torpedos. Die andern werden
durch verschiedene Mittel dem feindlichen Schiffe entgegenge-
sendet, bis an dieses gebracht und nun erst zur Explosion ge-
bracht; eS sind das die offenfiven Torpedos. Die einfachste
Form ist der defensive Torpedo. Man kann einen solchen sehr
leicht herstellen, wenn man eine große GlaSflasche, etwa von
zehn Maß, wie man sie zur Aufbewahrung geistiger Getränke
braucht, eine hölzerne Kiste, in welche die GlaSflasche paßt,
eine gläserne Röhre, einen Kork, ein wenig Schwefelsäure,
etwas Zucker und chlorsaureö Kali und etwa zehn Kilo Pulver
hat. Der Torpedo ist dann sehr bald fertig. Man füllt daS
Pulver in die Flasche, durchbohrt den Kork, steckt in daS Loch
daS GlaSrohr und stellt auf lfaS Pulver ein kleines Gefäß
mit dem Zucker in dem chlorsauren Kali. Darauf füllt man
daS GlaSrohr mit der Schwefelsäure, so zwar, daß dieselbe nur
dann aus daS Gefäß " mit dem Zucker und chlorsauren Kali
fließen kann, wenn das Rohr zerbrochen wird, stopft die Flasche
mit dem Kork zu, steckt sie in die Holzkiste, in der nach oben
eine Oeffnung angebracht ist, auS welcher die Glasröhre her
vorsteht, und versenkt die Kiste inS Wasser. ' Sehen chir^ nun,
was geschehen muß, wenn ein Schiff über die so yer steckte
Kiste hinwegfährt und an daS hervorragende Stück der- Glas
röhre anstreift. Diese wird natürlich zerbrochen. Die Schwefel-
säure tröpfelt auf daS mit Zucker gemengte chlörfaüre Kali,
dieses entzündet sich und lheilt fich dem darunter befindlichen
Pulver mit; dieS ist daS Werk einer Sekunde, die Mine geht
loS, daS Schiff erhält im Boden oder an der Weite eine schwere
Beschädigung, eS wird in die Höhe gehoben, daS Wasser dringt
ein, dann finkt eS und ist verloren Hier haben wir die ein-
fachste Form der Torpedos defensiver Art und diese Schilde-
rung gibt einen Begriff von der Wirkung aller Arten von
Torpedos. Viel vollkommener find diejenigen mit elektrischer
Zündvorrichtung. Die berühmten österreichischen Torpedos dieser
Gattung find 103 Centimeter hoch und 100 Centimeter weit,
auS Eisenblech gefertigt, 900 Kilo schwer und mit 224 Kilo
Schießbaumwolle geladen. Von dem Torpedo geht ein Draht
zu einem Be^bachtungSpunkte auf dem festen Lande. Dort ist
ein teleskopischer Apparat aufgestellt, durch welchen es möglich
ist, genau zu ermitteln, ob ein herankommendes feindliches Schiff
eben über dem Torpedo sich befindet. Wenn daS Instrument
den Moment anzeigt, wird durch den Draht mittelst der Elek-
trizitat die Ladung des Torpedos entzündet und das Schiff ist
verloren. Wenn man einen Hafen oder eine längere Küsten-
strecke schützen will, so werden natürlich viele solcher Torpedos
versenkt; die e ektrische Zündung hat den Vortheil, daß die
eigenen Schiffe ruhig hin- und herfahren können, weil dieser
Torpedo nur dann losgeht, wenn vom Lande aus der elektrische
Gtrom durch den Draht hineingeleitet wird, wahrend bei den
Abm'KschildMin--Mftt^MchidöS "jedeS Schiff, das an sie an-
fährt, bei-der Berührung in Gefahr kommt.
Die OffenfivtorpedoS suchen die feindlichen Schiffe auf.
Ihre Konstruktion ist theilweise höchst sinnreich. ES gibt solche,
die sich selbst bewegen, und zwar nach der Richtung, wohin fie
den Anstoß bekommen haben. Sie schwimmen wie ein Fisch,
sind auS Eisen gefertigt und an beiden tzndenzuckerhulartiß
zugespitzt. In den hohlen Räum kommt die Ladung; zudem
wird in denselben Luft hineingepreßt. Wenn dieser Fischtor-
pedo in Bewegung gesetzt wird, beginnt in demselben Augen-
blicke die in ihm enthaltene verdichtete Luftd urch eine Oeffnung
mit großer Gewalt herauszuströmen. Der Luftstrom trifft eine
kleine Turbine, ein Rad, wie eS vom Wasser in Bewegung
gesetzt wird', und diele Turbine beginnt zu arbeiten und stößt
den Torpedo nach vorwärts, während ihn ein kleines Steuer
in gerader Richtung erhält. So gelangt der Torpedo an die
Wand des feindlichen Schiffes, stößt an fie mit der vorderen
Spitze und durch diesen Stoß wird die Explosion der Ladung
bewerkstelligt. Statt der Lust verwendet man in neuester Zeit
verdichtete Kohlensäure, die einen festen, schneeartigen Körper
bildet, wodurch eS möglich ist, während einer viel längeren
Zeit die Turbine in Bewegung zu halten. Ein derartiger Tor-
pedo kann eine Entfernung von fast 4000 Schritten zurück-
legen, wenn er einmal loögelassen wird. Es gibt aber auch
einfachere Arten von solchen offensiven Torpedos, die sich fast
gar nicht von den defensiven unterscheiden. Diese wurden von
den Russen neulich in Anwendung gebracht. Die Lieutenants
Duboschoff und Schestakoff brachten auf die rumänische Scha-
luppe „Rumwunika" einige Torpedos und begünstigt von der
Dunkelheit und wahrscheinlich auch von der geringen Wach-
samkeit auf dem türkischen Panzerschiffe, ruderten sie an das-
selbe heran, ließen an dessen Seiten Torpedos, welche mit
„tampirten Zündern" versehen sein mochten, hinab und ent
fernten sich dgnn. Diese Zünder sind so eingerichtet, daß sie
sine gewisse Zeit fortglimmen, bis das Feuer die Sprengladung
erreicht. Die Schaluppe entwischte und erst als sie weit genug