Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1877)

ning und ein Zehrpfenning, ein Ehrenpfennung und ein Wehr- 
Pfenning. 
Gutes machen, so viel man kann, ist besser, als warten, 
biS man daS Beste machen könnte. 
Der Tröler ist ein Bruder deS Schelmen, und sein Better 
ist im Zuchthaus gewesen. 
Ein SonntagSschöpplein thut dir besser als jeden Tag eine 
Halbe. 
AuS Tschudi'S landw. Lesebuch. 
Verantwortlicher Redakteur ».Herausgeber: vr. Rudolf Schädler. 
Vott her MittagSspitze. (Eingeflogen.) Traun! Welch 
Dewirr und Geräusch, Verwirrung und Verimmg dadrunten 
in den Geistern der Menschenkinder, entstiegen wie giftige März- 
ilebel dem sumpfige« Moorgrunde! Aufgeschreckt sah der stille, 
gemüthliche Beobachter deS Lebens, Strebens und WebenS über 
daS kleine Ländchen wehemüthig von seinem schneeigen Sitze 
hinab, wo sonst harmlose Eintracht und beglückender Friede 
herrschte, von allen Rachbarn bewundert, gepriesen und oft 
auch beneidet; wo auf fester Grundlage einer hochfürstlichen, 
freisinnigen Landesverfassung Recht und Gerechtigkeit walteten. 
Woher nun so plötzlich dieses Gewirr und Verwirrung der 
fichtlich aufgereihten Geister? Der stille Beobachter mußte lei- 
der gewahren, wie es den bösen Geistern deS HochmutheS, deS 
Ehrgeizes, der Selbstsucht und des Eigennutzes in 
nächtlicher Stunde, wahrend die Wächter in süßen Träumen 
schwelgten, gelungen ist, den unheilbringenden Unkrautsamen 
der Zwietracht und Spaltung an ihre Trabanten aus- 
zutheilen und auch in diese Friedensstätte, wie anderSwo weit 
herum auszustreuen. 
AlS verhängnißvoller Zankapfel diente den Friedensstörern 
das von der Mehrheit deS Landtages beschlossene und vom 
Landesfürsten genehmigte Goldwährung«!. Gesetz, welches die be- 
r/chtigte und nothwendige Folge deS neuen Zoll« und 
Steuer-Vertrages mit Oesterreich war Zu diesem oder einem 
ähnlichen Gesetze hatte die Mehrheit deS Landtages daS vollste, 
in der Verfassung begründete Recht, wie jeder Landtag 
eines konstitutionellen Staates. 
Durch dieses — oder ein ähnliches Gesetz sollte das kleine 
Ländchen Liechtenstein von dem seit einigen Jahren entwerthe- 
ten Silbergulden Oesterreichs befreit, mit einer festen nor- 
malen Geldwährung bedacht werden, um den vielfachen Ver- 
kehr mit andern Nachbarstaaten — Schweiz und Deutschland, 
zu ermöglichen und zu erleichtern. Allein dieses im Auslände 
allgemein und im Jnlande von der großen Mehrheit 
anerkannte und belobte Streben sollte durch schmutzigen Eigen- 
nutz und Eigensinn einiger Kragöhler, Spekulanten und Wu- 
cherer und durch die emsige Einflüsterung gewisser Leute in 
Vorarlberg vereitelt werden. — Als Organ oder Werkzeug 
ihres Getriebes wählten vie Weisen aus dem untern Mor- 
genlande die bekannte löb. „Feldkircher Zeitung", damit 
ja auch das Nachbarland an dem heraufbeschworenen, verwor- 
renen Zustande deS eigenen Vaterlandes sich erfreuen könne. 
Das kennzeichnet ihren Patriotismus und ihre Verfassungstreue! 
Da gilt wohl auch.daS Sprichwort: „Gleiches gesellt sich gern 
zu Gleichem! Doch auch ihr Antipode, das „Vorarlberger 
Volksblatt" wußten sie mit Lug und Trug auf's Eis zu 
führen, um ihren Skandal mit dem Heiligenscheine der From- 
men zu umrahmen und ihre Lichtstrahlen zu verbreiten; denn 
darin wollten sie als patriotische Con^ervative erscheinen 
und beschuldigten die Freunde einer festen Geldwährung deS 
gefährlichen Liberalismus. — Sie, die Empörer gegen 
Gesetz und Verfassung! Sie, die Verletzer der offenen staatli- 
chen Grenzmarken! 
Was der Brette und Länge nach für und wider das 
Münzgesetz, oder überhaupt — eine bessere Geldwährung ge 
schrieben worden, steht sattsam zu lesen in unserer „Wochen 
zeitung" und in der „Feldkirch er in". Allein alle wohlge- 
meinte« und treffenden Klarstellungen und Belehrungen in der 
„Wochenzeitung", daß nämlich ein möglichst gerechtes Gesetz 
für eine feste Münzwührung dem Ländchen unumgänglich noth- 
wendig sei, um den inneren und äußeren Kredit zu erhalten 
und zu erhöhen, prallte ab an den tauben Ohren der Wider- 
sacher, ihrer blinden Nachbeter und Spekulanten. Ihre vcr- 
meintlichen Gründe, welche sie wider eine feste Geldwährung 
auftischten waren und sind eitle leere Phrasen, kernlose Schalen 
und Staub in den Augen des unkundigen, zu bethörenden Vol- 
keS. Durch ihr lärmendes Geschreibsel pflanzten sie Unruhe, 
Aufruhr und Zwietracht in den Gemeinden und Familien. 
Die wichtigste Frage: Warum sie den entwertheten österr. Sil- 
bergulden einer festen, goldwerthigen Silberwährung vorziehen, 
diese Frage haben sie grundsätzlich und stichhaltig noch nicht 
beantwortet Ihre Parole oder Losung lautet endlich kurz und 
bündig: Wir wollen von einer neuen Geldwährung nichts 
wissen! Um dieser Parole mehr Nachdruck zu geben griffen ste zur 
Gewalt und nach Persönlichkeiten. In nächtlichen Zusammen- 
künften und geheimen Klubs organisirten sie nach dem psiif- 
figen Plane deS obersten Paschas mit 3 Roßschwänzen eine 
gemüthliche „Revolution", eine verfassungswidrige offene De- 
monstration verbunden mit der frechen Erklärung: lieber 
„österreichisch" zu werden, wenn ihrem Ansinnen nicht Folge 
geleistet werde. Bei der Durchführung ihrer „Revolution" 
hörte aber die Gemächlichkeit auf. Wer ihrer Aufforderung 
dem Heerbann zu folgen stch nicht fügen wollte, dem wurde 
mit Rohheit und „Fenstemnwerfen" gedroht und nur durch 
solche Tyrannei, d. h. durch List und Zwang vermochten die 
Anführer ihr Contingent zusammen zu trommeln. Von der 
Drohung soll'S, wie erzählt worden, wirklich zu Rohheit ge- 
kommen sein, man habe dem Herrn Lehrer von Ruggell die 
Fenster eingeschlagen; der Hochw. Hr. Pfarrer in Mauren sei, 
weil er in bester Absicht vie Ausständischen zur Ruhe und Frie- 
den ermahnt habe, schmählich insultirt und mit „Pfaff" begrüßt 
worden. Als die demonstrirende Mannschaft auf daS „Schaa- 
ner Ried" angerückt war, kommandirte ihr General —, Co- 
suth der Kleine, ein kräftiges „Halt!" Der „Eid" ward 
geschworen, auf den sie sich öffentlich in der „Feldkircherin" be- 
rufen: Wir werden den „Eid auf dem Schaan er Ried halten" 
— wohl um daS Vaterland zu retten! Ha! neue „Eidaenof- 
fen I" Nun denn 
„Heil dir, o Liechtenstein, hast noch der Söhne da, 
Wie das breite Schaaner Ried sie sah, 
muthvoll zum Streit." 
Der Ort ist zwar kein klassisches Schweizer Rüttle, aber 
ein neuer klassischer Boden für solche neuen „Eidgenossen-. 
Sie hatten auch famose klassische Zeugen: Fröschen, Unken und 
Krebse — ächte Sinnbilder ihres Fortschrittes. Der »Eid", 
den sie geschworen, mag ihrem Gebahren zu Folge, an den 
Spruch deS großen Fritz von Preußen erinnern: „L'Etat c'est 
moi!" „Ich bin der Staat" — nach meinem Kopfe muß sich 
Alles drehen. Ueber die Weisheit und Anmaßung dieser kl ei- 
n e n Fritze hätte wahrlich die rühmlich bekannte, gescheide 
SalomonS Katze verwundern und staunen müssen. Aber eine 
solche Weisheit und Anmaßung riecht doch stark nach Anar- 
ch i e! — Also sprachen die Weisen deS winzigen Morgenlan- 
deS: lieber nach Oesterreich als eine neue feste Münzwährung! 
— o daß ste eS schon wären! Doch, waS noch nicht ist, daS 
kann noch werden. Welcher Landesfürst könnte Freude haben 
an solchen Unterthanen? Nur wieder herauf mit der Grenztafel 
und schwarz*gelben Markpfählen von Galmist nach dem be 
kannten Brunnen der Schwaben; dann könnt ihr ungenirt mit 
dem österr. Silbergulden und Banknoten handeln und nach 
denselben fingen und tanzen. Dann wird aber auch — utrtf 
unfehlbar eine gndere Zulage kommen. Ihr werdet die Her-
	        

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