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Vom Eschtterberge. (Eingesendet.) Nur eine kurze Replik
auf die Erwiederung deS Hrn. Verfassers der „Streiflichter"
in Nr. 9 dieser Zeitung sei mir noch gegönnt. Da wir keine
eigene Münzstätte besitzen, so muß uns rer Verkehr die erfor
derlichen Gold- und Sitberstücke auS dem Auslande verschaffen.
Nun, ich habe schon einmal bemerkt, wir Unterländerbauern
find auf d/n Märkten Vorarlbergs bei Weitem nicht so sehr
alS Käufer, wie als Verkäufer in'S Auge zu fassen. Wir wür-
den deshalb, daß man bei unS die Goldwährung einführte, da-
selbst keineswegs „ganz anders", sondern lediglich wie-bisher,
unter Beibehaltung der alten Preise gegen Papiergeld vertäu-
fen können. DieS ist nicht auS dem Auge zu verlieren und
wird auch der Hr. Verfasser der „Streiflichter" anerkennen
müssen. Die weiteren üblen Konsequenzen, die sich hieran für
uns verschuldete Kleinbauern der unteren Landschaft im Falte
der Einführung der Goldwährung ergeben würden, habe ich
bereits in meiner ersten Einsendung berührt. Der AuSdruck:
„mit (rectius gegen) vollwertigem Golde ganz anders zu ver
kaufen , als mit entwerthetem" ist für unS Unterländer nur
dann verständlich, wenn auch in Vorarlberg resp. in Oesterreich
die Goldwährung eingeführt würde. Wir werden aber auch
nicht „ganz anders" resp. billiger einkaufen. Denn den
Goldgulden, mit dem wir in BuchS allenfalls als Käufer auf«
treten, erhielten wir nicht an Stelle deS bisherigen Silbergul-
denS von einer inländischen Kassa ausbezahlt, sondern wir muß-
ten zuvor unsere Produkte im Oesterreichischen gegen Papiergeld
verwerthen und hiefür dann den Goldgulden nach dem KwS'
werthe einwechseln. Ich ersuche nun den Hrn. Verfasser der
„Streiflichter" mir gefälligst vorrechnen zu wollen, ob und um
Wie viel ich billiger eingekauft habe, als wenn die Silberwäh«
rung bestände Ja. die Herren mit fixen Bezügen aus öffent'
lichten Kassen, sowie Jene, welche nicht genöthigt find, ihren Ver-
dienst in Oesterreich zu suchen, werden nach Einführung der
Goldwährung billiger einkaufen und zwar namentlich in Oester-
reich,, wo fie gegenüber den Oesterreichern beim Einkaufe gerade
um die Kursdifferenz besser situirt sind.
Verkaufen wir aber nach Oesterreich und kaufen dort auch
ein, so kann ich wiederum nicht absehen, wie wir durch die
Einführung der Goldwährung sollten billigere Einkäufe, als
bisher, abschließen können.
Wenn übrigens der Hr. Versassr der „Streiflichter", wie
mir scheint, der Meinung ist, daß durch die Goldwährung
Alles um den Betrag der Silberentwerthung billiger wird wer-
den, so dürfte er sich bedeutend täuschen. Ich bin vielmehr
fest überzeugt, daß dann das, waS bisher in Liechtenstein einen
Silbergulven kostete, nur um einen Goldgulden zu haben sein
wird. ES ist eine alte Erfahrung, daß jede Neuerung auf
solchem und dem verwandten Gebiete des MaßeS und Gewich-
teS mit einer Vertheuerung verbunden ist.
Ich ersuche auch den Hr. Verfasser der „Streiflichter" mir
gefälligst ziffermäßig unseren großen .,Pr,fit" durch den Ankauf
entwerteter Silbergulden mit Banknoten nachweisen zu wollen.
Müssen wir nicht gerade seit dem „Krach" und besonders
gegenwärtig bei der drohenden politischen Lage den Silbergul-
den mit einem Verlust von 13% einwechseln, während wir
zur Zeit deS sogenannten wirtschaftlichen Aufschwunges nur
einen Aufwechsel von einigen % zahlten?
Der „Profit", den uns der Hr. Verfasser der „Streiflich-
ter" zumuthet, besteht darin, daß wir künftighin am Papier-
gülden anstatt 13% um 7% mehr einbüßen sollen. Einen
solchen „Profit" vermag denn doch unser, zwar bäuerlicher
Verstand nicht einzusehen.
Ebenso fadenscheinig kommt mir der „Profit" vor, den wir
im Falle der Beibehaltung der Silberwährung aus den alten
Kapitalien ziehen sollen.
Profit ist meiner Anficht nach etwas Pofitiveö, das über
jenen Punkt hinausgeht, unter den nicht heruntergegangen wer-
den kann, will man anders nicht Schaden leiden.
Nicht wahr, Hr. Doktor, die alten Kapitalien wurden iy
Silber ausgeliehen und dieses Silber hat nun eine Entwerthuyg
erlitten?
Entwerthung ist aber nichts Positives, sondern vielmehr daS
Gegenthcil. Wir haben eS dader schon mit keinem „Profit"
mehr zu thun, s oontrario mit einem Schaden, und eS kann
sich nur mehr fragen, wer diesen Schaden tragen soll, ob
der Gläubiger oder der Schuldner?
Trägt nun der eine den Schaden, so macht deshalb der
andere no b keinen „Profit", sondern er wird einfach vor Scha-
den bewahrt.
In diesem Punkte stoßen eben die fich diametral gegenüber-
stehenden Interessen deS Gläubigers und Schuldners unver-
söhnlich auf einander.
Schellenberg, 6. März 1877.
Fr. Zos. Biedermann.
Ausland.
Die wichtigste Nachricht ist die telegraphische Meldung auS
den Vereinigten Staaten Nordamerikas, daß am
; 2. März der Kandidat der republikanischen Partei HayeS mit
135 Stimmen (gegen 184, welche der Demokrat Tild n er-
^*dfel um Präsidenten gewählt wurde. Damit ist die Gefahr,
daMM) der Häbrige Bürgerkrieg zwischen Republikanern und
Demokraten zum zweiten Male da drüben abspiele, beseitigt.
Die Frage, ob HayeS oder Tilden Präsident werden sollte, war
für Amerika so wichtig, wie für Europa die Frage: ob Eng-
land oder Rußland daS Schicksal der Türkei bestimmen wird.
Die Amerikaner scheinen jedenfalls „klügere Politiker" zu sein,
denn sie haben eS fertig gebracht, den Streit zu schlichten,
während wir Europäer noch lange nicht so weit sind.
Eine Depesche auS Washington bringt folgende weitere
Meldung:
Die Einsetzung Hayes' als Präsident der Vereinigten Staa-
ten hat am 5. März stattgefunden. HayeS kündigte in seiner
Botschaft die Grundsätze an von denen er sich in allen Haupt-
fragen leiten lassen werde. Er hebt darin hervor: er werde
keine unwiderruflichen Prinzipien und VerwaltungSmaximen
aufstellen, sondern wolle hauptsächlich von den Motiven spre-
chcn, welche das Land beseelen müssen; er wolle nur zur Er-
reriMlg gewisser wichtigen Ziele anregen, welche den amerika-
i,ikW Institutionen entsprechen und für daS Wohl des Landes
wesentlich seien - Jetzt, wo jeder Grund zu Mißdeutungen ver-
schwunden, wolle er wiederholen was er bereits vor den Wah-
len ausgesprochen habe, und er hoffe, daß seine Mitbürger
dieses aufrichtig prüfen und auffassen, sowie fich überzeugt
fühlen, daß die von ihm bei der Annahme seiner Kandidatur
ausgesprochenen Gesinnungen die Richtschnur seines künftigen
Verhaltens sein werden. Dauernde Beruhigung deS ?andeS
auf Grundlage solcher Prinzipien und Maßregeln, welche ge-
eignet sind den vollen Schutz aller Bürger im freien Genuß
der verfassungsmäßigen Rechte zu sichern, fei der eine Gegen-
stand der Aufgaben der neuen Regierung, welchen alle beson-
nenen und patriotischen Bürger als von höchster Wichtigkeit
ansehen werden. Viele unheilvolle Folgen der Rebellion der
Südstaaten seien noch unbeseitigt, die unermeßlichen Segnun-
gen, welche früher oder später der aufrichtigen allgemeinen An-
nähme der legitimen Resultate der Revolution sicher folgen
werden, seien noch nicht verwirklicht, noch zahlreiche schwierige
Verlegenheiten bereitende Fragen in diesem Betreffe noch zu
lösen. Die Bevölkerung jener Staaten sei verarmt und genieße
noch nicht die unschätzbaren Segnungen weiser, ehrlicher, fried
licher lokaler Selbstverwaltung. Es sei klar, daß im Verlaufe
der Ereignisse-die Zeit gekommen, wo eine solche Selbstver-
waltung eine gebieterische Notwendigkeit sei; die verschieden-