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allgemeines WerthbestkmmungSmittel, während das Silber den
in neuerer Zeit verhältnißmäßig großen Kursschwankungen
unterliegt. Diejenigen Münzen eineS Landes, welche das ge
setzliche Zahlungsmittel bilden, müssen im inländischen Verkehre
zu ihrem Nennwerthe für voll angenommen werden; der je-
weilige Werth hingegen solcher Münzen, welchen nicht als ge,
setzlicheS Zahlungsmittel geltende Münzen haben, ist der Tausch-
Werth oder auch Handels- oder KurSwerth derselben, welcher
auf Börsenplatzen in den Kurszetteln notirt "wird. Die Re-
gierung eines Landes kann aber auch fremde Münzen höher
oder niedriger tarifiren, als es den Münzfüßen beider Münzen
entsprechend ist. Der solchergestalt festgesetzte Werth ist der
ValvationS- oder Tarifwerth. Am besten muß sich daher im-
wer derjenige Staat befinden, der ein Geld besitzt, das in sich
selbst den möglichst hohen Gegenwertb hat und sozusagen keinen
schädlichen Werthschwankungen unterliegt. Da die Staats-
pflege auf die Beförderung des Wohlstandes wirken soll und
kann, so fällt auch daS Münzwesen wesentlich unter die staat-
liche Aufsicht, weil daS Geld daö unentbehrlichste Verkehrsmittel
ist. — Je größer b x t Kursschwankungen eineS Geldes sind,
desto höher muß der Kaufmann seine Waare berechnen, desto
theurer werden die Lebensmittel, und ein desto günstigeres Feld
erwächst den Geldspekulanten Zudem berechnet der Kaufmann
besonders bei Forderungen, die ihm voraussichtlich erst nach
Halbjahres- oder Jahresfrist eingehen, die Perzente der bis dann
«»öglichen oder wahrscheinlichen Kursschwankungen, um in keinem
Falle Schaden am Gelde erleiden zu müssen. Obwohl Schrei-
der dieses kein Kaufmann ist, so denkt er sich eine vorsichtige
GeschäftSgebahrung solchergestalt.
Au< dem ergibt sich die Schlußfolgerung, daß der Staat
als solcher und dann weiter speziell jeder Konsument durch ein
schwankendes Geldwesen nicht unwesentlich geschädigt wird, und
daß daher jeder Staat, so gut und so rasch eS angebt, für
ein geordnetes d. h. für ein stabiles, möglichst sich gleichblei-
bendeS Geldwesen Sorge tragen muß. Abgesehen von dem be-
deutenden Schaden, den alle mit fixem Gehalte Angestellten,
ferner die öffentlichen Fonde und alte Schuldverschreibungen
bei anhaltenden und größeren Geldschwankungen naturgemäß
erleiden, mag das oben Gesagte schon zum Theile beweisen,
wie nothwendig auch für unser kleines volkswirtschaftliches
Leben eine geordnete und stabile Geldwährung iß.
ES lassen sich aber noch weitere und schwerwiegende
Gründe vorbringen, die in unseren eigenthümlichen Verhältnissen
und in der durch die neuerlichen Strömungen geschaffenen Lage
liegen. Der Kürze und Deutlichkeit halber fassen wir dieselben
in folgende weitere Punkte zusammen:
1. Der Kredit unseres Ländchens wird durch
daS gänzliche Fallenlassen einer Münzregelung
überhaupt geschädigt werden.
Unser Ländchen hat sich feit circa 20 Jahren ganz bedeu-
tend erholt. Wir haben eS in erster Linie der rastlosen Thätig-
keit und Energie unserer Regierung und dem thätigen Eifer
der früheren Landtage zu verdanken: daß wir neben einem ge-
ordneten und vortrefflichen Staatshaushalte den Wohlstand auch
im Besondern durch die Entwässerung, Straßenbauten, Rhein-
schutzbauten, ferner durch die Errichtung der Sparkassa wesent-
lich gehoben finden. Zudem ist unser Grundbuchwesen durch
die Katastralvermessungen u. s. w. in einen mustergültig ge-
ordneten Zustand versetzt worden.
DaS sind unbedingt Fortschritte. Zu Alledem sind dem
Lande durch die Zollerträgnisse, und durch daS von unserem
Fürsten gewährte unverzinsliche Darlehen von 175,000 fl. ver-
hältnißmäßig ganz enorme Geldeinnahmen zugegangen, die groß-
tentheils bei den so nothwendigen Rheinschutzbauten an die In-
länder selbst wieder ausgegeben, also vom Znlande wieder ein
genommen wurden. Nur so und unter diesen günstigen Ver-
hältnisien war eS möglich, daß unser arbeitsames, sehr thätigeS
Völklein den schweren Kampf mit dem Rheine aufnehmen
konnte, ohne dabei zu Grunde zu gehen. — Diese Gelder find
nun aber erschöpft. Wohl hat die LandeSkassa über einen noch
ziemlich großen Vorschuß zu verfügen, aber der wird auch bald
seine Verwendung am Rheine finden. Die Zollerträgnisse wer-
den voraussichtlich in Anbetracht der durch die Zeitumstände
gedrückteren Verkehrsverhältnisse nicht mehr die Höhe der letz-
ten Jahre erreichen. Auch der allgemeine Verdienst im Jnlande
und im Auslände wird in Folge der überall um sich greifen-
den wirtschaftlichen Krift« und UnternehmungSlosiqkeit vorüber
gehend ein geringerer werden. — Und dann? WaS hat das
alles mit unserem Geldwesen zu thun? wird mancher fragen.
Unsere Antwort ist die: unmittelbar hängt daS Geldwesen mit
diesen Erscheinungen freilich nicht zusammen, aber wohl mit
dem Eredite, und somit mittelbar auch mit unserem Geld-
wesen.
Wenn nämlich eine Münzregelung in keiner Weise zur
Durchführung kommt', so befürchten wir, daß Mißtrauen in
die Sicherheit unserer öffentlichen Zustände entsteht, daß beson-
derS die ausländischen Kapitalisten ihre Gelder zum großen Theil
zurückziehen, daß ferner die Geldeinlagen in unsere Sparkassa
nur mehr sehr spärlich sein werden u. s w. falS Beispiel diene,
daß wie wir vernehmen in anderen Jahren von Neujahr bis
jetzt circa 20—30,000 Gulden in die Sparkassa einliefen, wäh-
rend Heuer bis jetzt sozusagen nichts.) Vergleicht man alle
diese Umstände, so läßt sich nicht leugnen, daß die Beibehal-
tung unserer schwankenden Geldwährung oder was noch schlim
mer wäre die „thatkrästige* Sehnsucht nach dem österreichischen
Papiergelde unseren Kredit heru«tersetzen müßte. — DaS kann
insofern von bedeutender Wichtigkeit werden, wenn durch daS
erregte Mißtrauen größere Kapitalkündigungen (besonders vom
Auslande her) stattfinden, oder auch das Geldbedürsniß zu
Rheinbauten u. s. w.' in Folge der Erschöpfung der öffentlichen
Kassen im Jnlande selbst nicht mehr genügend befriedigt zu
werden vermag. — Solche „Möglichkeiten" können bei eintre-
tenden Nothständen dazu zwingen, daß man wieder im AuS-
lande Geld suchen muß. Und waS dann ? Bei unseren schwankenden
Geldverhältnissen und bei dem möglichen Falle: daß allenfalls
noch gar dem österreichischen Papiergelde zugesteuert wird, wird
(vielleicht auch auS übertriebenem Mißtrauen) die Lust immer
mehr schwinden, Hierlands Gelder auSzuleihen.
DaS find Blicke in die Zukunft, deren thatfächliche Bedeu-
tung sich Jedermann, der unsere Frage auch gründlich nach
allen Seiten studiren will, naturgemäß aufdringen muß.
Die Einführung einer stabilen d. b. nicht schwankenden
Geldwährung kann aber solchen möglichen Uebelständen zum
größten Theile die Spitze brechen. DaS Vertrauen wird da-
mit neuerdings gekräftigt, unsere Sparkasse wird durch fort-
dauernde Einlagen dem Geldbedürfnisse wieder fortentsprechen
können; und wenn der Fall eintreten würde, hätten wir auch
wieder Kredit im Auslände.
2 Ein anderer Grund ist der:
Mit dem FaNen lassen einer ZHünzregelung
überhaupt wird anstatt an Stelle deS „politischen
Fehlers" d h. deS neuen MünzgesetzeS ein ande-
res und besseres Münzgesetz zu setzen, ein neuer
und noch viel größerer politischer Fehler began-
gen. Die Vorarbeiten deS Landtages in den letzten 3 Jahren
werden mit dem Münzgesetze feierlich zu Grabe getragen, und
bei den eigenthümlichen Vorgängen und Szenen, die in der
„Gehenströmung" zum Theile zu Tage treten, läßt sich dann
sagen: eS wird gewissermaßen der Aufstand selbst zum Volks-
rechte; um so mehr weil uns der materielle Hintergrund einer
Staatsgewalt fehlt.
3. Hat uns die österreichische Regierung laut
neuem Zollvertrage die Freiheit der selbständig
gen Münzregelung nur unter dem Bedingnisse