Als Vorsitzender fungirt das älteste Mitglied der Bersamm-
lung: Pfarrer Erni, als Protokollführer der jüngste Abgeord-
nete: Dr. R. Schädler.
Herr Landesverweser von Hausen, von Sr. Durchlaucht zum
fürstl. Landtagskommissär ernannt, heißt die Versammlung im
Namen des Landesfürsten willkommen und erklärt im gleichen
Austrage die diesjährige Landtagssaison für eröffnet.
Indem durch die erfolgten Landtagswahlen eine Integral-
erneuerung des Landtages stattfindet, so ersucht derselbe auf
Grundlage des K 5 der Geschäftsordnung sofort zur verfassungs-
mäßigen Wahlprüfung zu schreiten, zu welchem Zwecke er die
Wahlakten dem Präsidium übermittle.
Die Wahlakten werden sodann mittelst Begleitschreiben der
fürstl. Regierung dem Präsidium übergeben.
Ein Schreiben der fürstl. Regierung setzt ferner den Landtag
in Kenntniß, daß Se. Durchlaucht laut höchsten Handbilletes
vom 10. d. M. die von Höchstdemselben unterm 24. Mai 1869
ernannten Landtagsabgeordneten: Altvorsteher Josef Walser von
Triefen und Altvorsteher I. G. Matt von Mauren auf die
Dauer von weiteren 6 Jahren zu bestätigen und gleichzeitig für
diese Amtsperiode den Altvorsteher Franz Wolfinger in Balzers
zum Landtagsmitgliede zu ernennen geruhten.
Da die letzten Landtagswahlen in zwei Zeitabschnitten, am
30. April und 18. Oktober l. I. stattgefunden haben, so stellt
der fürstl. Regierungskommissär den Antrag:
„Die Wahlprüfungskommissionen der Art zu bilden, daß
die am 30. April gewählten Abgeordneten die Wahlakten
der am 18. Oktober aus der Wahl hervorgegangenen
Abgeordneten und umgekehrt zu prüfen hätten."
Wird einstimmig angenommen.
Die so gebildeten Abtheilungen treten sofort zur Prüfung
der Wahlakten zusammen.
Das Referat derselben geht einhellig dahin, daß die Wahl-
akten für richtig befunden wurden und somit die Wahlen sämmt-
licher Abgeordneten, nämlich der Herren: Franz Jos. Biedermänn
in Schellenberg, Pfarrer Erni in Vaduz, Wendelin Erni in Trie-
sen, I. G. HaSler in Eschen, Sebast. Heeb in Ruggell, Jakob
Kaiser in Mauren, F. I. Kind in Bendern, Dr. Rud. Schäd-
ler in Vaduz, Dr. Schlegel in Vaduz, Johann Schlegel in Trie-
fenbetg, I. G. Vogt in BalzerS und Eh. Wanger in Schaan
für gültig zu erklären seien.
Ward einstimmig zum Beschluß erhoben. Sämmtliche Ab-
geordnete legen hierauf den Verfassungseid in die Hände des
fürstl. Regierungskommissärs ab.
Zur weiteren Mittheilung gelangt ein Schreiben der fürstl.
Regierung an den Landtag, in welchem dieselbe eine unter dem
17. Okt. l. I. an sie gerichtete Eingabe der Herren Landtags-
abgeordneten Christoph Wanger, Dr. Schlegel und Johann
Schlegel zur Kenntniß bringt, womit diese ihren beabsichtigten
Austritt aus dem Landtage anmelden. Die fürstliche Regierung
trete diese Eingabe im Sinne des § 82 der Verfassungsurkunde
der verehrlichen Landtagsvertretung zur Entscheidung ab, indem
durch die den Landtagswahlakten angeschlossenen Zustellungsscheine
der Nachweis geliefert sei, daß die Herren Gesuchsteller die auf
sie gefallenen Wahlen nicht innerhalb der festgesetzten Frist von
10 Tagen abgelehnt haben.
Die unter dem 17. Oktober l. I. an die fürstliche Regie
rung gerichtete Eingabe der Abgeordneten Christoph Wanger, Dr.
Schlegel und Johann Schlegel lautet wörtlich:
Hohe fürstliche Regierung!
Die Gefertigten sehen sich unter den obwaltenden Um-
ständen veranlaßt, ihre Mandate als Landtagsabgeordnete in
die Hände ihrer Wähler des Oberlandes niederzulegen und
geben sich der Hoffnung hin, daß diese Mandatsniederlegung,
nachdem die Wahl bis zur Stunde nicht beendigt ist, ohne
Weiteres genehmigt werde, Widrigens wir dieselbe im Sinne
des § 82 der Verfassung begründen müßten.
Hochachtungsvoll zeichnen sich:
Folgen die Unterschriften der genannten Gesuchsteller.
Der Vorsitzende eröffnet die Diskussion über diesen Ge-
genstand, worauf der Abg. Kind das Wort ergreift und den
Wunsch äußert, der Landtag möge die Herren Gesuchsteller auf-
fordern, die näheren Gründe ihrer Mandatsniederlegung mitzu-
theilen; erst dann komme der Landtag in die Lage, eine Ent-
scheidung treffen zu können.
Der Abg. Dr. R. Schädler ist der Ansicht, daß nachdem
die Herren Gesuchsteller von der irrigen Auffassung ausgingen,
als ob die verfassungsmäßige, zur Ablehnung bestimmte Frist erst
10 Tage nach dem vollständig geschlossenen Wahlakte zu Ende
gehe, der Landtag auf Grund des klar und deutlich sprechenden
8 82 der Verfassungsurkunde die Erklärung abgebe, die genann-
ten Abgeordneten seien zur Ausübung ihres Mandats verpflichtet,
weil die gesetzliche Ablehnungsfrist schon längst verstrichen sei.
Der fürstliche Regierungskommissär glaubt, daß
die soeben ausgesprochenen Ansichten der Abg. Kind und Dr.
Schädler sehr wohl in einen Antrag zusammengefaßt werden
könnten, worauf der Abg. Dr. Schädler mit Berücksichtigung
der Aeußerungen des Abg. Kind nachfolgenden Antrag formulirt:
»In Anbetracht, daß nach § 82 der Verfassungsurkunde
eine freiwillige Mandatsniederlegung der Abgeordneten: Ch.
Wanger, Dr. Schlegel und Johann Schlegel nicht mehr
zulässig ist, indem die zur eventuellen Ablehnung gestellte
10tägige Frist — von erfolgter Kenntnißnahme der Wahl
an gerechnet — schon längst verstrichen ist, fordert der Land-
tag die genannten Abgeordneten auf, die Gründe mitzutheilen,
welche dieselben zur Mandatsniederlegung bestimmten."
Wird einstimmig angenommen. Der Abg. Kind wünscht
zu diesem Antrag noch den Zusatz: „Die genannten Abgeordneten
hätten die Gründe der Mandatsniederlegung innerhalb 3 Tagen
auf schriftlichem Wege einzubringen." Wird gleichfalls einstim-
mig genehmigt. ^
Als letzter Gegenstand erscheint die Wahl des
Landtagsbureaus.
Der Vorsitzende wirst hier die Vorfrage auf, ob es
nicht thunlicher wäre, diese Wahl zu verschieben, bis der Land-
tag komplet sei.
Da nur drei Abgeordnete für eine sofortige Vornahme der
Wahl stimmen, erscheint die Verschiebung der Bureauwahlen als
Beschluß. — Hiermit ward die heutige Sitzung geschlossen.
Vaduz, 27. Nov. (LandtagSverhandluugen.) Der
Landtag hielt heute die II. Sitzung ab. Nach Verlesung und
Genehmigung des Protokolls wurde ein an das Landtagspräsidium
gerichtetes Schreiben mitgetheilt, in welchem die Herren Dr.
Schlegel, Johann Schlegel und Ch. Wanger ihre Mandatsnie-
derlegung zu begründen suchen. Nach kurzer Debatte beschloß
der Landtag hierüber zur Tagesordnung überzugehen und sofort
3 Ersatzmänner zur Stellvextretnng in den Landtag einzuberufen.
Als zunächst einzuberufende Ersatzmänner erschienen: Jos.
Tschetter, Vorsteher in Schaan und Anton Ammann in Vaduz.
Hauptmann Rheinberger in Vaduz und Jos. Gasner, Vorsteher
in Triesenberg erhielten bei den letzten Landtagswahlen die gleiche
Stimmenanzahl, weßhalb zwischen den letztern beiden Herren daS.
LooS entscheiden mußte. Die LooSziehung erfolgte sofort durch
den Vorsitzenden und entschied für Hauptmann Rheinberger.
Die Sitzung wurde hierauf mit dem Beschlüsse geschlossen,
die erwähnten Ersatzmänner schon zu den Nachmittags wieder
fortzusetzenden Verhandlungen einzuberufen.
(Wiederbeginn der Sitzung Nachmittags 2 Uhr). Von den
einberufenen Ersatzmännern erschienen die Herren: Anton Amann
und Hauptmann Rheinberger, welche den Verfassungseid in die
Hände des Vorsitzenden ablegten.