Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1877)

ordnung, vom 24. Oktober 1865, geben ganz vorzügliche Vor- 
schriften und Bestimmungen über die verschiedensten Gesichts- 
punkte, die bei Behandlung dieser in einem Föhnthale doppelt 
wichtigen Materie in Betracht kommen können. Wie steht eS 
aber mit der Durchführung dieser Bestimmungen? Beispiels- 
weise, wie steht es mit der Kontrole von Seite der Feuerkom- 
Mission, bezüglich der in jedem Wohngebäude gesetzlich vorge- 
schriebenen Löschgeräthe? u. s. w. Die Antwort mag sich jeder 
selbst geben. 
Es ist klar und als ein erstes Erfordernis? zu betrachten, daß 
die vorhandenen gesetzlichen Bestimmungen genau und strenge von 
der Ortspolizei gehandhabt werden müssen. Da ist aber eben 
d.ie wunde Stelle zu suchen, daß die durch die Ge- 
meindeautonomi^e gegebenen Rechte und Pflichten 
der Ortspolizei von den Exekutionsorganen der 
Gemeinden nur halbwegs und viel zu lässig ge- 
handhabt werden. Mit der Strenge fürchtet man 
sich Feinde zu schaffen; und so entwickelt^ sich 
im gemüthlichen Nebeneinander unter dem Banner 
der gewohnheitsmäßigen Straflosigkeit die bei 
unseren Gemeinden vielfach eingenistete „orts- 
polizeiliche Fahrlässigkeit." Soviel über diese Seite 
unserer Gebrechlichkeiten, die sich auch in die Länge und Breite 
ausmalen und erweitern ließen. Die paar Andeutungen mögen 
jedoch für unsern Zweck genügen. 
Ein anderer und für unser Feuerwehrwesen noch wichtigerer Punkt 
ist die tüchtige Einübung unserer organisirten Feuerlöschmann- 
schaften. Da liegt der zweite wunde Fleck oder vielmehr der 
Hauptfehler. Ein Gesetz kann wohl vorschreiben, so und so sind 
die Mannschaften einzuteilen u. s. w., solche Bestimmungen 
sind auch gut und nothwendig, aber die technische Fertig- 
feit, die lebendige Organisation kann nur durch 
Erternen und Hebung erreicht werden. Da hört man 
oft klagen und kritisiren, der und der Spritzenkommandant hätte 
es anders machen sollen, die und die Mannschaft hat nicht das 
Richtige gethan u. s. w. Solche Vorwürfe sind billig, nützen 
aber nichts; weil eben im gegebenen Nothfalle ein nicht geübtes 
und eingelerntes Feuerwehrkorps beim besten Willen und bei 
stärkster Arbeit nicht das zu leisten im Stande ist, was man 
nur von eingeübten Leuten erwarten kann. Statt viel zu kriti- 
sireu und den und den mit Vorwürfen zu beehren, ist es besser, nur 
einmal zur Erkenntniß zu gelangen: „wir find eigentlich Alle zu- 
sammen im Fcnerwehrwesen noch erklecklich weit zurück — und 
das muß anders werden." Wie aber? Die Antwort ist ein- 
fach.> Wenn man etwas lernen will, muß mau einen Lehrmeister 
haben. Manche Gemeinden in Vorarlberg und in der Schweiz 
haben sachverständige und tüchtige Feuerwehrleute von anderswo- 
her zum Leiten ihrer Einübungen beigezogen. Das müssen auch 
wir thun. Der Kostenpunkt ist nicht groß und der Sache Werth. 
Mögen daher unsere Gemein des euer wehren tüchtige 
unb bewährte Feuerwehrleute aus unserer Nach- 
barschaft zu ihren sogen. Spritzeneinübungen bei- 
ziehen und sich gehörig instruir.en lassen. Ist das 
einmal durch häufige Proben und Hebungen geschehen, dann ha 
ben wir für die späteren Feuerwehrleute eigene Jnstruktoren. 
Unsere Leute sind gelehrig und bei dem Umstände, daß wir viele 
Zimmermänner, Maurer und Schreiner unter denselben haben, 
eine rasche und erfolgreiche Erlernung der nöthigen Vorgänge 
um so sicherer anzunehmen. 
Gegenden, die häufig nicht so taugliche und behende Leute, 
wie wir, besitzen, haben gut eingeübte und sehr respektable Feuer^ 
Wehrkorps. Mit gutem Willen, der bei unserer Bevölkerung ge- 
wiß. nicht fehlen wird, und mit tüchtig ausgebildeten nnd bewähr- 
ten Jnstruktoren kann auch unser Ländchen in Bälde sehr be 
trächtliche Fortschritte auf diesem Gebiete machen und die Lei- 
stnngen unserer Nachbargegenden erreichen. 
Dies ein wohlgemeinter Rathschlag zum Vorwärtsschreiten 
auf einem bei uns sehr wichtigen aber bis jetzt leider noch nicht 
genügend kultivirten Gebiete. 
Ausland. 
Bom Orient. Der Ring um P l e w n a wird immer 
enger und fester. Die Beschießung dauert fort, aber über den 
Erfolg erfährt man noch nichts. Osman Pascha wird bald ge- 
nöthigt sein, einen Durchbruch zu versuchen. Mehemed Ali, der 
ehemalige Oberkommandant, ist nach Sofia berufen, um die 
Armee zum Entsätze von Plewna zu organisiren. Aber man hört 
nichts von den Erfolgen seiner Thätigkeit. 
Am Lom und im Schipkapasse nichts Neues. Die Russen 
ziehen an den Nordabhängen des Balkan immer größere Trnp- 
Penmassen zusammen, so daß es den Anschein gewinnt, als wol- 
len sie noch in diesem Jahre einen neuen Vorstoß über den Bal 
kan versuchen. Den Türken kann es schon recht sein, wenn die 
Feinde in unvorsichtiger Weise abermals ihre Kräfte zersplittern. 
Erzerum wird von Mukhtar Pascha energisch vertheidigt. 
Zwar ist seine Armee in größter Unordnung in die Festung hin- 
eingeworfen worden, da der Kampf bei Dewebohun in Folge 
eines Umgehungsmanövers der Russen mit einer heillosen Flucht 
der Türken endere. Aber Mukhtar hatte doch seine Streitkräfte 
bald soweit wieder in Ordnung gebracht, daß er einen Hand- 
streich der Russen auf die östlichen Vorwerke von Erzerum zurück- 
schlagen konnte. 
Aus Asien kommt die Hiobspost, daß die Festung Kars 
von den Russen erstürmt worden sei, bei welcher Gelegenheit sie 
7000 Gefangene gemacht, darunter zwei Pascha's und ein Stabs- 
chef der Artillerie und 300 Geschütze', viele Fahnen, Gewehre, 
Munition und Proviant erbeutet hätten. 
DieSchwierigkeiten eiues Winterfeldznges in Bulgarien wer- 
den nenestens auch von den Russen besprochen; so sagt unter 
Andern: die „Petersburger Ztg." über die Verpflegung: „Alles, 
was zur Verpflegung der Armee nöthig ist, muß ihr aus Ruß- 
laud und Rumänien nachgeführt werden, denn in Bulgarien ist 
nichts mehr aufzutreiben und so reich das Land auch ist, so muß 
man doch bedenken, daß es schon sechs Monate die Lasten des 
Krieges getragen hat. Betrachten wir nun die Wege, auf denen 
der Proviant nachzuführen ist, so tritt uus demnächst die Donau 
entgegen, über welche wir bei Braila, Petroschani, Zimnica, 
Tunu-Magurelli und Korabia Brücken geschlagen haben. Werden 
diese Brücken stark genug sein, im Winter dem Andränge der 
Donau Widerstand zu leisten? Wohl herrschen hierüber ver- 
schiedene Ansichten, aber es ist jedenfalls sehr unwahrscheinlich. 
Für andere Transportmittel hat man noch nicht Sorge getragen, 
und doch ist es Zeit, höchste Zeit! Aber nehmen wir an, der 
Uebergang über die Donau sei gesichert, so bleibt immer noch 
der schwere Transport in das Innere von Bulgarien. Die 
Hauptrouten sind kaum passirbar so bald es einige Tage gereg- 
net hat, und das ist eine der alten Sünden, die wir uns vor- 
werfen müssen. Wir hätten während des Sommers dafür sorgen 
müssen, daß wenigstens die Hauptstraßen, z. B. Sistowa-Plewna, 
Sistowa-Tirnowa ordentlich chaussirt worden wären, aber leider 
haben wir es verabsäumt, und jetzt ist kaum noch Zeit, das 
Versäumte nachzuholen. Große Reserve-Magazine müßten 
sich be spielshalber in Biela, Tirnowa und in der Nähe von 
Poradim befinden und so ausgestattet sein, daß man aus ihnen 
allein die naheliegenden Gruppen auf etwa vierzehn Tage ver- 
pflegen könnte. Von solchen großen Magazinen ist aber nicht zu 
hören, und wenig mehr als der augenblickliche Bedarf wird den 
Truppen nachgeführt; das ist ein arger Fehler, der sich einst 
bitter rächen kann, denn eine Armee, die nichts zu essen hat, ist 
keine Armee. 
In Konstantinopel geht es bunt zu. Wie ein Wiener 
Blatt berichtet, waren dort neulich Plakate angeschlagen, welche 
zur Ermordung Mahmud Damats, des Schwagers des Sultans, 
aufforderten. Derselbe wurde beschuldigt, den Frieden herbeizu-
	        

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