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Neuenburg, Dverdon, Payerne, AvencheS ;c. von einem Erd-
beben heimgesucht, wie es seit dem am 25. Juli 1855 dort
Zljcht mehr vorkam. Dasselbe bestand aus drei starken Stößen,
welchen 5 bis 6 heftige Schwingungen von Südwest nach Nordost
und etwa sechs Sekunden andauernd folgten. In Genf stürzten
Kamine ein, zertrümmerten Fenster und spalteten sich sogar
Mauern, was auch an anderen Orten in höherem oder minderem
Grade der Fall war. Auch bei uns in Bern nahm man die
Erscheinung wahr, jedoch verspürte man hier nur leise Schwiu-
gungen, keine Stöße, und ebenso im Kanton Wallis, was dafür
spricht, daß bis hieher nur die Ausläufer der Erdwellen reichten.
* Gefährlichkeit der Petroleumlampen. Es ist
schon wiederholt darauf hingewiesen worden, wie nachtheilig und
höchst gefährlich es sei, Petroleumlampen mit theilweise herunter-
geschraubtem Docht brennen zu lassen. Abgesehen davon, daß
hiedurch kein Oel erspart, sondern durch Verdunstung eben so
viel, wenn -nicht mehr aufgezehrt wird als bei hellbrennender
Flamme, entwickeln sich bei ungenügender Verbrennung auch sehr
gefährliche Gase. Ein tragischer Todessall , der sich neulich in
Berlin ereignete, wird als Folge jener Unvorsichtigkeit bezeichnet.
Ein Restaurateur in der Ackerstraße welcher am vorletzten Don-
nerstag seine Hochzeit hatten wollte, trennte sich am Mittwoch
Abend in der besten Stimmung von seiner Braut und begab sich
direkt nach Hause. Beim Zubettgehen schraubte er die Petro-
leumlampe herunter, so daß sie nur noch mit schwacher Flamme
brannte. Als der Bräutigam am nächsten Tage gar nicht vor
seinem Geschäftspersonal erscheinen wollte, wurde an der Thüre
gepocht, aber vergeblich, es.blieb Alles still. Man erbrach die-
selbe und fand den kräftigen Mann als Leiche im Bett. Die
schnell herbeigeholten Aerzte konnten als Todesursache nichrS
Anderes konstatiren, als eine Lungenlähmung, hervorgebracht
durch die eingeathmeten Gase, welche die schwachbrennende Lampe
entwickelt hatte. Die Braut, die Tochter eines RestaurateurS
in der Friedrichsstraße, verfiel bei der Todesbotschaft in einen
Zustand der Bewußtlosigkeit, welcher bis zum Abend währte.
* England. Viehpreise. Letzte Woche wurde in Liver-
Pool eine Sendung kanadisches Rindvieh verkauft; dieselbe bestand
in einer Anzahl Bollblut-Shortons. Alle Koryphäen der Rind-
Viehzucht in England wohnten der Versteigerung bei, deren Er-
gebniß allgemein überraschte, weil die höchsten Preise, die je
bekannt wurden, hier gezahlt worden sind. Die beiden besten
Kühe im Alter von 2, bezw. 1 Jahr wurden mit 4100 Gui-
neen (107,600 Fr.) bezw. mit 4300 (113,000 Fr.) bezahlt.
Der Durchschnittspreis für 38 Kühe und- Rinder war 15,000
Fr., für 8 Stiere 5000 Fr.
* Ein theurer Haas. Der Gerichtspräsident von Wan-
gen (Bern) verurtheilte am 1. Oktober einen Jäger, der wie-
derholt im Jagdbannbezirke jagte und wegen Jagdfrevel bestraft
worden war.. Derselbe hatte im Jahr 1876 gegen Ende der
offenen Jagdzeit eines Vormittags im sogen. Buhlerhölzli beim
Hubel, Gemeinde Graben, im Jagdbannbezirke einen Hasen ge-
Hoffen und behändigt. Er wurde wegen wiederholtem Jagd-
revel zu 160 Franken Buße, Entziehung der Jagdberechtigung
auf 2 Jahre und zu den Kosten verurtheilt. — Dä hät en
ringer lo springe!
* Die kluge Fliege, eine Atopische Fabel, übersetzt
von den Berliner Wespen. Beitrag zur Lebensmittelfälschüng.
Einst zogen vier Fliegen über Land und gelangten in ein blü
hendes Küchengefilde. Da ersah die erste einen Kuchenteig, .flog
aufihn und naschte; da sie aber keinen Alaun vertragen konnte,
so bekam sie die Dünndarmentzündung, siechte dahin und starb.
Die zweite Fliege, hierdurch vorsichtiger gemacht, mied den Kuchen-
teig und versuchte sich an einer Tasse mit Kaffee-Jnhalt; aber
des Eisenoxhds war zu viel, es untergrub ihre Gesundheit; sie
legte sich hin und segnete daS Zeitliche. Die dritte Fliege dachte
bei sich: Sind die Süßigkeiten hier alle vergiftet, so werden es
hoffentlich die Fleischwaaren nicht sein, flog auf eine Wurstscheibe
und hieb wacker ein. Aber welche Fliege könnte Arsenik ver
tragen? Auch sie versammelte sich bald zu ihren Vätern. Di*
vierte Fliege aber war eine kluge Fliege; sie ließ alles unbe^
rührt, bis sie ein angefeuchtetes Blatt Papier entdeckte, darauf
ein Todtenkopf gemalt und „Fliegengift" aufgedruckt war. Da
ging sie getrost heran, aß und trank und blieb gesund und guter
Dinge; denn das Fliegenpapier war — auch verfälscht!
Haec fabula docet:
Die Menschen, fälschen ränkevoll
Getränk und Speis', drum kann allein,
Was wirklich Gift enthalten soll,
Nahrhaft, gesund und giftfrei sein.
* Die neue Zeit. An einem See, wo ganz guter Wein
wächst, — wir verrathen dem Leser nicht, wo — lebt ein Wirth,
dessen Wirtschaft von den Wellen des See's bespült wird, und
deren eine Kellerthür gerade an das Seegestade führt, während
der Brunnen zum Haufe sich weiter oben an der Straße be-.
findet. Schon lange bemerkten die Gäste, daß der Wein ziemlich
kraftlos war, und ein allgemeines Gemurmel herrschte im Dorfe;
leider waren die Dörfler wegen der Gemeinderathssitzungen,
VogtSrechnungen und anderer Versammlungen geuöthigt, diese
Wirthschaft zu besuchen und den wässerigen Wein zu trinken.
Ein Spaßmacher, der über das schlechte Getränke ärgerlich war,
gedachte dem Wirth einen Schabernack zu spielen. Er ging an
den See, fing mit einer Schaumkelle alle die kleinen Fischlein,
kaum so groß wie Schuhschwielen, welche sich in zahlloser Masse
am Seeufer aufhalten, zusammen, sammelte sie in einem Fläschchen
mit Wasser, ging in die Wirthschaft und bestellte sich einen
„Schoppen". Als ihn Niemand beobachtete, schüttete er die
Fischchen in den Wein und rief mit unschuldiger Miene dem
Wirth: „Herr Wirth, was haben Sie denn für Wein, daß so
viele Fische darin herumschwimmen?" Die zahlreich anwesenden
Gäste drängten sich herzu um zu sehen, und der Wirth ging
voll Zorn in den Schuppen, um seinen Hausknecht aufzusuchen.
„Du Faullenzer," rief er ihm zu, ihm eine kräftige Ohrfeige
verabfolgend, „bist du zu faul, das Wasser zum Wein am
Brunnen zu holen? Wart', künftig wird die Kellerthüre zum
See hinaus verriegelt; denn solche Verdächtigungen will ich mir
wegen dir, Lump, fürderhin nicht mehr gefallen lassen."
Verantwortlicher Redakteur ».Herausgeber: vr. Rudolf Schädler.
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