Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1877)

m 
v'i. 
diesem Plateau lagern das russische 13., 13. und ein Theil des 
11. Corps. Die Stellung welche von .Belowa im Norden bis 
Bezbunarkiöj im Süden reicht, ist günstig gewählt, um die An- 
näherung der Türken an die Jantra-Linie durch kräftige Vor- 
stoße zu hindern. Indessen die ersten Kämpfe welche stattfanden, 
haben ungünstig für die Russen geendet. Die Vorwärtsbewegung 
der türkischen Armee geschieht in folgender Weise: Der äußerste 
linke Flügel unter Achmed Ejnb Pascha operirt m't der Basis 
Rnstschuk auf der nach Bjela direct führenden großen Straße, 
und die türkischen Vortruppen haben Trsteuik besetzt und Ober- 
tenik erreicht, letzteres nur etwa eine Äeile von Belowa, dem 
nördlichen Endpunkte der russischen Centralstellung auf demPla- 
teau vor Bjela entfernt. Das Corps des Prinzen Hassan, das 
von Popkiöi vorgeht, ist über Kopatze nach Woditza vorgedrungen, 
wo sich jetzt das Hauptquartier befindet, und hat seine Vorposten 
bis Sozdikokiöj, etwa anderthalb Meilen von der Jantra, vor- 
geschoben. Das andere Corps aber unter Assaf Pascha zwischen 
den Corps Achmed Ejnb und des Prinzen Hassan ist vom Lom- 
Fluß bis nach Sinankiöj vorgeschritten, etwa zwei Meilen von 
dem südlichen Ende der russischen Centralstellung bei Bezbunarkiöj. 
Dieß ist das Bild der beiderseitigen Aufstellungen. Am 14. d.. 
unternahmen nun die Russen gegen das von Sinankiöj heran- 
rückende türkische Centrum unter Assaf Pascha einen Angriff. 
Sie stiegen in der Stärke von 32 Bataillonen, 3 Cavallerie- 
regimentern und 8 Batterien von dem Waldplateau herab, durch 
schritten das Thal, bemächtigten sich der dasselbe östlich um- 
säumenden Höhen und begannen die Hügel bei Banitza und Go 
luburnar mit der Richtung auf Sinankiöj zu übersteigen. Die 
Situation muß eine Zeit lang für das türkische Centrum kritisch 
genug gewesen sein. Die Wegnahme von Sinankiöj hätte den 
Rückzug über den Lom zur Folge gehabt, und der linke Flügel 
unter dem Prinzen Hassan wäre getrennt vom Centrum arg ins 
Gedränge gekommen. Assaf Pascha hatte den russischen Kräften 
anfänglich nur 12 Bataillone mit 5 Batterien entgegenzustellen, 
aber er hatte eine feste Position inne. Eine halbe Stunde südlich 
von Sinankiöj erhebt sich ähnlich ein kleines Plateau, welches 
ein fast vollkommenes Dreieck bildet. Von Banitza aus ver- 
suchten die Russen dieses Plateau zu nehmen, das den Schlüssel 
der türkischen Stellung bildete. Allein das Anstürmen der Russen 
blieb vergeblich, und als nach fast einstündigem Kampfe Zabyt 
Pascha mit einer Division als Succurs erschien, 6 Bataillone 
dem Feinde direct entgegenwarf und mit dem Rest der Division 
in die Flanke der Russen bei Goluburnar rückte, ihren Rückzug 
gegen Dasnowkiöj bedrohend, gingen die Russen rasch zurück, 
gegen 1000 Mann an Tödten und Verwundeten auf dem 
Schlachtfelde zurücklassend, worauf die Türken sowohl Banitza 
als Goluburnar besetzten, wodurch sie den östlichen Saum des 
auf die russische Centralstellung führenden Thales in ihre Ee- 
walt bekamen. So zieht sich der Kreis des türkischen gegen die 
Jantra-Linie gerichteten Angriffs immer enger zusammen, und 
in der Gegend von Bjela sind bald alle Ereignisse zu erwarten 
welche darüber entscheiden werden, ob es den Russen noch ge- 
lingen kann, über die Donau zurückzugelangen. 
Ueber die mörderischen Kämpfe bei Plewna kommen endlich 
aufklärende Details. Vor allem meldet unser Speeialcorrespon- 
dent im türkischen Hauptquartier, daß Osman Pascha sich noch 
am 11. Sept. durch einen kühuen Zug Luft im Rücken, gemacht 
hat. Westlich von Plewna, auf der längs des Wid-Flusses 
führenden Straße die nach Sophia geht, hatten die Russen und 
Rumänen bei Dubuik Verschanznngen errichtet welche diese Straße, 
folglich die einzige Rückzugslinie der Türken und den Weg auf 
dem sie Proviant und Munition erhielten, vollständig sperrten. 
Osman Pascha wendete sich nun am 11. d. gegen Dubnik, er- 
stürmte die Verschanzungen, deroutirte das russische und rumänische 
Corps vollständig und eroberte 9 Geschütze. Nichtsdestoweniger 
wurde die Lage Osman Paschas für sehr bedroht erachtet, man 
hielt ihn in Konstantinopel für völlig eingeschlossenem fieber 
hafter Eile wurde in Orkhanie ein Corps zusammengestellt, das 
unter Chakir Pascha den Entsatz von Plewna bewerkstelligen 
sollte. Man hegte nun die Hoffnung, daß sich Osman Pascha 
halten werde bis Chakir Pascha mit dem Entsatzcorps herange- 
rückt sein würde. Die Dinge nahmen mittlerweile eine andere 
Wendung. Während der Großfürst nach seinem Bulletin am 
14. d. so sehr mit der Besichtigung der russischen Stellungen 
beschäftigt war, daß er keine Zeit fand Nachrichten telegraphisch 
nach St. Petersburg abgehen zu lassen, .hatte Osman Pascha 
Vorbereitungen zu einem Offensivstoß gegen die ruffische Ein- 
schließung nach Osten hin getroffen, nachdem er am 11. d. die 
Einschließung gegen Westen durchbrochen hatte. Das russische 
Bulletin behauptet: daß der Angriff Osman Paschas am 14. 
um 6 Uhr Abends gegen die Griwitza-Redonte begann, und 
daß der Kampf gegen halb 10 Uhr - Abends mit dem Rückzüge 
der Türken endete. Das türkische Bulletin dagegen sagt: daß 
Osman Pascha die von den Russen besetzten Redouten mit Sturm 
nahm, 3 Kanonen eroberte und die Russen zum Rückzüge zwang. 
„Die Plewna belagernden Russen fiud somit vollständig geschla- 
gen", fügt das türkische Bulletin hinzu, das den Verlust der 
Russen auf 15,000 Todte beziffert. Am 15. Sept. stand die 
russische Armee noch vor Plewna; ob sie den Angriff noch ein 
Mal wiederholen wird, oder ob sie wirklich so vollständig ge 
schlagen wurde wie das türkische Bulletin behauptet, das werden 
die Nachrichten der nächsten Tage zeigen." 
Die „N. Fr. Presse" meldet aus Bukarest, 17 Sept.: 
„Hieher aus dem russischen Lager zurückgekehrte fremde Militär- 
attachss erklären, daß die Operationen gegen Plewna nicht wieder 
aufgenommen werden, da die Lage des Zarewitsch an der Jantra 
eine sehr kritische ist. Bei Sistowa und Nikopoli werden bereits 
Vorsichtsmaßregeln getroffen um diese Punkte gegen einen Ueber- 
fall zu decken. Eine starke Abtheilung Garde ist hier einge- 
troffen." — Ferner meldet das genannte Blatt: „Bei Plewna 
sollen die Türken am letzten Schlachttage, 15. September, 8000 
Russen zu Gefangenen gemacht haben." 
Um die angeblich von den Russen verbreitete Nachricht zu 
widerlegen, als sei der Sieger von Plewna, Osman Pascha, 
europäischen Ursprungs, gibt die Konstantinopeler „Vöritö" einen 
kleinen Abriß seiner Lebensbeschreibung. Osman Pascha erhielt 
den ersten Unterricht in der Vorbereitungsschule an der sein 
Bruder Hussein Effendi Tokatli Professor des Arabischen war. 
Es hatte ihn dieser Bruder von Tokat eigens nach Konstant!- 
nopel kommen lassen, um ihn unter seine unmittelbare Leitung 
zu nehmen. Er trat daraus in die Militärschule ein, die er 
mit großem Glanz absolvirte. Sein Lieutenantspatent wies 
Nr. 1 für alle Schlußexamina auf. Beim Beginn des Krim« 
feldzngs ward er in die reguläre Armee aufgenommen und mit 
einigen seiner Schulfreunde dem Generalstab in Schumla zuge- 
theilt. Seine oft erprobte Kaltblütigkeit verschaffte ihm bald den 
Hanptmannsrang, und nachdem er als Chef eines Bataillons 
der Kaisergarden den kretischen Aufstand durchgefochten hatte, 
kehrte er mit den Oberst-Epauletten zurück. Während seines 
darauf folgenden Aufenthalts in Konstantinopel avmmrte er zum 
Brigade-General und als Mitglied des Generalstabs des 5. 
Armeecorps zum Divisionsgeneral. Im serbischen Feldzug er- 
hielt er den Oberbefehl über die Division Widdin, zeichnete sich 
in den Kämpfen bei Saitschar ruhmvoll aus und ward vom Sultan 
zum Feldmarschall erhoben. Seine letzten Waffenthaten bei 
Plewna stellen ihn unter die ersten der türkischen Generale. 
Reueste Nachrichten. 
Konstantinopel, 16. September. Osman Pascha hat die 
Russen vollständig geschlagen. In den ersten Kämpfen wurden 
8000 Russen getödtet. Die telegraphische Verbindung zwischen 
Plewna und Orkhanie ist zerstört. Die Russen sollen 15,000 
Todte und doppelt so viel Verwundete haben. 
i
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.