Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1877)

August: um Mukhtar Paschas Aufmerksamkeit von der Bewegung 
deS Generals Tergukassoff gegen Ismail-Pascha abzulenken, führte 
am 18. August General Loris-Melikoff eine Demonstration gegen 
Mukhtar - Paschas Position aus;, dadurch beunruhigt zog der 
Feind fämmtliche weiter hintenstehende Reserven heran, wodurch 
er seine Stärke offenbarte. Nach längerem Artilleriekampfe Haupt- 
sächlich auf unserem rechten Flügel und dem Centrum, und nach 
einigen heißett Scharmützeln mit der Infanterie und Kavallerie, 
welche die Höhen von Bolschaia-Iagua unter dem Befehl des 
Obersten Komaroff umging, bezog unsere Avantgarde beim Dorfe 
Külwerdan ein Lager, während die Hauptmacht nach Kürükdara 
zurückkehrte. Unser Verlust ist folgender: ein Offizier und 60 
Mann sind todt, 8 Offiziere und 270 Mann verwundet. In der 
Nacht auf den 19/20. führte General Dfchawdfchawadfe vom 
Lager Baschkadiglar mit seiner Kavalleriekolonne einen Streifzug 
nach der Ortschaft Bulanoch auf der rechten Seite des Subothen- 
Baches aus, uud überfiel hier die reguläre türkische Kavallerie. 
Der Feind verlor 60 Todte. Außerdem sind 1 Offizier und 6' 
Mann gefangen, Gewehre und andere Waffen erbeutet worden. 
Bei Eröffnung des Feuers der feindlichen Batterie ging unsere 
Kavallerie ins Lager zurück; unser Verlust beträgt nur 2 ton- 
tllsiottirte Offiziere. 
London, 21. August. „Reuters Bureau" meldet aus Kon- 
stantinopel: Der österreichische Botschafter Gras Zichy er- 
klärte dem Minister des Aeußern, Server Pascha: Oesterreichs 
Politik Serbien gegenüber sei durchaus unverändert. — Das tür- 
kische Kriegsministerium trifft die für emen Winterfeldzug erforder 
lichen Vorbereitungen. 
Paris, 21. August. Der „Moniteur" hält die Behauptung 
daß General Ducrot die Artikel des „Figaro" gegen den Kriegs- 
minister Berthaud inspirirt habe, aufrecht. Wie es heißt wird 
aus Offizierskreifen ein offzielles Dementi dieser Behauptung ge- 
fordert werden. 
Cherbonrg, 20. August. Mac-Mahon besichtigte heute das 
Arsenal und die Flotte und wohnte mehreren Torpedo-Versuchen 
bei. Er kehrt morgen nach Paris zurück. 
Verschiedenes. 
* (Der Reblaus-Congreß.) Als Mittel zur Be- 
kämpfung der Phylloxera hat die zu diesem Zweck eingesetzte 
Kommission dem internationalen Congreß in Lausanne zunächst 
Gifte, Unterwassersetzen, Einschaltung abwehrender oder anziehen 
der Pflanzen, die natürlichen Feinve des Parasiten und Düngungen 
vorgeschlagen. Bei Berathung dieser Vorschläge hat der Eon- 
greß die Möglichkeit des Erfolgs des Unterwassersetzens im 
Herbst zugegeben, dagegen die Nützlichkeit der Einschaltung ab- 
wehrender oder anziehender Pflanzen und die Theorie von den 
natürlichen Feinden des Parasiten bestritten, weil, was die letz- 
teren betrifft, diese bei der Behandlung der Wurzeln mit der 
Reblaus zugleich getödtet werden, man ferner keinen Einfluß auf 
ihre Vermehrung hat und sie selbst auch nicht ihre Nahrung zer- 
stören; denn wenn sie dieß thäten, so würden sie sich selbst ver- 
mchten. In Betreff der Düngungen ist der Cöngreß der Ansicht, 
daß sie die.Pflanze zwar zeitweis erhalten, aber nicht heilen 
können, weil sie das Insekt nicht tödten. Behandelt man die 
insicirten Reben unter der Erde mit Gift oder mit einem andern 
Mittel, so hat man vor allem den Einfluß des Klimans auf das 
Insekt, die Natur und Durchdringlichkeit des Bodens, den Zu- 
stand der Pflanze und ihre Einwurzelung, ob diese mehr' oder 
weniger tief ist, genau zu beobachten, damit man bestimmen kann 
wann die Behandlung vorzunehmen und welche Mittel und in 
welcher Dosis dieselben anzuwenden sind. Handelt es sich um 
die Vertilgung d. werdenden Insekts unter der Erde, so ist der Congreß 
der Meinung, daß das jenige Mittel das beste ist, welches auf die 
Puppen zunächst der Oberfläche des Bodens am schnellsten und 
in weitestem Umfange wirkt; ist der Angriff außerhalb der Zeit 
des Eierlegens aus das tiefer in der Erde liegende Insekt radi- 
cikoler Form gerichtet, so hat man demjeni gen Mittel den Vorzug 
zu geben, dessen Wirkung die energischste und die am längstem 
dauernde ist Bei der Behandlung unter der Erde hält dsr 
Congreß das Entrinden und Anstreichen der Reben mit Gift für 
überflüssig; auch die stets theure Operation des Besprengens der 
Pflanzen mit Gift glaubt er nur ausnahmsweise empfehlen zu 
können; dagegen kann, das mechanische Einführen eines Giftes, 
z. B. kohlensauren Schwefels, in den Boden zu jeder Jahreszeit 
von bestem Erfolg sein. Will ^man aber, daß die Behandlung 
im Sommer überhaupt nicht fruchtlos fei, so muß man ihre 
Wirkung vom ersten Augenblick an, sowie deren Dauer, auf daS 
genaueste beobachten, damit man die Zahl der jährlich unter den 
verschiedenen Verhältnissen zu machenden Operationen und dew 
Moment ihrer Ausführung richtig bestimmen kann. Die Frage': 
welches Gift gegen das Winter-Ei sich am wirksamsten zeigt, 
wird der Congreß erst nach dem Berichte der wissenschaftlichm 
Kommission berathen. 
* * 
* 
* Genf. Letzten Mittwoch versetzte ein Fall von Gatten- 
und Selbstmord das Quartier Paqnis in Genf in große Auf- 
regung. Ein junger Mann, Namens I. C., 25 Jahre alt, 
welcher von seiner Frau getrennt lebte, hatte seltten Wohnsitz in 
Collonge am Jura, während seine 21jährige Frau bei ihren. 
Eltern in Paqnis. Gemeinde Petit-Saconnez, wohnte. Am 
Mittwoch nun war C. mit seiner Frau vor dem Staatsanwalt 
erschienen, um diese zu zwingen, wieder mit ihm zusammen zu 
leben. Es ist nicht bekannt, welches das Resultat dieses Vor- 
standes war; aber gegen 5 Uhr Abends drang C. in das Haus 
der Eltern seiner Frau an der Rue du Prieuo während der 
Abwesenheit der ersteren, so daß Frau C. unglücklicherweise allein 
zu Hause war. Bald zog der Knall mehrerer Schüsse die Auf- 
merksamkeit der Nachbarn auf sich, und es ergab sich, daß E., 
nachdem er mit einem großkalibrigen Revolver zwei Schüsse auf 
seine Frau abgefeuert, die Waffe gegen sich selbst gerichtet und 
der dritte Schuß ihn neben sein Opfer zu Boden gestreckt hatte. 
Als die schnell herbeigerufene Polizei an die Unglücksstätte kam, 
war Frau C. bereits todt, da die zwei Kugeln, die ihr in's Ge- 
nick gedrnngeu, ihren plötzlichen Tod herbeigeführt hatten, und 
bald nachher erlag auch C. selbst dem heftigen Blutverluste <ut& 
der Wunde, die er sich am Schlafe beigebracht hatte. 
Verantwortlicher Redakteur u. Herausgeber: vr. Rudolf Schädler. 
Thermometerstand nach Reanmnr in Badnz. 
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V 
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fast bedeckt 
tt 
21. 
+16 
+ 23 
+ 17 
fast hell. 
Telegrafischer Kursbericht von Wien. 
22. August Silber . .. . 106.— 
20-Frankenstück 9.69 
100 Reichsmark 59.30 
London 121.— 
Druck von Heinrick Graff in Feldkirch.
	        

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