Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1877)

Brauerei in New-Iork. Heute hat die letztere Stadt nicht we- 
niger als 37 Brauereien aufzuweisen und diese produziren jähr- 
lich mehr als eine Million Fässer Bier. Georg Ehret verkaufte 
im verflossenen Jahre nicht weniger als 132,000 Fässer. Nach 
ihm folgt Ruppert mit 74,000 Fässern. Die Gebr. Schäfer, 
die Gründer der ersten New-Uorker Brauerei, setzten im ver- 
gangenen Jahre 45,000 Fässer ab. Es ist wohl kaum nöthig 
zu bemerken, daß sämmtliche Bierbrauer Deutsche sind! Die 
meisten sind im Laufe der Zeit reich geworden. Das Kapital, 
welches Ehret zur Zeit in seiner Brauerei angelegt hat, beläuft 
sich auf eine Million Dollars. Als er vor 11 Jahren sein 
Geschäft begründete, mußte er Anleihen machen, um die ersten 
Monate mit heiler Haut durchzukommen. Ruppert's Brauerei, 
die im Jahre 1867 gegründet wurde, hat gegenwärtig einen 
Werth von 750,000 Dollars. Ein anderer Brauer, der in 
demselben Jahre anfing, hat sich bereits als reicher Mann ins 
Privatleben zurückgezogen und sein Nachfolger setzt das Geschäft 
mit einem Kapital von 400,000 Dollars fort. Im ganzen genom 
men beträgt das Kapital, das in den Brauereien der Stadt 
New-Iork allein angelegt ist, nicht weniger als 8,000,000 Doll. 
Die in diesen Brauereien beschäftigten Arbeiter verdienen 68 
bis 75 Dollars per Monat und können selbstverständlich so viel 
Bier krinken, als sie wünschen. Ihre Arbeitszeit ist sehr lang, 
sie sind an jedem Tage 15 — fünfzehn — Stunden beschäftigt. 
Ein Arbeiter, der nicht mehr als 20 Glas Bier im Tag trinkt, 
wird als sehr mäßig betrachtet. Manche trinken 50 bis 60 und 
andere bringen es bis auf 100 Gläser. Rupperts Arbeiter ver- 
tilgten im verflossenen Jahre auf Kosten der Firma 800 Fässer. 
Fast alles (?) Bier, welches heutzutage gebraut wird, so 
meldet die „Hartford Times", der wir diese Notizen entnehmen, 
wird mit chemischen Präparaten versetzt, um eine hübsche Farbe 
zu erhalten. Die Brauer gestehen, daß sie Chemikalien benutzen, 
behaupten aber, daß das Bier dadurch verbessert wird. Die ver- 
schiedenen Biere sind jedem Gambrinus-Verehrer so wohl bekannt, 
daß derselbe beim ersten Zuge sagen kann, ob er Ehret's, Rup- 
pert's, Clansfen's oder das Bier eines andern trinkt. Einige 
der New-Dorker Brauer benutzen Croton-Wasser, während andere 
ihr Wasser aus artesischen Brunnen beziehen. Eine Firma hat 
kürzlich einen derartigen Brunnen graben lassen, der täglich 
200,000 Gallonen Wasser liefert. 
Schweiz. Tarasp, 8. August. (Ein bedauerlicher 
Unglücksfall) hat sich gestern Abends halb 8 Uhr zwischen 
Ardez und Tarasp bei der Flueler-Post ereignet. Bereits vor 
14 Tagen war die von Schuls kommende Post kurz hinter dem 
letzten Wirthshause vor der Paßhohe umgestürzt, wobei die Pas- 
sagiere mehrere größere und kleinere Beschädigungen erlitten. 
Ueber diesen Vorfall wurde in den Zeitungen nichts berichtet. 
— Gestern nach 7 Uhr Abends saßen nun die Kurgäste wie 
gewöhnlich vor dem Kurhause versammelt, um die von Samaden 
und Landquart ankommende Post zu erwarten, als plötzlich ein 
Bote athemlos daher rannte, nach Aerzten rief und meldete, der 
große fünfspännige Postwagen sei kaum 10 Minuten von hier 
sammt Kondukteur, Postillon, Passagieren und Pferden in den 
Inn hinuntergestürzt. Man kann sich die Aufregung unter den 
hiesigen Fremden denken. Sofort eilten fünf Aerzte an die Un- 
glücksstelle, Glücklicherweise — so berichtet einer dieser Aerzte 
an das St. Galler Tagbl. — war der Postwagen nicht ganz 
in den Inn hinuntergerollt, sondern an einer ziemlich steilen 
circa 12 Meter hohen Böschung im ersten Drittel merkwürdi- 
gerweise hängen geblieben. Immerhin waren alle Reisende mit 
Ausnahme des Kondukteurs mehr oder weniger verletzt, am Mei 
ster die Jnsaßen der Banquette, Herr Dr. Muth und Frau aus 
Bonn, welche beide in den Inn hinuntergeschleudert wurden und 
erst aus dem wilden Wogenschwall desselben gerettet werden 
mußten, wobei sich ein italienischer Straßenarbeiter besonders 
hervorthat. Beider Verletzungen find trotzdem nicht lebensge- 
fährlich, nebst Hautwunden, starken Kontusionen, Verstauchungen, 
hat allerdings die Frau Muth den stärksten Ehoc erlitten, indem 
2 — 
bei ihr nachher Bluthusten eintrat. Sie befindet sich aber jetzt 
verhältuißmäßig sehr gut. Der Abt Birker von Dissentis, im 
Interieur sich befindend, erlitt einen Schlüsselbeinbruch. Drei 
Pferde blieben oben und nur eines wurde in den Fluß durch 
Abreißen geworfen, aber'wieder lebend herausgebracht. Der Post- 
wagen hat an einer Stelle der Straße, wo an deren Anfdam- 
mung wegen vorhergehender Abrutschung gearbeitet wurde, und 
wo sie nota bene ganz eben ist. durch theilweise Unvorsich- 
tigkeit des Kondukteurs und des Postillons ohne Anfahren und 
ohne Achsenbruch das Uebergewicht nach dem Fluß bekommen. 
Die übrigen Passagiere und der Postillon kamen leichter weg 
und werden in wenigen Tagen sich erholt haben. Letzten r war 
jedenfalls nicht ganz nüchtern und damit soll der bei den Kon- * 
dnktenren und Postillonen grassirende Uebelstand berührt werden, 
fast an allen Stationen dem Wein zuzusprechen, besonders wenn, 
wie es fast immer der Fall ist, etwa ein mitfahrender Reisender 
den generösen Spender macht. Die versäumte Zeit wird dann 
durch schnelleres und kühneres Fahren natürlich wieder eingeholt; 
es herrscht darüber nur eine Stimme bei allen Reisenden. Es 
muß in dieser Beziehung durch eine strengere Verordnung, oder 
wenn sie existirt, durch eine strengere Handhabung derselben ab- 
geholfen werden. 
* Welche Folgen der Genuß nicht völlig ausgereister Kar- 
toffeln haben kann, hat vor einigen Tagen eine Familie in 
Mezingen (Württemberg) auf bittere Weise erfahren, und es 
möchte dieser Fall sehr zur Vorsicht mahnen. Eine Schüssel 
mit amerikanischen Rosenkartoffeln kam zum erstenmal auf den 
Tisch, und jedes der Familienglieder aß einige Stücke dieser ein- 
ladenden Früchte, die freilich noch etwas wässerig waren. Schon 
nach wenigen Stunden wurden Vater, Mutter und eine Tochter 
von großer Uebelkeit befallen, worauf heftige Brechruhranfälle 
folgten, so daß sie einen Tag das Bett hüten mußten. Zwei 
jüngere Kinder, die ebenfalls gegessen hatten, kamen etwas 
leichter davon. 
* Zu Smichow in Böhmen hat die 40 Jahre alte Frau 
des Wundarztes Strobl am letzten Dienstag Nachmittag, nach- 
dem ihr Gatte die Wohnung verlassen hatte, dessen Apotheker- 
kästen erbrochen, daraus Arsenik, Blausäure und Strichnin ge 
nommen, dies in Erdbeeren und Kaffee gemischt und diese 
Mischung ihren drei Kindern, einem vierjährigen Mädchen, einem 
sechs- und einem einjährigen Knaben, verabreicht, worauf sie sich 
selbst vergiftete. Der zurückgekehrte Gatte sprengte die versperrte 
Thür und fand die Kinder todt. Am Boden lag die Frau, sich 
krümmend, noch am Leben. Als Ursache der That gab sie Roth 
und Verzweiflung an. Sie wurde in das Krankenhaus geschafft, 
wo sie am 1. ds. starb. 
Verantwortlicher Redakteur «.Herausgeber: 0r. Rudolf Schädler. 
Thermometerstand nach Reaumur in Baduz. 
Monat 
Morgens Mittags 
7 Uhr 12 Uhr 
Abends 
6 Uhr 
Witterung. 
August 
8 
-j-16 + 21 
+ 17 
halb hell 
tt 
9. 
+12 V2 + 16 % 
+ 15*/2 
ff ff 
ff 
10 
+12 V 2 + 17% 
+ 16 
tf ff 
ff 
11 
+13% + 19 
+ 14^2 
fast trüb 
tt 
12. 
+12 + 16 
+ 15 
hell 
ff 
13 
+ 9% + 17 
+ 18 
tt 

14 
+ 153/4 + 21 
+ 17 
fast trüb. 
Telegrafischer Kursbericht von Wien. 
14. August Silber 105.25 
20-Frankenstück 9.71 
100 Reichsmark 59.30 
London 120.50 
Druck von Heinrich Graff in Heldkirch.
	        

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