Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1877)

Liechtensteinische 
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Fünfter Jahrgang. 
Baduz, Freitag 
Ikr. 4. 
de« 26. Jänner 1877. 
Redaktion in Vaduz oder bei den betreffenden Postämtern. — Ginrückungsgebühr für die sgespaltene Zeile 5 kr. — Briefe und Gelder 
werden franco erbeten an die Redaktion in Vaduz. 
Amtlicher Theil. 
Gesetz 
betreffend die Ausschreibung neuer LandtagSwahlen und die 
Sistirung des MünzgefetzeS vom 31. Dezember 1876. 
Ich verordne: 
Artikel 1. 
Der Landtag ist wegen der erfolgten ManvatSniederlegung 
von Seite der Abgeordneten als aufgelöst zu behandeln. 
Artikel 2. 
Die Regierung wird beaustragt, sofort Neuwahlen auSzu- 
schreiben. 
Artikel 3. 
Dem nächsten Landtage ist das Gesetz vom 31. Dezember 
v. I. (Jahrgang 1877 Nr. 1) betreffend die Regelung der 
Valuta zur nochmaligen verfassungsmüßigen Behandlung mit- 
zutheilen. 
Artikel 4. 
Die Durchführung des im vorstehenden Artikel erwähnten 
Gesetzes wird bis auf Weiteres sistirt. 
Wien, am 18. Jänner 1877. 
Johann m. p. 
Carl von Hausen m. p. 
LandeSverweser. 
Nichtamtliche Anzeigen. 
Concurrenz-Eröjfnung. 
Zur Erstellung nachfolgender Gebiiulichkeite» wird hie- 
mit Coneurrenz eröffnet, nämlich: Mühle, Wohnhaus, ferner 
ein HauS für Bäckerei, Stallung und Remise. 
Baumeister, welche diese Arbeit zu übernehmen gedenken, 
werden höflich eingeladen, ihre Offerten beförderlichst einzuge- 
ben. Plan und nähere Bedingungen können eingesehen werden 
bei dem Unterzeichneten. 
GrabS, 19. Jänner 1877. 
B. Sprecher. 
Die Borwürfe und Vorurtheile gegen 
das Münzgefetz. 
ES wird am Platze sein, über diese Sache Aufklärung zu 
bieten, um sowohl den Gegnern des Gesetzes manche Unrichtig 
keiten in ihrer Auffassung klarzulegen, als auch um die Freunde 
des Gesetzes auf einige Punkte, die bei nochmaliger verfaffungS- 
müßiger Durchberathung des MünzgefetzeS zu verbessern resp. 
abzuändern wären, hinzuweisen. 
Der Zweck, den Schreiber dieses mit dieser Beleuchtung im 
Auge hat, ist somit ein rein sachlicher und von dem Wunsche 
beseelt: eS mögen diese Zeilen der Anlaß werden, verworrene 
Begriffe und fälsche Auffassungen über diese Frage möglichst 
zu beseitigen. — 
Wohl der hauptsächlichste Vorwurf gegen das Münzgesetz 
gipfelt in dem landläufigen Satze: „Der Kapitalist gewinnt 
d. h. der Schuldner verliert durch vaS neue Münzgesetz". 
WaS vorerst die sogenannten „alten Kapitalien" betrifft d. 
h. diejenigen, die vor der Zeit der Silberentwerthung also vor 
1374 angelegt wurden, so glaube ich kaum: daß irgend ein 
ehrlicher Schuldner behaupten wird: diese Kapitalien erhalten 
NW einen unrechtlichen Gewinn, weil ste wieder in ihren «r- 
sprünglichen frühern Werth zurückversetzt werden. Im Gegen- 
theil Haben alle alten Kapitalien während der letzten 3 Jahre 
verloren, indem Capital-Zinsungen und Abzahlungen mit ent- 
wertheten Gulden geleistet werden konnten, während sie doch in 
vollwerthigem Gelde angelegt wurden. 10V sl. bleiben vor wie 
nachher 100 fl., aber wieder mit dem streng rechtlichen Be- 
dingnisse, daß die Zahlung mit vollwerthigem Gelde abgestattet 
werde. Die „alten Capitalien" kommen somit nur wieder durch 
die Münzregelung zu ihrem ihnen rechtlich und moralisch zu- 
kommenden Vollwerthe. 
Die „neuen Capitalien" hingegen d. h. jene, die erst in 
den letzten 3 Jahren als in der Zeit der allmählig steigenden 
Silberentwerthung angelegt wurden, treten in andere GestchtS- 
punkte. Streng rechtlich genommen, würde übrigens auch die- 
sen die Vollwerthigkeit zukommen und zwar: weil der Gläu- 
biger während dieser 3 Jahre den Verlust an alten Forderun- 
gen sowohl bei ZinS- als Capitalzahlungen allein zu tragen 
hatte und umgekehrt der Schuldner den Gewinn zog. Ande- 
rerfeitS käme jetzt mit der Münzregulirung der Schuldner zur 
gegenseitigen Schadenausgleichung zum Verluste. Ich möchte 
jedoch nicht diesen streng rechtlichen Standpunkt vertreten, son- 
dern bezüglich der „neuen Capitalien" dem Schuldner gegen- 
über billige und schonende Rückstcht anempfehlen. Das Münz- 
gesetz hat nun auch wenigstens zum Theile solchen Rücksichten 
Rechnung getragen und bestimmt: daß Darlehn aus dem Jahre 
1876 bis Ende Juli 1877 mit österreichischen Silbergulden 
im Vollwerthe beglichen werden können. Schreiber dieses möchte 
hierin noch weiter gehen und den Wunsch aussprechen: eS möge 
dieses Zugeständniß auch auf die Jahre 1875 und 74 mithin 
auf die ganze Zeit der Silberentwerthung ausgedehnt werden, 
und zudem der Termin der Rückzahlung mindestens auf ein 
Jahr verlängert werden. Damit, freilich wird der Schaden, 
den der Gläubiger bereits hatte, nicht mehr ausgeglichen; aber 
der Gläubiger kann eher ein Opfer bringen, als der Schuld-
	        

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