Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1877)

Vom Kriegsschauplatz». 
Ueber den in den letzten Tagen erfolgten Uebergang der 
Russen über die Dsm bei Aalatz ist vom 24. Juni folgende 
offizielle HaHrichf dem ruWchen HauphWartier Hlze^ 
ttvW" - D«r «owMYd'ur d» OigM der M' In. 
faiiterie-Divifilon, Eeneralmajor Iukoff, meldet Über die erfolg- 
reiche Ausführung der ihm übertragenen schweren Aufgabe, von 
Galatz auS die Donau auf Booten zu überschreiten und die 
auf dem rechten Ufer liegenden Höhen von Budschak zu besetzen, 
folgendes: In der Nacht vom 21. zum 22. d. wvrdey in 
Gegenwart deS Kommandeurs deS 14 Korp, Generallieute- 
nantS Zimmermann, je 5 Kompagnien der Rjäfan'schen und. 
RjaSki'schen Regimenter auf Booten übersetzt. Die zuerst qn- 
gekommenen Rjäfan'fchen Kompagnien wurden von den Türken 
auS deren LogemeytS mit heftigem Feuer empfangen, griffen 
aber die Höhen muthig an und verdrängten den Feind. Zuerst 
lÄndeten die Lieutenants ElSner und Iukoff. Der Versuch der 
feindlichen Kavallerie den rechten Flügel unserer an Zahl ge- 
ringen Infanterie anzugreifen, wurde durch die herbeigeeilten 
Kompagnien des RjaSki'schen Regiments zurückgewiesen. Ge^en 
7 Uhr Morgens erneuerte der Feind, der inzwischen Ver< 
stärkungen erhalten hatte, den Angriff auf unseren rechten 
Ungel. Der heftige Kampf dauerte biS zum Mittag Da bei 
unseren Truppen weder Kavallerie noch Artillerie war, so 
ckußte die Infanterie die türkische Kavallerie mit dem Bajonett 
Angreifen. Nachdem jedoch ein russisches Geschütz eingetroffen 
WM, nahm der Kampf einen anderen Verlauf, die Türken 
stellten ihre Feuer ein und zogen sich zurück. Die russischen 
Truppen wurden durch die übrigen Theile der Brigade ver 
stärkt und faßten auf den Höhen von Budschak festen Fuß 
An diesem Kampf standen 10 Kompagnien Russen gegen 
3000 Mann türkischer Infanterie, 300 Mann Kavallerie und 
2 Geschütze. Unsere Truppen zeigten eine bewundernswürdige 
Tapferkeit. Unser Verlust betrügt 7 Offiziere und 4 t W. 
Men an Todten und 2 Offiziere und 98 Soldaten.... an "ver 
wundeten. — Ueber den Kampf bei Budjak sind von1 dem 
General Zimmermann weitere Mittheilungen eingegangen, nach 
welchen derselbe am 23. d, Nachmittags 3 Uhr, mit dem 
Börodlno'schen Regiment aus Dampfdarken in Matschin «in. 
traf. Die Stadt, welche von den Türken verlassen war, wurve 
von den Unsrigen ohne Kampf besetzt. Die Geistlichkeit, sowie 
die christlichen Bewohner empfingen daS Regiment in feierlicher 
Weise unter Beantragung von Kreuzen und Heiligenbildern. 
DaS Regiment zog mit entfalteten Fahnen unter den Klängen 
dep Nationalhymne in die Stadt ein und verbleibt daselbst. 
Mendorthin wird die Brigade deö Generals Iukoff vorrücken. 
ES sind die Borkehrungen getroffen um eine für Wagen fahr- 
bare Straße zwischen Matschin und Braila herzustellen. — 
Die Dampfer „Constantin" und »Wladimir" haben neue Ex- 
eurfionen ins Schwarze Meer gemacht, ersterer an der anato- 
lischen, letzterer an der rumelischen Küste. Am 20. d. wurden 
4 türkische Kauffahrer durch den „Constankin" in den Grund 
gebohrt, nachdem die Besatzung derselben anS Land gesetzt war. 
Der „Constantin" kehrte nach Sebastopol, der „Wladimir" am 
22. d. nach Odessa zurück. Letzterer brachte die türkische Brigg 
„Astan Brachvi" als Prise zurück, dieselbe hatte eine Besatzung 
von 16 Mann und war 30 Meilen von Varna ausgebracht 
worden 
Die „Pol. Korr." bringt, wie sie sagt auS „kompetentester 
Quelle", dke nachfolgenden Mittheilungen zur „militärischen 
Lage in der Dobrudscha": „Durch die Ueberschreitung der 
Donau zwischen Braila und Galatz und in der Gegend von 
Hirsowa find die Russen mit einem Schlage Herren der 
Dobrudscha geworden. Sie standen am 21. d. mit einer 
Armee-Division bei Ismail Kilia, mit einem kompleten Armee- 
Corps bei Galatz und Braila, endlich mit einer Armee-Division 
gegenüber Hirsowa, und verfügen demnach auf dieser Donau 
strecke über 60—70,000 Mann. Ein weiteres Armee-Corps, 
über dessen Bestimmung außer dem russischM Hrmee?IyW 
mando wohl niemand sonst Kennmiß haberi tqny, iß Ms 
dem IWeip Rußlands iM Hnzuge Sollten es die UmftänDe 
erheiMz», ^ daß MeS CorW an M Untere DMustrecke 
dirigU cherde, so würde die russische Truppenstärke daselbst 
M etwa 100,000 Mann steigen — eine Macht, welcher die 
Türken in dieser Gegend schwerlich eine ebenbürtige entgegen- 
stellen können. Die Türken haben in der Dobrudscha nur 
etwa 15,0Q0 Mann, von denen ein großer Theil in den 
festen Plätzen und Positionen an der Donau vertheilt war 
und der Rest in der Gegend von Babadag in Reserve stand. 
Zhre Hauptkraft befindet sich in den Festungen Rustschuk, 
Silistria, Schumla, Varna und dem durch diese Festungen 
begründen Räume (dem sogenannten FestungSvicreck). von 
den hier coneenirirten Truppen wird aber kaum etwas gegen 
die dobrudscha in Verwendung kommen können, da mittler- 
weile die russische Hauptkraft an anderen Punkten den Donau» 
Uebergang bewerkstelligt und daS GroS der türkischen Armee 
auf sich gezogen haben dürfte — falls eS die Türken über- 
Haupt angezeigt finden dem Feind in offener Feldschlacht ent 
gegenzutreten." 
Die Russen gehsn >pit einer bezeichnenden Neuerung vor, 
indem im Hauptquartier selbst eine Leitung erscheinen soll. 
Der Oberstkommandirende der Südarmee hat befohlen bei dem 
Stabe der Armee ein „fliegendes KriegSblatt" herauszugeben 
nach folgendem Programm: !) Armeebefehle, 2) Listen der 
Belohnungen, 3) Nachritten von den Kriegsschauplätzen, 4) 
Telegramme auS dem europäischen Rußland, 5) genaue Nach- 
richten über Verwundete, Gefallene und Gestorbene, 6) Privat- 
anzeigen. 
AuS Delibaba, 19. Juni, geht dem „Daily Tele- 
graph" über die Niederlage der Türken in der schlecht bei 
vorgenanntem Orte folgender Bericht zu: 
„Am Donnerstag näherten die Russen sich Sedekan. Die 
Türken zogen sich nach Thaha zurück. Am folgenden Morgen 
6 Uhr entwickelten die Russen sich weiter gegen Eedekan; 
die Türken rückten ihnen mit 6 Batterien, allen verfügbaren 
Feldgeschützen und drei Gebirge kanonen entgegen. Zwei Bat- 
terien und 6 Bataillone wurden zum Schutz der Straße 
zurückgelassen, und eine Reserve blieb im Dorfe zurück. Um 
Mittag trafen die Gegner.ungefähr 6 Meilen von Tbaha 
zusammen. Bald nachher eröffneten schwere russische Geschütze, 
von einer gebietenden Position auf einem Hügelrücken aus, 
ein wohlgezieltes Feuer auf die von den Türken besetzte An- 
höhe, während dessen die englischen Militärbevollmächtigten, 
Sir Arnold Kemball und Capitän Norman, in beUächliche 
Gefahr geriethen und ein türkischer Oberst getödtet ward. 
Am Sonnabend Morgens 6 Uhr machten sechs russische In- 
fanterie-Colonnen eine allgemeine Vorwärtsbewegung unter 
dem Schutz eines bestigen Artilleriefeuers, dessen Granaten 
-indessen zu kurz fielen. Die Türken eröffn.ten auf sie ein 
stetiges und wirksames Feuer. Der Feind drang indessen vor 
und überschritt den Hügelrücken zwischen den beiderseitigen 
Stellungen, eine starke Abtheilung zur Umgehung der türki- 
schen rechten Flanke entsendend. Zwei Stunden .lang hielten 
die Türken bei ihren Geschützen unter dem vernichtenden Feuer 
der russischen Artillerie mit bemerkenSwerthem Muth auS. Mit 
großem Geschick daS Terrain benutzend und rasch Schützen- 
aräben aufwerfend, zogen die russischen Schützenketten näher 
yeran. So litten sie wenig von dem gutgerichteten Feuer der 
Türken. Um 9 Uhr brachten die Russen vier Feldgeschütze 
auf eine Anhöhe, welche ihnen ermöglichte nahezu die ge- 
ßammte Front der türkischen Stellung zu bestreichen. Von 
Diesem Augenblick an ward der Verlust der Türken groß. Ihre 
Artillerie wurde vertrieben und die Infanterie fast gänzlich 
ohne Schutz gegen das feindliche Geschützfeuer gelassen.
	        

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