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Goldwährung hatte zur Folge, daß die österreichischen Gulven
und Viertplguldea ihren Münzwerth ganz verloren und auf
den bloßen Metallwerth heruntersanken.
In Oestexreich herrscht bekanntermaßen die Papiervaluta;
die österreichischen Gilbergulden und Viertelgulden werden nur
noch im Fürstenthum Liechtenstein voll angenommen. Die Folge
davon ist, daß diese Münzsorten in großen Massen in'S Land
strömen und jede andere Münze verdrängen. Liechtenstein kann
den österreichischen Gulden und Viertelgulden im Berkehr mit
Süddeutschland gar nicht mehr und im Verkehr mit der
nachbarten Schweiz nur mit einem Verluste von 8% anbringen.
Wenn Oesterreich den SilberkurS einführen würde, würden seine
Gulden und Viertelgulden im Verkehr mit dem Auslände
wieder den vollen Münzwerth erlangen. In nächster Zeit ist
jedoch dazu keine Aussicht vorhanden und Liechtenstein sieht sich
daher genölhiget, um sich vor weiteren Münzverlusten sicher zu
stellen, die österreichischen Silbergulden und 'Viertelgulden außer
KurS zu setzen. Nur die österreichischen VereinSthaler!, welche
in der Schweiz und im deutschen Reiche voll gelten, können
aiS gesetzliches Zahlungsmittel im Lande beibehalten werben.
Die Regulirung des LandeSmünzwesenS ist nicht nur nothwendig,
sondern auch sehr dringlich, weil jeder Tag den LandeSbewoh»
nern im Verkehre mit der Schweiz und Deutschland Verluste
bringt.
Durch den Artikel XI? deS österreichisch - liechtensteinischen
Zollvertrages vom 23. Dezember 1863 ist zwar Liechtenstein
an das österreichische Münzsystem gebunden; allein da Oesterreich,
wie verlautet, im Begriffe steht, die Zölle in Gold statt in
Silber einHeben zu lassen, wird eS dem Fürstenthum Liechten
stein kaum die Zumuthung machen können, die entwertheten
österreichischen Silbergulden und Viertelgulden als Landesmünze
beizubehalten."
Per Landtag nahm dann einstimmig diesen Beschluß an.^
Die darauf erfolgte höchste Resolution des Fürsten ging
aper dahin, daß der noch in Wirksamke t stehende an das öfter,
reichische Münzsystem gebundene Zollvertrag jetzt noch keine
Aenherung deS MünzwefenS gestatte.
In der LandtagSsitzung vom 19. Oktober 1875 wurde so-
dann mit allen gegen 4 Stimmen eine Adresse an Seine
Durchlaucht in Sachen deS LandeömünzwesenS beschlossen.
In derselben werden die Gründe, welche die Landesvertretung
bewogen, schon wieder die Angelegenheit deS MünzwefenS vor-
führen zu müssen, angegeben, und vorerst dahin erörtert, daß
für daS Jahr 1876 die Möglichkeit einer Prolongiruug deS
bestehenden Zollvertrages vorliege und daß für diesen Fall doch
jener Artikel 12 deS Zollvertrages von 1863, welcher das
Fürftenthum an daS österreichische Münzsystem bindet mit 1.
Januar 1876 außer Kraft gesetzt werde. Die hauptsächlichsten
Motive waren kurz folgende:
1. Sowohl im Jahre 1852 und 1863 bei Gelegenheit der
damaligen Zollvertragsverhandlungen wurde bei Feststellung des
Artikels 12 deS Vertrages die Beibehaltung deS damals noch
vollwerthigen Silbergeldes gegenüber der den CurSschwankungen
unterworfenen Banknote für daS Fürstenthum zugesichert. Dem-
nach erscheinen die Gründe, welche damals für die Erhaltung
einer stabilen Münze sprachen, auch jetzt gegenüber dem ent-
wertheten österr. Silbergulden als stichhaltig.
2. Wird angeführt, daß Liechtenstein die meisten zum Ex-
port gelangenden Produkte und hauptsächlich die Lebwaare zum
größten Theil nach der Schweiz absetze. ES konveniere daher
auch am Besten die Annahme der in der benachbarten Schweiz
bestehenden Krankenwährung.
3. Wird der Nachweis geliefert, daß durch die Entwertung
deS österreichischen SilberguldenS der F. L. Sparkassa, den öf
fentlichen LandeSfonden und den im Lande angelegten Kapita
lien älteren Datums bedeutende Verluste drohen. Der Verlust
nur mit 10% berechnet, welcher dem Privatkapital der Kirchen
und Pfrundfonden mit einem Schlage durch die Güldenen^
werthung droht, wird auf circa 100,000 ff. (refp. b. 20%
auf 200,000 ff) (Ich belaufend angegeben. —
Auf diese Adresse lautete dieZhohe fürstliche Antwort; daß
die Atünzfrage mit den unmittelbar bevorstehenden ZollvertragS-
Verhandlungen abgewickelt werden solle. Die Verhandlungen
zogen sich länger, alS man erwartet hatte, hinaus, und der
Entscheid resp. der Abschluß deS neuen Zollvertrages mit der
dieSbeWglichen Abänderung, laut welcher dem Fürstenthum
Liechtenstein die Freiheit in der Regelung seiner Landeswährung
gewährleistet wird, erfolgte erst gegen Mitte vorigen Monates.
Svgleich legte die hohe fürstl. Regierung dem Landtage einen
Münzgesetzentwurf vor. Mittlerweile hatte die untere Land-
schaft eine Petition gegen die Münzreform vorbereitet und die-
selbe dem Landtage eingereicht. Auf Grund dessen wurde die
Beschließung dieses Gesetzes im Landtage vertagt, und mit den
vier gegnerischen Abgeordneten vom Unterlande in der Kom
mission Ssi Jung vom 20. Dezember folgende Abänderungen ver-
einbart.
1. Der Einführungstermin der neuen Währung vom 1.
Januar wird auf den 1. Februar 1877 verlegt.
2. Art. 3 deS Münzgesetzes wird dahin abgeändert, daß
Gelddarlehen, welche im Jahre 1876 auf österreichische Silber-
Währung lautend gemacht wurden, bis zum 16 Juli 1877 mit
österreichischen Silbergulden tm Vollwerthe zurückbezahlt werden
können Die vier Abgeordneten deS EschnerbergeS (Oehri,
Heeb, Matt und Kaiser) gaben auf Grund diescS CompromisseS
mit Handschlag das Versprechen ab, in der folgenden Land-
tagSsttzung unter den von der Commission beantragten Abän-
derungen für den Münzgesetzentwurf zu stimmen.
In der kozymenden LandtagSsitzung (23 Dezember) wurde
daS Münzgesetz einstimmig angenommen; jedoch waren die
obigen vier Abgeordneten nicht erschienen, sondern hatten statt
dessen die Anzeige ihrer MandatSniederlegung eingebracht. Die
Bestätigung der MandqtSniederlLguW wurde nicht ertheilt, weil
die Begründung als nicht stichhaltig genug angesehen' wurde,
„insofern die Aufgabe deS Abgeordneten mehr an seine perfön-
liebe Ueberzeugung alS an gewisse Volksstimmungen gebunden
sein soll." —
Am 3l. Dezember ist daS neue Münzgesetz, auch von Sn
Durchlaucht dem Fürsten sanktioniert worden. —
So hatten unserFürst, dieRegierung undder
Landtag durch ihr verfassungsmäßiges Zusam
menwirken endlich dasjenige erreicht und gefetz-
lich bestimmt, waS vor 2 und 3 Jahren daS Volk
allgemein wünschte und der Landtag einhellig
im Ju»vl 1874 anstrebte, waS dann mit überwie-
gender Mehrheit (11 gegen 4) vor einem Jahre (19.
Oktober 1875) in der Adresse an unseren Fürsten
zum Ausdruck gtb racht und e« M:i c& mit Ende 1876
durch einhelligen Beschluß deS Landtages und
durch die hohe fürstl. Sanktion vom 3l.Dezember
1876 zum Gesetz erhoben wurde.
Daß bei der Kürze der^ schließlichen BerathungSzeit und bei
dem Mangel der hinreichenden Erfahrung, die vollständig, erA
die Durchführung deS Gesetzes bringen konnte, daS betreffende
Gesetz nicht sogleich alS vollkommen und makellos dastehen
werde, war voraus zu sehen.
Diesem Umstände wurde aber auch insoweit
vollständig Rechnung getragen, indem in dem be-
züglichen Commissionöberichte ausdrücklich er-
klärt wurde, „daß eS der nächsten Landtags saifon
vorbehalten bleibe, den sich herausstellenden
Mängeln abzuh elsen."
DaS neue Jahr sollte unS aber in kurzer Z?it ganz uner-
wartete Ereignisse bringen. Die Stimmung des Volkes und
zwar vorerst besonders der unteren Landschaft trat in einem