94
man, krank geworden, früher und sicher sterben müsse, weil man
die Hülfe eines ArzteS sucht.
Die Lebensversicherung besteht nun darin, daß gegen eine
jährliche, verhältnißmäßig geringe Einzahlung (Prämie) die
Versicherungsgesellschaft die Verpflichtung übernimmt, beim Tode
des Versicherten die versicherte Summe an dessen Erben zu be-
zahlen, auch wenn die Prämie nur einmal bezahlt worden
wäre und der Tod dann gleich erfolgen sollte. Oder wenn
Jemand sich bis auf ein b.estimmtes Lebensalter (alterna-
tiv) versichert, zahlt die Gesellschaft bei Erreichung dieses Le-
benSalterS die Summe an den Versicherten, bei früher erfolg-
tem Tode an dessen Erben. Diese zwei Formen der Lebens-
Versicherung sind die gewöhnlichsten; andere Formen der Ver-
sicherung können auf Verlangen gewählt, gewählte später wie-
der abgeändert werden. In jedem Falle hört bei erfolgtem
Tode die Prämienzahlung auf. Auch wer später seine Prämie
nicht mehr bezahlen konnte, verliert in diesem Falle von dem
bislang Eingezahlten nichts, da es ihm jederzeit unbenommen
bleibt, eine andere Versicherungsform einzugehen, wobei nur die
frühere Versicherungssumme nach Verhaltniß reduzirt wird, der
Versicherle aber weitere Prämien nicht mehr zu bezahlen hat.
Solchen, welchen die Bezahlung der vollen Prämie von An-
fang an schwer fallen würde, wird der Beitritt mit ermäßigter
Prämie für die ersten fünf Versicherungsjahre — auf Ver-
langen — gewährt.
Beitrittsatter zur Lebensversicherung nicht unter 15 und
— in der Regel — nicht über 60 Jahre. Je jünger
man beitritt, desto kleiner ist die jähr!. Prämie. Niederster Be-
trag der Versicherungssumme KHK) Mark, höchster 60,000
Die A ltersverficherung kann beginnen gleich bei der
Geburt eineS Kindes oder eS kann der Beitritt beliebig in
späteren Lebensjahren erfolgen. Hier handelt es sich entweder
um einmalige oder jährliche Einzahlungen, um in einem
bestimmten Lebensalter eine gewisse Summe erheben zu können;
die Versicherungssumme kann von 50 M. an beliebig hoch
gegriffen werden und zwar schließt man Versicherungen ab nnt
oder ohne Rückvergütung im Falle des früheren Todes.
Die Altersversicherung ist eigentlich ein Sparhafen, in welchen
auch kleine jährliche Ersparnisse nutzbringend gelegt werden
können, da den Versicherten die gemachten erhöhten Einnahmen
der Gesellschaft in Form von Dividenden zu gute kom
mend Bei den Lebensversicherten sind diese Dividenden sehr
bedeutend, 38—39 % der jährlichen Prämie
Die eifrige Betheiligung an den geschilderten Versicherungen
wäre ein treffliches Mittel, die soziale Frage theilweise zu lö-
sen, denn sie gewähren beim zeitigen Hingange des Familien
vaters den Hinterbliebenen eine augenblickliche Hülfe, wodurch
manche Roth gemildert, manche Thräne getrocknet wird; sie
nöthigen zur Sparsamkeit, um rechtzeitig die Prämien erlegen
W können; auch verpflichtet die Lebensversicherung zu einem
soliden Lebenswandel, der statutenmäßig gefordert wird, wenn
die Versicherung in Kraft bleiben sott.
Wenn aber der Familienvater das theilweise Wohl der
Seinen, jeder Versicherte einen Theil seines Vermögens, seiner
Ersparnisse einer Gesellschaft anvertraut, so muß er — zumal
in unserer Zeit deS Schwindels, des B-trugS und der Krache
— die Solidität, Sicherheit und Billigkeit derselben gründlich
in Betrachts ziehen. In dieser Beziehung bietet die von dem
Unterzeichneten vertretene Anstalt, dieLebensversicher-
ungS- und Ersparnißbank in Stuttgart alle und
jede Gewähr. DaS Institut beruht auf Gegen seitigkeit (ist
nicht Aktiengesellschaft, wo die Aktionäre zuerst das Fett
abschöpfen, ehe man an die Versicherten denkt), aller Ge-
winn kommt nur den Versicherten zu gut abzüglich
der geringen Verwaltungsunkosten. Die Anstalt steht unter
Staatsaufsicht und hat seit ihrem Bestehen vom Jahre
1854 gar keine Verluste erlitten, auch nicht im Jahre
des großen Krachs 1873. Der Bankfond betrug am Schlüsse
des JadreS 1875 19.416,485 Mark, welche sicher und mög-
lichst nutzbringend angelegt sind. Jedes Jahr wird ein Re
chenschaftsbericht veröffentlicht, der über die Vermögenslage ac.
genaue Auskunft gibt. Der letzte von 1875 weist sehr gün
stige Ergebnisse nach Bei den Lebensversicherten ergibt sich
ein reiner JahreS-Ueberfchu ß von 1.144,954 69 M.,
wodurch sich eine Dividende von 39,88% ergibt. Auch bei
den Altersversicherten wurde ein Jahresgewmu von 14,605.gz.
M. erzielt.
^ Die Anstalt genießt aber auch in Deutschland, in der
Schweiz und zum Theil in Oesterreich allgemeines Vertrauen.
Ende 1875 gehörten derselben an 25,645 Personen mit einer
Versicherungssumme von 102,607,621 M., und vom 1. Ja-
nuar bis Ende Mai d. I. sind weiter beigetreten 1364 Per-
sonen.
Durch die hohe Dividende bei den Lebensversicherten min-
dert sich die tarifmäßige Prämie sehr herab und zahlt z. B.
ein im 30. Jahre Beitretender statt M. 24 gg abzüglich der
Dividende von 38% nur noch M. 15.25«
Wer noch im Laufe des MonatS Juni d. I. bei-
tritt, ha: Antheil an dem Überschüsse dieses Jahres.
Prospekte und Statuten stehen zu Diensten und ist der
Unterzeichnete zu jeder gewünschten Auskunst stets bereit und
ladet zum Beitritt ein.
Oberlehrer H i n g e r.
Baduz, den 12. Juni. Zu Frastanz brach letzten Diens-
tag Morgens um 7 Uhr in der Baumwollspinnerei des Hrn.
Kar! Ganahl während der Arbeit im Spinnsaal im dritten
Stocke in Folge ungenügenden Einölens an einer Spinnmaschine
Feuer aus, zerstörte das dritte Stockwerk bis auf einen Seiten-
flügel gänzlich und das zweite Stockwerk größtentheüs. Auch
im ersten Stock und ebener Erde sind die Maschinen, Böden:c.
durch Feuer und Wasser arg beschädigt worden. Der Schaden
wird auf mehr als 100,000 Gulden geschätzt. Gebäude und
Maschinen sind versichert.
Baduz, den 13. Juni. Auf die Reihe schöner sonniger
Tage, welche der scheidende Mai und der beginnende Juni uns
bescheerten, folgten Ende der letzten Woche nach einem heftigen
Föhnwinde äußerst ergiebige Regengüsse, die durch 2 Tage an-
hielten unv der Feuchtigkeit bedürfenden Pflanzenwelt das nö-
thige Naß in reichem Maße gespendet haben. Da der Regen
im Anfang über Spitz und Berg ging und zu dem die Schnee-«
schmelze durch den vorangegangenen Föhn im besten Zuge war,
so wurde mit Recht ein gefährliches Steigen deS Rhein-nassers
befürchtet; doch kamen diese Befürchtungen nicht zu Stande,
indem der höchste Wasserstand an der Vaduzer Rheinbrücke 9
Fuß nicht überschritt.
Nicht so günstig lauten die Nachrichten, welche fortwährend
aus den Kantonen St. Gallen und Thurgau einlaufen und
von großen Überschwemmungen melden. Die Murg und die
Thür haben Häuser, Brücken unv den Bahnkörper zerstört. In
Frauenseld sind einige Menschen ertrunken. Der Schaden wird
jetzt noch alS unberechenbar dezeichnet. Die Rheinhöhe bei
Basel betrug am 12. Juni 15 y 2 Fuß.
Ausland.
Deutschland. Die am 1. Dezember 1875 im ganzen
Deutschen Reiche stattgefundene Volkszählung hat 42,757,812,
resp. für 4 Jahre einen Zuwachs von 1,699,020 Einwohnern
ergeben. Auf die einzelnen Staaten vertheilt sich die Bevölke
rung wie folgt:
Preußen 25,772,562
Bayern 5,027,832
Sachsen 2,760,416
Württemberg 1,881,505
Elsaß-Lothringen 1,529,408
,