Liechtensteinische
Vierter Jahrgang.
Baduz, Freitag
Nr. 22.
den 2. Juni 1876*
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Vaterländisches.
(m) Bilder aus der vaterländischen Geschichte.
71, Die Fürsten von Liechtenstein.
Die Franzosen-Kriege.
(Fortsetzung.)
Im Jahre 1796 wurden die österreichischen Truppen von
der französischen Armee unter dem Oberbefehle deS Napoleon
Bonaparte geschlagen und inS Tirol zurückgedrängt. Diese
Fortschritte der Franzosen erregten auch in Liechtenstein und
Vorarlberg Bestürzung und man fürchtete, daß dieselben durch
Graubünden in unser Land eindringen würden. In Vor-
arlherg bewaffnete sich das Volk. — Der LaMogt
Menzinger in Vaduz berief ebenfalls die Vorsteher der beiden
Landschaften zusammen und forderte ste auf dahin zu wirken,
daß daS Volk sich freiwillig bewaffne. Die Gemeinden zeigten
hiezu jedoch wenig Bereitwilligkeit, besonders da über die eige-
nen Zustände Mißstimmung herrschte. Von Bregenz kam die
Einladung, Liechtenstein möge mit den Vorarlbergern gemein-
same Sache machen und über die Landeövertheidigung berathen.
Die Landweibel verkündigten daher in den beiden Landschaften:
Wer zur Verteidigung deS Vaterlandes sich waffnen wolle,
solle sich beim Oberamt melden. Die Landammänner mit
dem Rentmeister begaben sich nach Bregenz um der Conferenz
wegen LandeSvertheidigung beizuwohnen. Am 6. Juni zog
Hauptmann Fellner mit 100 Mann und 2 Kanonen an die
Grenze von BalzerS und am 16. Juni rückten abermals 700
Mann mit 2 Kanonen in unser Ländchen und lagerten bei
Dux ob Schaan. Auch die Mannschaft in Balzers wurde
verstärkt. Inzwischen hatten die Gemeinden wegen LandeSver-
theidigung Ausschüsse gewählt, welche die Sache ernstlich be-
trieben. ES stellten sich 64 Freiwillige für den ersten Auszug:
12 von Eschen, 10 von Mauren, 6 von Gamprin, 7 von
Ruggell, 3 von Schellenberg und 26 von Vaduz und Schaan.
Die übrigen Gemeinden zögerten mit der Erklärung.
Der Krieg begann nun auch am Rhein wieder. Die sran-
zösischen Truppen unter Moreau und Jourdan besiegten anfangs
die Oesterreicher und Reichstruppen und drangen nach Baiern
vor. Allein bald darauf wurden sie zurückgeschlagen. Eine
Kolonne der Armee MoreauS rückte über Konstanz und Lindau
vor Bregenz. Da wurde in ganz Vorarlberg der Landsturm
aufgeboten und auch der Landvogt in Vaduz erließ einen Auf«
ruf (6. August.) Schon den 8. August jedoch wurde Bregenz
von den Franzosen genommen. „Da entstand," sagt Jakob
Helbert, „ein grausamer Lärmen in Feldkirch. Alldort flieht
und flüchtet Alles sich in die Schweiz und nach Bünden Weib
und Kind. Da sieht man Wägen dem hundert nach. Es
wurde Fuhrlohn bezahlt bis an den Rhein 7—-10 fl., dann
mußten sie wieder 6—10 fl. Hchifflohn bezahlen. Schwer
mußten die Feldkircher da ihrige vorigen Kontributionen büßen,
welche sie bei der Sperre jden Schweizern und auch uns im
Liechtensteiner Ländchen amhaten. Haus und Hof lassen jW
im Stich, sammt Wein und Gerätschaften. Nur die besten
Sachen flüchten ste. Das Oberamt von Feldkirch flieht in die
Schweiz und ebenso der Landvogt von Vaduz mit dem Land-
schreiber, mit Weib und Kind. Jndeß streiften die Franzosen
bis GötziS und trieben Kontributionen ein. Landammann und
Richter ab dem Eschnerberg nahmen die Landfshne und gingen
damit,auf Nendeln um alldort, wenn die Franzosen kämen,
ihnen zu verkünden, daß sie im Frieden mit Frankreich wären,
wie auch der schwäbische Kreis."
Ausland.
So zu sagen das ganze Interesse der Presse wird gegeNi?
wärtig fast ausschließlich von der orientalischen Angelegenheit
in Anspruch genommen. Den Vereinbarungen der drei Rörd-
mächte in Berlin ist England nicht beigetreten. Dazu kommt
noch, daß die Feindseligkeiten in Bosnien und der Herzegowina
von neuem mit größerer Heftigkeit wieder begonnen haben und
in Bulgarien der Aufstand gegen die Türkei ausgebrochen ist.
Unter diesen Umständen dürfte die diplomatische Arbeit in Ber-
lin wenig Erfolg haben und damit weder die Insurgenten noch
die Pforte den von den Mächten in Vorschlag gebrachten
Waffenstillstand annehmen. Die Einigkeit der 3 Nordmächte
soll zwar den europäischen Frieden verbürgen, d. h. man wird
einig sein, so lange man nichts thun wird, sobald man aber
etwas wird thun wollen, werden sich die Wege scheiden und
der jetzige Frieden hauptsächlich nur durch die Nebenbuhlerschaft
der Interessen und durch die Voraussetzung einer gemeinsamen
Enthaltung begründet erscheinen.
Eine Adresse, welche die bosnischen Jnsurgentenführer an
den bekannten Agenten Wesselitzky gerichtet haben, hat nach
dem Brüsseler „Nord" folgenden Wortlaut:
„Hr. Gabriel Bozidarova Wesselitzky! Wir Führer der In-
surgenten in Bosnien danken den Großmächten, daß sie uns
ihre liebevolle Aufmerksamkeit gewidmet haben. Einen Beweis
hiefür erblicken wir in dem Reformplan des Grafen Andrassy,
welchen die Großmächte acceptirten und bezüglich dessen ste die
Pforte bewogen ihm zuzustimmen. Die herzegowinischen Woj-
woden haben unS die Rathschläge mitgetheilt, welche Sie ihnen
im Namen deS russischen Reichskanzlers überbrachten und deS-^
gleichen die Worte, welche Baron Roditsch NamenS der öfter-
reichischen Regierung an sie gerichtet. AuS diesen Mittheiluti-
gen, welche auch unS berühren, haben wir dh Bedeutung dep
erwähnten Reformen erfahren. Gleich unseren herzegowinischen
Brüdern erkennen wir, daß diese Reformen sich von allen früh-