Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1876)

stattfinden: Um 10 Uhr 30 Min. Morgens, nachdem die ein- 
geladenen Gäste ihre Plätze eingenommen haben, wird das 
aus 150 Mitgliedern gestehende Orchester unter der Direktion 
von Tbeodor ThomaS die National-Hymnen aller Nationen 
ausführen. Der Prästdent der Verewigten Staaten wird dann 
durch Gouverneur Hartrauft unv eine militärische Eskorte zu 
seinem Sitze geführt werden; darauf folgt: Großer Marsch, 
für die Feier komponirt von Richard Wagner. Gebet. Ori 
ginal-Hymnen von Z. B. Whittier. Original-Kantate, Musik 
von Dudley Buck v. Connecticut, Worte von Sydney Lonier 
von Georgia. Kurzer Rapport über die Ausstellung durch 
den Präsidenten der Centennial-Kommisston an den Prästden- 
ten der Vereinigten Staaten. Rede des Präsidenten der Ver- 
einigten Staaten, am Schlüsse die Ausstellung als eröffnet er- 
klärend, welche Erklärung durch Aufhissen der Flaggen, Ge- 
schützsalven, Glockengeläute und Händels »Halleluja", gesungen 
von einem auS 600 Personen best Chor, begrüßt werden wird. 
Die auswärtigen Kommissäre nehmen dann Stellung bei den 
ihnen angewiesenen Plätzen im Hauptgebäude, und der Prasi- 
denk der Vereinigten Staaten, gefolgt von den AuSstellungS- 
kommissären, dem Finanzkomite der Ausstellung und den ein- 
geladenen Gasten betritt das Hauptgebäude durch das nörd- 
liche Thor und passirt unter den Klangen der großen Orgel 
die Revue der auswärtigen Kommission. Die Kommission be- 
gibt sich von dort nach der Maschinenhalle und dann die Haupt- 
Avenue entlang nach der Mitte deS AuSstellungSpalasteS. Auf 
ein vom Präsidenten der Vereinigten Staaten gegebenes Zeichen 
fetzt sich die große Dampfmaschine mit den 13 Acres bedecken- 
den, durch sie getriebenen kleineren Maschinen in Bewegung 
und . die Ausstellung ist für oie ganze Welt eröffnet. 
Verschiedenes. 
Oesterreichischer Saatenstandsbericht. Dem vom Acker- 
bauminifterium ausgegebenen Bericht über den Stand der 
Saaten nach der Lage zu Ende März entnehmen wir folgen- 
deS: Der vergangene Winter war überall sehr streng und lang 
anhaltend. ES blieb die Schneedecke mindestens 3 Monate, in 
manchen Gegenden auch 4 bis 5 Monate ununterbrochen lie 
gen und erreichte an manchen Orten eine ungewöhnliche Höhe; 
sowohl die MonatS-Mittel als die Maxima und Minima der 
Temperatur blieben meistentheilS unter den normalen. In der 
zweiten Hälfte des MonatS Februar irat überall Thauwetter 
ein und das rasche Schmelzen der gewaltigen Schneemassen 
hatte in den meisten Gegenden aller Kronländer das Austre 
ten der Bache und Flüsse, Ueberschwemmungen der Wiesen 
und zum The'l auch der Aecker, Wasserrisse auf abhangigen 
Aeckern, lange stehendes Wasser auf solchen in tiefen Lagen, 
auch viele Erdabrutschungen und in hohen Gebirgen Mur 
brüche zur Folge. In manchen günstigen Lagen war der Bo- 
den bereits in der ersten März-Hälfte so weit abgetrocknet daß 
der Anbau beginnen konnte, namentlich war dieß der Fall in 
einigen Bezirken von Ostgalizien. Der März brachte aber 
selbst wieder so viel Regen und außerdem in der dritten Woche 
einen Nachwinter mit bedeutendem Schneefall, so daß im gro- 
ßen Ganzen vor Ende des MonatS März entweder keine 
Feldarbeit möglich war oder die zu Anfang dieses MonatS 
begonnene wieder eingestellt werden mußte. Nur im Hügel' 
und Flachland der Bukowina ist der Anbau seit 25. März 
im Zuge. Einige günstige Lagen in den meisten Kronlän 
dern, besonders in Niederösterreich und in Galizien, wurden 
seit Ansang der letzten März-Woche bebaut. Die Wintersaa- 
ten, sowie Klee haben im großen Ganzen sehr gut überwin- 
tert. Auswinterungen kamen in tiefen Lagen vor, wo das 
Wasser theils in der zweiten Februar Hälfte, theilS im März 
allzulang stehen blieb. Auch hat der Nachwinter in der drit- 
ten Märzwoche mit starken Frösten an mehreren Orten ge- 
schadet. Auswinterungen durch auf ungefrornem Boden liegen 

gebliebenen Schnee und durch Schneedruck kamen selten vot. 
Die meisten Auswinterungen ergaben sich in Schlesien, in den 
mährischen Sudeten und im Egerer Gebirge Böhmens. Die 
früh gebauten Saaten waren in diesem Winter bedeutend im 
Vortheile gegen die spät gebaute». Leider war die Witte- 
rung des verflossenen Herbstes dem zeitlichen Anbaue nicht gün- 
stig gewesen. In Tirol war der Winter milde, doch haben 
dort die Feldmäuse ziemlich viel geschadet Die Wiesen be- 
grünen sich zeitlich und berechtigen wegen der denselben zugute 
gekommenen vielen Winterfeuchtigkeit zu den besten Hoffnun- 
gen. Den überschwemmten bietet Schlammabsatz reichlichen 
Ersatz. 
* Der Untergang des „Agrigento". Die Haupte 
frage dieser Tage, die das Zntereffe derart in Anspruch ge- 
nommen hat, daß vor Aufregung sogar der Merlaus deS Pro- 
zesseS gegen die Exminister außer Acht gelassen wurde, ist der 
Schiffbruch des Schraubendampfers „Agrigento" von der ita 
lienischen Gesellschaft „Trinacria" mit all' seinen schauerlichen 
Einzelheiten. Die direkte Linie Konstantmopel-Brindisi besah- 
rend, ging de»selbe mit außerordentlich reicher Fracht und Werth- 
vollen Postsendungen den 2. dS. um 5*/ 2 Uhr von Piräus bei 
herrlichstem Sommerwetter und totaler Windstille in See und 
fand sich nach einer raschen Fahrt von 11 Stunden angesichts 
des Vorgebirges Atalea, als er in einiger Entfernung vor sich 
die Lichter emeS entgegenkommenden Dampfschiffes gewahrte, 
welches eben um das Cap gewendet hatte. Der „Agrigento" 
wich den Schifffahrtsregeln gemäß, d. h gegen daS Vorgebir- 
ge zu, auS; da aber trotzdem die Richtung des entgegenkom» 
Menden nicht geändert wurde, sondern, wie der italienische Ka- 
pitän behauptet, dieselbe sogar noch schräger gegen daS italie- 
Nische Boot hinzielte, ließ der Kapitän des letztern die Dampf- 
pfeife ertönen, den Gang deS Schiffes hemmen und noch mehr 
nach rechts wenden; da stürmte jedoch mit einer Geschwindig 
keit von 8—9 Knoten per Stunde der engl. TranSportdampfer 
„Hylton-Castle" mit solcher Wucht in die linke Flanke. deS 
„Agrigento", daß sich derselbe der ganzen Höhe nach spaltete. 
Die Erschütterung war so furchtbar, daß die Mastspitzen in-- 
Splittern herabstürzten. Als daS Entsetzen unter der Beman- 
nung und den durch das Pfeifen und Rufen ausgeschreckten 
Passagieren seinen Höhepunkt erreicht hatte, explodirte zu glei- 
cher Zeit der eine der beiden Dampfkessel, indem er alleS mit 
heißem Wasser versengte uno daS SchiffScentrum, sowie daS 
Verdeck in dichten R^uch einhüllte. DieS ÄlleS erfolgte so rasch, 
daß viele Passagiere noch im Bette lagen, als daS Schiff 
schon fühlbar zu sinken begann. Nun folgte eine Scene unbe, 
schreiblicher Verwirrung, die durch die Machtlosigkeit deS Ka 
pitäns. der keine Zucht achtenden Mannschaft gegenüber 
wahrhaftig haarsträubend wurde. Drei Passagiere und zwölf 
Matrosen konnten gleich beim Zusammenstoße auf das Verdeck 
des englischen Schiffes gelangen, die übrigen aber blieben sämmt- 
lich auf dem Wrack, das von dem Stoße zurückgetrieben sich 
von dem nun mit aller Macht rückwärts arbeitenden englischen 
Schiffe in wenigen Minuten bis auf eine Distanz von i l / % 
Seemeilen entfernte. Tieben Minuten nach dem Zusammen- 
stoße sank der „Agrigento", auf welches sich die herzerreißend- 
sten Scenen abspielten. Mütter, ihre Kinder umklammernd, 
flehten um Hilfe, ohne von den ihr eigenes Heil suchenden 
Matrosen gehört zu werden; Viele sprangen ins Meer, um sich 
durch Schwimmen zu retten, die meisten aber sprangen in Boote, 
von denen aber nur eines flott wurde, da in der Verwirrung 
Niemand daran dachte, die Taue, an denen dieselben aufgehängt 
waren, zu kappen, wodurch es kam, daß gerade die darin Be- 
findlichen mit dem in die Tiefe sinkenden Koloß in daS nasse 
Grab gezogen wurden. — Niemand gehorchte den wüthenden 
Rufen und Befehlen deS nach dem Tode deS dritten und der 
tödtlichen Verwundung deS zweiten allein verbliebenen ersten 
Kapitäns Fronti, der mit übermenschlicher Aufopferung allen
	        

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