8 1. DaS Rauchmachen bei Reifgefahr für Weinberge und
Obstgärten wird in der Gemeinde Vaduz für eine Gemeinde-
anstatt erklärt. Die unmittelbare Leitung liegt der Gemeinde-
vorstehung ob, zu deren Unterstützung der Gemeinderath die
nöthige Anzahl von KommissionSmitgliedern zu wählen hat.
§ 2. Die zu diesem Zwecke zusammengesetzte Kommission
wird zur bessern und einheitlicheren Durchführung deS Räu-
cherungswerkeS daö ganze RäucherungSgebiet der Gemeinde in
eine noch zu bestimmende Anzahl von Bezirken eintheilen, in
welchen je ein Kommissionsmitglied die Leitung deS RäuchernS
übernehmen wird. Sie wird ferner nach Verhältniß des Be
sitzes alle im RäucherungSgebiete betheiligten Besitzer von Wein-
und Obstgärten verpflichten, im Falle der Roth die nöthige
Anzahl von Rauchfeuern auf eigene Kosten zu unterhalten; je-
doch wird auch die Gemeinde auf bestimmten Plätzen Räu-
cherungSmaterial auShülfSweise und auf ihre Kosten vorräthig
halten.
§ Z. Die zur Leitung deS RäucherungSwerkeS berufene
Kommission bestimmt die Plätze und Orte, wann die Rauch-
feuer anzuzünden und zu unterhalten sind, wobei Bedacht zu
nehmen ist, daß jede Feuergefahr für Gebäude und Wälder
vermieden wird. Das Material zum Rauchmachen, welches
auS Stoffen zu bestehen hat, welche andauernd starken Rauch
zu erzeugen geeignet sind, ist nicht erst bei drohender Reifge-
fahr, sondern schon früher vorzubereiten.
8 4. Sollte ein zur Räucherung verpflichteter Weinberg-
oder Obstgartenbesitzer dieselbe theilweise oder gänzlich unterlas-
sen, so wird die bezügliche Kommission die demselben zufallende
Anzahl von Rauchfeuern auf seine Kosten und mit Erhebung
von einer Slrafgebühr von 2 fl. unterhalten lassen.
Baduz, 5. April. (Der Stand der Viehseuchen
in der Schweiz) ist nach dem neuesten amtlichen Bulletin
folgender:
Maul- und Klauenseuche: Zürich 6 Ställe, Bern 1 St.,
Baselstadt 5 St., Appenzell a. Rh. 3 St., St. Gallen 2 St.,
Aargau 5 St. Verminderung um 7 Ställe. Lungenseuche
St. Gallen 1 Stall.
Die Maul- und Klauenseuche ist nun wieder so weit re-
duzirt und. im Besondern in den Alpenwirthschast treibenden
Gegenden bis auf zwei Herde verschwunden, baß die Ver-
schleppung der Seuche auf die Alpen dieses Frühjahr bei all-
seitiger Vorsicht vermieden werden kann. Es darf jedoch nicht
vergessen werden, daß sich der Ansteckungsstoff in den Stal-
lungen der Alpen über Winter erhalten kann, und nach bis-
herigen Erfahrungen im Frühjahr wieder Ansteckungen zu be-
wirken vermag. Die Alpenbesitzer werden daher an die Noch-
wendigkeit sorgfältiger Reinigung und Desinfektion solcher
Ställe und Gegenstände erinnert, welche voriges Jahr mit
seuchekrankem Vieh in Berührung gestanden sind. Die Sani-
täts- und Gemeindebehörden haben die Pflicht, sich davon zu
überzeugen, daß dieser Aufgabe nachgelebt werde, und die Be-
stoßung solcher Alpen zu verhindern, auf welchen die noth-
wendige Desinfektion nicht durchgeführt wurde. Ein neuer
Fall von Lungenseuche ist zu verzeichnen im Bezirk Untertog-
genburg (St. Gallen), über dessen Ursprung zuverlässige An-
Haltspunkte noch fehlen. Die einzige Vermuthung ist, daß
der Fall möglicherweise sich auf die vor einem Jahre in dem-
selben Stalle stattgefundene Infektion zurückführen (äffe.
Ausland.
Oesterreich. Am i. April sind die Minister der beiden
Reichshälften zum Beginne der handelspolitischen Verhandlung
gen zusammengetreten.
Ueber die Stimmung in Serbien, welche man allgemein
als eine endlich beruhigte zu schildern beliebt, bringt ein Cor-
respondent der A. A. Ztg unter dem 27. März folgende in
teressante Mitteilungen: Die Erbitterung gegen Oesterreich-
Ungarn war hier noch nie bis zu einem so hohen Grade ge
stiegen, wie eS jetzt der Fall iß. Eine so hochgradige Feind-
feligkeit gab sich selbst gegen d»'e Türkei seit der Verjagung der
Türken auö Serbien nicht kund. Sämmtliche Organe ohne
Unterschied der Parteien unterziehen die Politik der habSburgi-
schen Monarchie, und insbesondere jene Ungarns, einer mit-
leidlosen vernichtenden Kritik, welche die in den politischen An-
gelegenheiten weniger eingeübten Gemüther bis zum höchsten
Grad, ja bis zu Tätlichkeiten, aufzureizen im Stande ist.
Die Ursache dieser nichts weniger als friedenversprechenden
Haltung liegt in der allerneuesten Wendung der Politik deS
Grafen Andrassy gegenüber der christlichen Bevölkerung in der
Türkei. Man ist hier zwar seit langer Zeit der Ueberzeugung,
daß die Spitze der Politik deS Wiener CabinetS in ultima ra-
tione stetö gegen die slavischen RajaS gerichtet ist, aber man
gab sich in der letzten Zeit dennoch der Hoffnung hin, daß die
österreichifch-ungarische Diplomatie doch endlich die Unfrucht-
barkeit ihrer traditionellen Politik einsehen und demgemäß eine
die Sympathien der slavischen Bevölkerung auf der Balkan-
Halbinsel erobernde Richtung einschlagen werde. Besonders
im vorigen Jahre fing diese Hoffnung an nach allen Seiten
hin zu wachsen, als vor neun Monaten in der westlichen Her-
zegowina unweit dem dalmatinischen Städtchen Metkowitsch
das Zeichen zum Aufstand der Raja gegen die türkische Herr-
schaft durch das AuSstecken der schwarzgelben Fahne und durch
die Rufe: „Hoch unser König Franz Joseph I I" gegeben
wurde. Auf dieses Zeichen hin breitete sich der Aufstand über
die ganze Herzegowina aus, und von Seite Oesterreich-Un-
garns wurde die Zufuhr von Kriegs- und Nahrungsmitteln
nicht verhindert, die Gastfreundschaft den kriegSunsahigen Flücht-
lingen nicht verweigert. Und nun plötzlich erlitt diese der Raja
wohlwohlende - Politik eine Umwandlung. Die für die Auf-
ständischen bestimmten Kriegsmaterialien werdcn von den öfter-
reichisch-ungarischen Behörden, natürlich auf einen ernsten
Wink von oben, mit Beschlag belegt, die Insurgenten selbst ge-
fangen genommen und in weit entfernten Festungen internirt; den
Flüchtlingen wird die Gastfreundschaft ausgekündet, die Samm-
lung von Beiträgen unter den österreichisch-ungarischen Serben
und Kroaten zur Pflege der Verwundeten untersagt u. s. w.
So räsonniren und klagen die serbischen Blätter und auf die
selbst aufgeworfene Frage: woher diese Umwandlung stamme,
antworten sie, daß die österreichisch'ungarische Diplomatie solche
Maßnahmen nicht deshalb mache, weil die Andrassy'schen Re-
foimen von den Insurgenten nicht angenommen scirn und diese
deßhalb zwangsweise durchgeführt werden müßten, sondern des-
halb weil statt der schwarzgelben Fahne nunmehr die serbische
Trikolore im Lager der Insurgenten wehe, weil der Aufstand
einen national-serbischen Charakter angenommen habe, weil sich
Oesterreich-Ungarn vor der Gründung eines serbischen Staats
auf den Ruinen der Türkei fürchte, weil eS in den sauren
Apfel der orientalischen Frage zuerst gebissen und nachher er-
fahren habe, daß dessen Geschmack unerträglich uud dessen Ge-
nuß für Oesterreich-Ungarn äußerst giftig sei. In diesem Ton
erscheinen tagtäglich Artikel, die, wie gesagt, von ernsten Fol-
gen bezüglich deS Orients sein könnten. — Die Ungewißheit,
welche unser Bürgerthum seit dem Ausstand in BoSnien und
der Herzegowina martert, wirkt auf den Handel und daS Ge-
werbe sehr verderblich. Darum wird in allen Schichten eine
endgültige Entscheidung gefordert. Zu dem Behuf ist unlängst
eine Deputation des Handelsstandes beim Fürsten Milan er-
schienen, welche ihn um Aufklärung über die Lage ersuchte.
„Wir sind zum Krieg bereit, wir wollen Krieg, warum zögert
man also?" soll die Deputation zu dem Fürsten gesagt haben.
Der Fürst konnte ihr natürlich keine positive Antwort geben,
sondern hat sie nur ersucht den Bürgern zu sagen, sie mögen