Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1876)

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den Berichten außeröfterreichischer, hauptsächlich deutscher und 
englischer Blätter sich von dem Gegentheil überzeugt. 
Verschiedenes. 
* In Berlin hat sich letzter Tage nach dem „Berl.Tgbl." 
ein schauervolleS l&reigniß zugetragen. Wir theilen die Einzel- 
Helten mit, welche geeignet erscheinen die Theilnahme für daö 
unglückliche Ehepaar zu erhöhen, das unter so tragischen Um- 
Aänden gemeinsam den Tod gesucht und gefunden hat. Bor ei- 
nigen Jahren-hune daS v. Sodenstern'sche Ehepaar den einzi- 
gen Sohn imAter von 17 Jahren durch jähen Tod verloren. 
An diesem hoffnungsvollen Kmde hing die Frau mit unendli- 
cher Zärtlichkeit und überschwänglicher Liebe. Gleich nach dem 
Tode desselben verfiel die Dame in Trübsinn; ße lebte im 
Geiste stets mit ihrem Kinde; in einem ihrer Zimmer ließ sie 
ein kostbares Sanctuarium errichten, in welchem sie die Klei- 
der, die ihr Sohn zuletzt getragen, aufbewahrte. Taglich betete 
sie stundenlang auf den Knieen vor diesem mit einem Crucifix 
geschmückten Schrein. Einem so aufreibenden Schmerze mußte 
die ohnehin nervöse und schwächliche Frau unterliegen — völ- 
liger Wahnsinn ummichtete schließlich ihren Geist, so daß ihre 
Aufnahme in eine Jreenheilanstalt notwendig erschien. Nach 
mehrfachem Wechsel m den Anstalten kehrte sie, theilweise her- 
gestellt, im September v. I. nach Berlin zu ihrem Gatten zu- 
rück, der sie mit aufopfernder Zärtlichkeit pflegte. Bei den sel- 
tenen Spazierfahrten, die sie auf Anordnung des Arztes unter 
nehmen mußte, trug der Oberst v. Sodenstern seine schwache 
Frau auf den Armen die beiden Treppen hinab in den Wagen 
und widmete ihr überhaupt eine rührende Sorgfalt. An dem 
verhängnißvollen Abend des Mittwoch hatte er seiner Wirth- 
schasterin in ruhigstem Tone die Weisung ertheilt, ihn um 1 
Uhr nach Mitternacht am Krankenbette zur Fortsetzung der 
Nachtwache abzulösen. Als die Wirthschafterin um diese Zeit 
sich in das Krankenzimmer begeben wollte, fand sie die Thüre 
verschlossen, und als »hr auf wiederholtes Rufen und Pochen 
nicht geöffnet wurde, w.ckte sie den Burschen, welcher den be 
handelnden Arzt herbeiholen mußte. Auch der Portler des Hau 
ses und ein Schutzmann wurden hinzugerufen, und ver Arzt 
befahl, in der Voraussetzung, daß Menschenleben in Gefahr 
seien, die Thüre mit Gewalt zu öffnen. Der Portier kam dem 
Befehl nach, und in dem nun geöffneten Zimmer zeigte flch 
den Eintretenden ein grauenvolles Bild. Am Fußende des Bet- 
teS lag in einer Blutlache der Oberst; er war halbentkleidet, 
ein Revolver lag neben ihm. Er hatte durch einen Schuß in 
den Mund seinem Leben ein gewaltsames Enve bereitet. Seine 
Gattin lag im Bette mit durchschossener Schläfe — bei beiden 
war der Tod bereits eingetreten. Der inzwischen ebenfalls hin- 
zugeeilte Polizeilieutenant deS Reviers nahm das erforderliche 
Protokoll auf, ließ es von den Anwesenden unterzeichnen, und 
hierauf wurde die Leiche deS Mennes von den Dielen auf das 
Bett gehoben, während der Körper der von ihren schweren 
Leiden erlösten Frau in derselben Lage belassen wurde, in der 
man ihn gefunden. 
* Elephantenzähne als B rie f-Envel opp eS. 
Wie die Blätter berichten, hat der König von Birma eine Ge 
sandtschaft an den König von Italien geschickt und ist dieselbe 
soeben in Neapel angekommen. Sie brachte nicht weniger als 
zwanzig Kisten voll Geschenke Ihrer birmanischen Majestät für 
Viktor Emanuel mit und zugleich auch ein eigenhändiges 
Schreiben derselben, daS in einem Elephantenzahne emgeschach» 
telt war. Schade, daß die Berner Postkonvention vergessen 
hat, für diese neuen Bries-EnlMwppeS einen Tarif festzusetzen. 
* Amerikanische Erfindungen. Tin New-Aorker 
hat eine nene HinrichtungSart erfunden, die Guillotine, Gal- 
gen, Schwert ic. radikal abschafft. Der von" ihm angefertigte 
Apparat macht durch Anwendung von Chemikalien Jemanden 
binnen 4 Minuten zu T o d e f r i e r e n. Der Verbrecher wird 
auf einen Stuhl gesetzt, der Apparat ihm auf den Rücken be- 
festigt und die Kälte nimmt ihm sofort das Bewußtsein. Ein 
anderer Erfinder will durch Elektrizität die Verbrecher am 
schnellsten und sichersten aus der Welt schaffen. 
* Bern. Barmherzige Samariter! Montag, den 6. d. 
auf dem Heimwege von der Landwehr-OrganisationSmufterung 
in Bellelay wurde dem Sergeant H. L. Buitte von Untertram- 
lingen übel, er fiel mehreremal in die Kniee. Seine Kamaraden 
halfen ihm anfangs vorwärts, schließlich aber nahmen sie seine 
Flinte und seinen Sack und gingen ihrer Wege, überließen den 
44jährigen Familienvater seinem Geschick. Nicht einmal aver- 
lirten sie jemand von seinem Befinden. Am folgenden Mor- 
gen fand man Vuille zwischen Genevez und Tramlingen todt. 
Verantwortlicher Redakteur u. Herausgeber: vr. Rudolf Schädler» 
Nichtamtliche Anzeigen. 
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Kornpreise vom Fruchtmarkt in Bregenz vom 17. März. 
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Der halbe Metzen 
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Thermometerstand nach Reaumur in Baduz. 
Monat 
Morgens 
7 Uhr 
Mittags 
12 Uhr 
Abends 
6 Uhr 
Witterung. 
März 15 
+ 1 
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+ 6% 
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— 3 
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* 21. 
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Telegrafischer Kursbericht vo« Wie». 
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