* Eaub am Rhein 12. März. (Der Bergrutsch.) Lang
gestreckt, auf schmaler Userfläche ist längS deS«RbeinS unser
Städtchen erbaut. Schon die Hinterhäuser der Rheinstraße
stehen auf dem Fuße des SchieferberggehängeS, das bis zu
5Ö0 Fuß unter einem Winkel von 35 Grad ansteigt. Die
Häuser deS mit der Rheinstraße parallel laufenden Hochsträß-
chenS sind dicht an den Berg Schwalbennestern gleich ange-
lehnt, weiter rückwärts hinauf liegen Weinberge. Seit Jahren,
schon beobachtete man an diesem Berggehänge im Distrikt
Kalkgrube fast über der Mitte der Stadt eine langsame aber
stetige Abrutschung auf einer Strecke von etwa 1000 Fuß
Breite und 2 bis 300 Fuß Länge bei einem Flächeninhalt von
etwa.7 Morgen. Diese Erdbewegungen nahmen in dem letz-
ten Jahre solche Dimensionen an, daß Maßregeln zum Schutze
der bedrohten Häuser nöthig wurden. Da unser Städtchen
nicht wohlhabend genug ist um die Kosten für die erfordert
chen Arbeiten allein aufzubringen, griff uns der Staat unter
die Arme und das Abgeordnetenhaus verwilligte eine bestimmte
Summe. Die Schutzarbeiten wurden auch sofort in Angriff
genommen, die in den Klüften deS Gehänges auf undurchläßli-
cher Lehmschichte gesammelten und gespannten Gewässer wur-
den abgelassen und oberhalb deS unteren steilen Abfalls war
eine 30 Fuß breite Schutzmauer in Angriff genommen und auf
eine ziemliche Strecke schon aufgeführt. Die Techniker hatten
die Ueberzeugung auf festem Grund ihre Mauer aufzubauen.
Da kamen nun im Januar, Februar und auch in diesem Mo-
nat die unaufhörlichen Regen in solcher Masse, wie wir sie
seit 30 Jahren nicht erlebt haben. DaS Wasser durchdrang
daS zerklüftete Gestein deS GebirgSkeilS und vermehrte fo den
Druck und die Bewegung der Massen. Schon am Freitag
wollten einzelne ein Wanken ihrer Scheunen bemerkt haben.
In der Nacht vom Freitag zum SamStag gegen halb 12 Uhr
trat mit einem Schlag und unter donnerähnlichem Krach die
lang befürchtete Katastrophe ein: auf eine Strecke von 250
Fuß löste sich die im Rutschen befindliche leicht geneigte Fläche
zwischen dem oberen und unteren steilen Absturz des Berges,
und ging jählings zu Thal, die Schutzmauer umstürzend und
sie wie 5 Vorderhäuser deS Hochsträßchens und 3 Hinterhäu
ser der^ Rheinstraße mit Menschen und Vieh völlig unter ihrem
Gerolle begrabend. Der Bergsturz trat so jählings ein, daß
nur wenige sich retten konnten, die meisten überraschte das letzte
Geschick im Schlaf; ein junges Ehepaar rettete das nackte
Leben durch einen glücklichen Sprung aus dem Fenster des
zweiten Stockes, ebenso ein Knabe und ein Mädchen; 3 Bäcker-
gesellen, schon an der Arbeit, entrannen, gewarnt durch daS
Gepolter in eiligster Flucht dem drohenden VerschüttungStode.
Die Feuerglocke rief die Bürgerschaft zur Hülfe auf und ener-
gisch wurde letztere in Angriff genommen. ES gelang 3 Ver-
schüttete lebend wieder anS Tageslicht zu schaffen, fünf Leichen
wurden ausgegraben, darunter ein älteres Ehepaar, die Ober-
körper auf dem Fensterrahmen liegend, der Nacken der Frau
vom Arme deS Gatten umfangen, die unteren Extremitäten
schauderhast zerquetscht. Auch mehrere Pferdekadaver wurden
herausgezogen. Um 8 Uhr trafen 45 Mann Pioniere von
Koblenz, ym 9 Uhr mit Extrazug der Regierungspräsident v.
Wumb mit einem Oberbau- und Bergrath von Wiesbaden
ein, gleich darauf führte ein auf Anordnung deS Präsidenten
in RüdeSheim abgelassener Extrazug zahlreiche Karren, Pickel :c.
zu und nun werden die Arbeiten systematisch weitergefühet.
Die Pioniere graben nun durch die Schuttmassen Tunnels um
so zu den Verschütteten. zu gelangen, denn wie amtlich konsta-
tirt wurde, bergen die Trümmerhaufen noch 2t lebendig Begra-
bene. Gegen 8 Uhr Morgens hörte man noch den Hülferuf
eines Verschütteten, ohne daß eS gelungen wäre bis zu ihm
vorzudringen. Von RüdeSheim eilte der KreiSphysikuS, von
St. Goarshausen die Feuerwehr herbei und nun lösen sich die
Mannschaften in der anstrengenden und lebensgefährlichen Ar-
. beit ab. Sind erst die Verschütteten zu Tage gefördert, dann
i beginnt eine nicht minder gefährliche Arbeit um einer Wieder-
holung deS Bergrutsches vorzubeugen, denn noch stehen zwar
die Schiefersteinfelsen oberhalb deS oberen steilen Absturzes, aber
• die von dorther drohende Gefahr ist nicht unerheblich: aus dem
zerklüfteten Gestein quellen überall die Wasser, und löSt sich
! daS Geschiebe ab — der ganze Berg scheint lebendiq geworden.
Verantwortlicher Redakteur u. Herausgeber: Dr. Rudolf Schädler^
Amtliche Anzeigen,
Von dem fürstl. Landgerichte wird hiemit bekannt gemacht:
eS sei der Konkurs über daS im Lande befindliche bewegliche
und unbewegliche Vermögen deS am 1. Sept. v. I. zu Bal»
zerS bei Nr. 109 ohne Testament verstorbenen Dominikus
Frick eröffnet.
Zur Erhebung deS SchuldenstandeS, zum Versuche einer
gütlichen Ausgleichung dieser KonkurSsache und im Nichterzie-
lungSsalle zur Bestimmung weiterer Vorkehrungen wird eine
Tagfahrt auf den 20. k. MtS. früh 9 Uhr in hiesiger AmtS-
kanzlei angeordnet, bei welcher fämmtliche Gläubiger zu erfchei-
nen und ihre Forderungen gehörig auszuweisen haben, widri
genfalls die Nichterscheinenden den Beschlüssen der Anwesenden
beigetreten erachtet und sich die RechtSnachtheile deS Ausbleib-
enS selbst zuzuschreiben haben würden.
Fürstl. Liechtensteinisches Landgericht.
Vaduz, den 8. März 1876.
■ Keßler.
Nichtamtliche Anzeigen.
Gänzlicher
AUSVERKAUF.
Wegen Zurückle^ung deS Geschäftes eröffne ich vom
F. November an Behufs vollständiger Räumung meines
Tuch- und SchnittwaarenlagerS einen
Ausverkauf zu herabgefetzten Preisen.
Indem ich dieses hiemit zur allgemeinen Kenntniß bringe,
beehre ich mich, an das P. T. hochgeehrte Publikum in Stadt
und Land die ergebene Einladung zu recht zahlreichem Zuspruch
zu richten, mit dem Bemerket, daß eS sich hiebei nicht um
einen gewöhnlichen Ausverkauf einzelner ungangbarer oder
schadhast gewordener Artikel, sondern vielmehr um gänzliche
Räumung eines turrenten Waarenlagers handelt.
Feldkirch, am i. November 1875.
Paul Deisböck.
Thermometerstand nach Reaumur in Vaduz?
Monat
Morgens
7 Uhr
Mittags
12 Uhr
Abends
6 Uhr
Witter ung.
März 8
H~ 1%
+ 3%
+ 2
trüb
» 9.
+ 4
+ 9%
+ 7
1t
„ 10.
+ 2
4- ?7-
+ SN
halb hell
» 11
+ 1
+ 8
+ 3
» V
, 12
+ 3
+ 9
+ 8
trüb; Föhnwd.
„ 13.
+ 3
+ 3
+ 2
trüb; etw. Reg.
. 14.
+ Vi
+ 8
+ 5
halb hell.
Telegrafischer Kursbericht von Wie».
15. März Silber 104.—
20-Frankenstücke 9 27
Druck von Heinrich Graff in Feltirch.