Liechtensteinische
Vierter Jahrgang.
Vaduz, Freitag
Xr. 11.
den t7. März 1876.
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Vaterländisches.
Baduz, 14. Marz. Die Münzkalamität, an wel-
cher unser Ländchen, seit dem Jahre 1873 zu leiden hat und
in welche eS ganz ohne Wissen und Wollen hinein gerathen ist,
hat sich seit den diesbezüglichen lebhasten Erörterungen vor
Schluß des 1875er Landtages noch nicht gebessert. Da dieses
unglückselige Münzverhältniß wie ein unlösbarer Bann auf
uns lastet und sich immer noch schlimmer gestaltet, so wollen
wir von diesem Umstände durch Aufführung von Thatsachen
wenigstens Notiz nehmen und zugleich alle Hoffnung auf blei
bende Besserung des österr. Silbers zu Grabe tragen.
Bei den anhaltenden Schwankungen, welchen der österrei
chische Silbergulden in der letzten Zeit ausgesetzt war,' erholte
sich derselbe um das Neujahr bei uns bis auf ca. 94 kr., um
dann aber von der Zeit an wieder andauernd zu sinken; nach
dem Frankfurter Kurse vom 8. d. M. galt der Gulden nur
mehr 88% — also bloS 1 kr. mehr als ein alter Reichs-
Gulden (= 87 y 2 kr.) bei der Umsetzung in Neuöstr. W. im
Jahre 1858 berechnet wurde. AuS nachfolgenden Frankfurter-
Kursen v. 8. März mag entnommen werden, wie tief daS östr.
Silber auf dem Weltmarkte gesunken ist:
100 fl. ö. W. in Gold galten 203 M. 50 Pf.
100 fl. ö. W. „ Silber „ 176 „ 90 „
100 fl. ö. W. „ B. N. „ 175 „ 40 „
Also stellt sich ein Wenigerwerth gegenüber dem Golde
heraus und zwar:
4ei 100 fl ö. W. Silber von 13 fl 30 kr. (26 M. 60 Pf.)
bei 100 fl. ö. W. B. N. von 14 fl. 05 kr. (28 M 10 Pf.)
DaS östr. Silber steht daher faktisch den Münzen unserer
^benachbarten' Staaten gegenüber auf 113 und die östr. B. N
auf 114.
AuS obigen Zahlen mag jeder Unbefangene selbst beurthei-
len, in welches unbehagliche Stadium unsere Münzkalamität
getreten ist. Im Kleinverkehr verschwindet der Unterschied zwi
schen österr. Silber und B. N. gänzlich, trotzdem, daß die B. N.
in Wirklichkeit auf 114 gesunken sind. ES ist daher auch
ganz natürlich, daß die östr. Scheidemünzen (die 1, 10 und
20 Kreuzer stücke) vollwerthig bei uns kursiren. Nach dem
Wienerkurse ist jetzt der Unterschied zwischen Silber und
Papier
Die östr. Silbermünzen können unterdessen wohl nicht
tiefer sinken, weil sie auf der Tiefe des WertheS vom unge-
münzten Silber angelangt stnd; heben werden sich dieselben
aber auch erst mit der Besserung der Papiervaluta. Wohl aber
prophezeien die Kenner des MünzwesenS ein nochmaliges wei-
tereS Sinken des SilberwertheS. Dieses soll eintreten, sobald
die Staaten der lateinischen Münzkonvention (Frankenstaaten)
zum Aufgeben der Doppel- bezw. Silberwährung gezwungen
sein werden. Daß dann daS Silber aus nahe liegenden
' Gründen noch weiter im Preise sinken müsse, ist mehr als
wahrscheinlich und eben so gewiß ist anzunehmen, wenn
- Oesterreich-Ungarn dann mit dem Silber und der Papier-Bä-
luta gegenüber der Goldwährung isolirt dastehen sollte, die
Schwankungen der Silberwährung noch viel bedeutender als
jetzt sein werden.
Bergesse man nicht, daß der Werth der Silberfranken ge-
genüber den Franken in Gold gegenwärtig schon von den
Frankenstaaten nur künstlich, d. h. durch Garantieleistung, Mf-
recht erWten wird, wie dies beispielsweise bei den schweizeri-
schen Banknoten auch der Fall ist, welche eben so gut einen
bestimmten Werth voll repräsentiren und neben Gold und
Silbs? kursiren; aber beide die Silberfranken und die schweizr.
Banknoten unterliegen einstweilen keinen Kursschwankungen,
wie eS bei den gleichnamigen österr. Werthzeichen der Fall ist»
In der Neuzeit steht das Gold allein als verlässiger Werth-
messer da. So ist Oesterreich gegenwärtig im Begriffe ein An-"
lehen in Gold zu machen. Wenn daher unsere längst ange-
strebte Münzregelung einmal durchgeführt werden sollte, so*
kann unsereS' ErachtenS bei dieser Regelung wohl kaum der
Uebergang zur Goldwährung vermieden werden, um nicht nach
kurzer Zeit diesfalls in neue Kalamitäten zu gerathen; gleich-
viel — ob wir dann in Gulden, Mark oder Franken rechnen.
ES stehen ja die Werthe 1 fl., 2 Mark, 2 y 2 Franken in Gold
einander gleich bis auf eine verschwindend kleine Differenz.
Mehr zu befürchten steht, dqß der noch schwebende Zoll-
auSgleich zwischen Oesterreich und Ungarn eine weitere Ver
längerung des ZollvertrageS und damit auch eine nochmalige
Verschiebung der Münzregulirung herbeiführen dürste.
Ausland.
Oesterreich. Bei Beginn der LandtagSsitzung des Tiroler
Landtages erklärte Graf Brandis, daß die LandtagSmehrheit
wegen in den letzten Jahren erlittener empfindlichen Kränkun-
gen deS öffentlichen Tiroler Rechtes den Landtag verlasse.
Hierauf verließ die Mehrheit den LandtagSfaal. Der Statt-
haltet wies den Protest als grundlos und gesetzwidrig zurück
und bezeichnete das Vorgehen der Mehrheit als pflichtwidrig.
Die Erklärung der LandtagSmehrheit, welche Graf Bran-
diS zum Ausdruck brachte, lautet wie folgt:
„Das Land Tirol hat in den letzten Jahren bei mannig-
falligen-Anlässen die empfindlichsten Kränkungen seines öffent
lichen Rechtes erlitten. Durch daS Wahlreform-Gesetz für den
ReichSrath ist im Widerspruche mit der tirolischen Landesord-
nung und mit den Landesordnungen aller übrigen Königreiche
und Länder die Betheiligung an den gemeinsamen Angelegen-