Gesteht. Im Namen des empörten Menschlichkeitsgefühls muß
ich fragen: wie lange daS mit seinen humanistischen Bestre-
Hungen prunkende Europa noch diesem CannibaliSmuS zusehen
wird? Wird sich noch jemand finden dem eS einfallen wird
den türkischen Soldaten unmenschlicher Grausamkeit zu zeihen,
'der im Gefühle nur zu begreiflicher Sucht nach Rache seiner
Leidenschaft die Zügel schießen lassen sollte? Wer ist der pro-
vozirende Theil? Ich lebe lange genug unter türkischen Sol-
daten, und kann, ohne fürchten zu müssen der Parteilichkeit be-
schuldigt zu werden, kühn behaupten: der Türke ist jener Be
stialität nicht fähig die wir hier von Seiten der Slaven nur
zu oft zu bemerken die traurige Gelegenheit haben. Ich hätte
diesen neuerlichen Fall für wichtig genug erachtet ihn Ihnen
4elegraphisch mitzutheilen, wäre die nach Skutari führend- Te
legraphenleitung letzte Nacht nicht wieder zerstört worden."
Neueste Nachrichten.
Wien, 3t. Okt. Die Konferenz soll lediglich die Re-
formfrage zum Gegenstand haben. Eine österreichisch-russtsche,
der einstigen französischen Occupatio« Syriens nachzubildende,
jede Befitzänderung ausschließende Besetzung steht erst in AuS-
ficht, wenn die festzusetzende Frist für die Ausführung der Re-
formen fruchtlos verstreichen würde.
St. Petersburg, 30. Okt. Die „Telegraphen-Agentur"
meldet auö Semlin: Die serbische Stellung bei DschuniS ist
gestern Nachmittags nach erbittertem Kampf von den Türken
genommen worden, wobei die Hälfte eines russischen Bataillons
auf dem Platze blieb. TschernajeffS Linien wurden durchbro-
chen, Tschernajeff sucht Kruschewatz zu decken.
Et. Petersburg, 30. Okt. £ie „Telegraphen-Agentur"
meldet auS Belgrad: Die Abreife MilanS zur Armee wurde
durch Zerwürfnisse zwischen den Militär- und den Civilbehör-
den veranlaßt. Gleichzeitig erhielten die in Belgrad befindlichen
Offiziere Befehl, sofort zur Gränze abzugehen. ES heißt: die
Türken seien bei DschuniS durchgebrochen und marschiren be-
reitS auf Kruschewatz.
Et. Petersburg, 31. Okt. Der „Regierungsanzeiger"
meldet: General Jgnatieff sei angewiesen worden, von der
Pforte binnen 24 Stunden die Annahme eineS sechswöchigen
Waffenstillstands und die Einstellung der Feindseligkeiten zu
verlangen, widrigenfalls er die diplomatischen Beziehungen zur
Pforte abbrechen und Konstantinopel mit dem gesammten
BotschaftSpersonal verlassen werde.
Belgrad, 31. Okt. Von der vereinigten Timok- und
Morawa-Armee wird unterm 29. gemeldet: Gestern stürmte
der Feind die Höhen von DschuniS und Schiljegowatz, wurde
jedoch von der serbischen Artillerie zurückgeschlagen. .Heute
warf sich der Feind mit ganzer Kraft auf Horwatowisch, wel-
cher gezwungen wurde, seine VertheidigungSlinie aufzugeben.
Derselbe bezog in Gaglowa bei Kruschewatz eine neue Stellung
Konstantinopel, 30. Okt. Die türkischen Truppen ha-
ben gestern zwischen Alexinatz ^nd Deligrad einen glänzenden
^Sieg erfochten, viele ^Gefangene gemacht und) außer verschiede-
nem andern Kriegsmaterial, 10 Kanonen erbeutet. Die Schlacht
dauerte bi£ Mitternacht.
Konstantinopel, 31; OK Die „Agence-Havas" mel-
det: Die Pforte hat einen zweimonatlichen Waffenstillstand
mit zwei Verlängerungsfristen von sechs Wochen, wenn eS die.
FriedenSuvterhandlungep pothwendig machen, angenommen.
Die Feindseligkeiten werden allerorts in Serbien, Montenegro,
Bosnien und der Herzegowina eingestellt. Die Militär-Atta-
chös der fremden Mächte stellen eine Demarkationslinie fest.
Verschiedenes.
* (Die öffentliche Wohlthätigkeit in der Schweiz.) Im
verflossenen Jahre 1875 wurde die ansehnliche Summe von
3,773.635 Frank für wohlthätige Zwecke von Privaten ver-
gabt, welche sich auf die einzelnen Kantone vertheilt wie
folgt:
1) Zürich 1,150 731 Fr, 2) Baselstadt 747,686, 3) Frei-
burg 416,200, 4) Bern 376,740, 5) Waadt 201,000, 6)
Genf 148,750, 7) Luzern 122,260, 8) St. Gallen 114,765,
9) Thurgau 95,775, 10) GlaruS 75,000, 11) Aargau
69,600, 12) Baselland 55,600, 13) Schaffhausen 42,910,
14) Neuenburg 40,698, 15) Solothurn 27,300, 16) Grau
bünden 26,000, 17) Schwyz 20,900, 18) Appenzell 20,300,
19) Unterwalden 10,950, 20) Wallis 4000, 21) Tesstn
3500, 22) Uri 1970, 23) Zug 1000, zusammen 3,773.635 Fr.
Dazu kommen noch 131,000 Fr., welche ein Engländer
du Pazel, dem Kanton Appenzell A.-Rh. vergabt hat zur Er-
richtung einer Anstalt, in welche Menschen ohne Rücksicht auf
Nationalität, Konfesston jc. aufgenommen und verpflegt werden
können.
Nach den Zwecken, für welche diese Vergabungen von
Privaretl gemacht wurden, ergibt sich Folgendes: 1) Religiöse
Zwecke 97,670 Fr., 2) Humanitäre Zwecke, als da sind: Spi-
taler, Waisenhäuser, Irrenhäuser und andere wohlthätige An-
stalten 1.870,837 Fr., 3) Schule 146,260 Fr., 4) Verfchie-
dene Zwecke: Winkelriedstistung, Zugendtassen k. , zusammen
1,658,868 Fr.
* Die Salicylsäure als Mittel gegen die Faulbrut. Das
größte Uebel in der Bienenzucht, durch welches ganze Stände,
ja. die Bienenstöcke ganzer Ortschaften vernichtet werden können,
ist- die Faulbrut. Durch dieselbe wird jahrelange Mühe und
Sorge in nichts verwandelt und der Fleiß des Bienenzüchters
lahmgelegt. Durch Versuche, die nach der „Schles. Landw.
Ztg. " M, Siebeneck angestellt, empfiehlt fich die Salicy^säyre
zur Beseitigung der Brutpest. Man braucht dazu ein GlaS
solcher Säure, die ab Fabrik 3 Mark kostet, eine kleine GlaS-
schale und zwei Pinselchen im Betrage von 2 Mark. Sämmt-
liche faulbrütige Waben eines Bienenstockes werden leicht,
jedoch gründlich mittelst des Pinsels mit Salieylsäure betupft.
Die faulbrütigen Waben find diejenigen, worin stch die einge-
fallenen oder kranken Larven befinden. Ist diese Arbeit ge
schehen , so müssen alle leeren und halbleeren Waben entfernt
und der Stock so viel als möglich verkleinert werden. Endlich
wird der Kasten innen, wo Waben angebaut und Läufe find,
leicht betupft, wobei hauptsächlich das Flugloch nicht vergesse«
werden darf. Nach drei bis 4 Tagen ist wieder nachzusehen.
Zeigen sich frisch eingefallene Zellen, so betupfe man dieselbm
wieder; größere Partien angesteckter Zellen schneide man der
Kürze halber ganz heraus und bestreiche. die entstandenen
Grenzen wieder mit diesem Mittel. Auf diese Weise wird die
Faulbrut binnen Kurzem den Stand verlassen haben. M.
Siebeneck versichert, daß er im vorigen Jahre mehrere Versuche
mit Salicylsäure gemacht habe, die sämnulich günstig auSge-
fallen find. Die Heilung ist nicht allein überall erfolgt, son
dern die Stöcke find auch größtentheilS volkreich geworden und
haben gut überwintert.
* New>Nork, 3. Okt. (Oel» Röhrenwerk.) Die penn-
sylvanlsche Transportgesellschaft, die seiner Zeit begründet wor-
den ist um daS Petroleum das in Pennsylvanien gewonnen
wird, auS der. Nähe der Quellen lmch den Seestädten des At
lantischen Meeres zu bringen, beabsichtigt jetzt von den Quelle»
.bis Lum Meev eine 4zöllige Röhre zu legen, also über eine
Strecke von etwa 300 Meilen. Die pennsylvanischen Quellen