in seinem Kopfe nur einen Augenblick zweifeln konnte, daß sie
in Gemäßheit besonderer Instruktionen gehandelt hatten."
Die Anwendbarkeit dieses UrtheilS auf die heutige Sach-
läge läßt sich mit Händen greifen. Wie es heißt, kommt viel-
tscht auch der russische Generalkonsul Karzow in Belgrad in
die Lage die Zahl der Simoniwitsch und Wikowitfch zu ver-
mehren.
Vermiedenes.
*We inve rfälschung. In deck einzigen Dorfe Odeilhan
hat ein Kaufmann auS Narbonne für 10.000 Fr. Cochenille-
Präparate verkauft und haben die Kleinhändler in Narbonne
ein blühendes Geschäft in Stoffen zur Färbung deS WeineS.
Die Weinhändler oder vielmehr die Weinfabrikanten suchen
nun ihre Industrie zu rechtfertigen, indem sie in verschiedenen
Broschüren ihre Mittelchen als ganz unschuldig darstellen. Eine
der merkwürdigsten dieser Publikationen führt den Titel „No
tiz über die gänzliche Unschädlichkeit der Färbestoffe, die Fuch-
sew zur Basis haben." Die „Gazette" sagt aber dazu: „Der
verderbliche Gebrauch dieser Präparate kann nur den Weg noch
erleichtern, auf welchem immer mehr und mehr feine Weine
bei uns Eingang finden, wahrend unsere Weine immer weniger
ins Ausland gehen, eine doppelte Thatsache, die für Frank-
reich sehr bedauerlich ist".
* Mäuse und Kaninchen. AuS Schottland wird
berichtet, daß Mäuse dort in solchem Grade überhand genom-
«en haben, daß sie der Landwirthschast ernstliche Schwierig-
keiten und großen Schaden bereiten; namentlich auf den Wei-
degrundstücken, wo sie durch ihre zahllosen Löcher und Gänge
die Wurzeln der Pflanzen beschädigen. Diese Klage wurde
bereits vor mehreren Monaten laut und mehrere große Grund-
besitzet wiesen damals ihre Wildhüter an, im Interesse ih^er
Pächter die Raubvögel zu schonen; bevor aber diese Maßregel
Früchte bringen kann, müssen freilich Jahre vergehen. AuS
Neuseeland wird übrigens gemeldet, daß die dortigen Schaf-
züchter mit einer ähnlichen Schwierigkeit zu kämpfen haben;
dort sind es indeß nicht Mäuse, sondern Kaninchen, welche
den Boden unterwühlen. Man hat kürzlich dort eine Fläche
von 15,000 AcreS, die mit Kaninchen überfüllt war, mit einer
Mauer umgeben, um der weiteren Verbreitung derselben vor-
zubeugen. Freilich sollte man meinen, daß da noch andere,
weniger kostspielige Mittel zu Gebote stehen würden.
Landwirthschastliches.
Geschichte der Kartoffel.
Wir lassen hier nach einer Abhandlung in Tfchudi'S land-
wirtschaftlichem Lesebuche einige kurze geschichtliche Notizen über
die „Kartoffel" folgen.
An der trockenen Meeresküste deS heißen Südamerika^,
namentlich in Chili, wächst die Kartoffel wild und gedeiht am
üppigsten in der Nähe salzreicher Seen, in Felsenspalten und
an lehmigsandigen Hügeln und bis hoch in den GebirgSgegen-
den. Sie blüht weiß und bildet sehr kleine, aber schmackhafte
Knollen. Schon seit alten Zeiten bauten die Ureinwohner
Chilis und später auch Perus die Pflanze an, wodurch sie be-
deutend größer und auch wohlschmeckender wurde. Sie pflanz-
ten sie nicht durch Samen, sondern durch Knollen fort, und
noch heute holen sie sich, wenn eS an Saatgut mangelt, ein-
fach wilde Knollen herbei, und die Frucht wird schon im ersten
Jahre besser, im zweiten aber unfern Kartoffeln völlig gleich.
In Mexiko wächst sie ebenfalls wild, und zwar im Gebirge
und in Wäldern, oft auch als Unkraut in den Maisfeldern,
wird aber wenig beachtet.
Vielleicht fand sie schon ColumbuS 1492 in Cuba vor.
Als die Spanier Peru erobert hatten, brachten sie im sechs-
zehnten Jahrhundert auch die Kartoffel nach Europa, schickten
ste dem Papste, und die neue Pflanze fand einigen Anbau i«
Spanien, Italien, Burgund und den Niederlanden. Nach Eng-
land brachte ste zuerst Walther Raleigh 1584 und dann der
Admiral Drake 1586. Dieser schickte ste einem Freunde zur
Anpflanzung mit der Bemerkung, die Frucht dieses Gewächses
sei trefflich und nahrhaft, so daß eS für Europa nützlich wer-
den dürfte. Der Freund pflanzte die Knollen wirklich. Sie
gediehen schön, und als die Samenbeeren reif waren, fetzte er
diese statt der Wurzelknollen als hohe Seltenheit, in Butter
gebraten und mit Zucker und Zimmet bestreut, einer Gesellschaft
bei Tafel vor. Begreiflich schmeckten diese Samenbeeten ab-
scheulich, und die Versammlung meinte, sie seien in Europa
nur nicht reif geworden. Der Gärtner riß die Stauden auS
und verbrannte sie. Da zertrat der zufällig anwesende Herr
eine der in der Asche gebratenen Wurzelknollen mit dem Fuße.
Sie war schneeweiß, mehlig und duftete so lieblich, daß fie
gekostet und sehr schmackhaft gefunden wurde. Nun war das
neue Gewächs gerettet; aber noch hundert Jahre lang ward
eS bloß in den Gärten der Bornehmen gebaut, und die Kö-
nigin Anna von England bemerkte in ihrem Haushaltungs-
buche ums Jahr 1600, daß das Pfund 2 Schillinge oder
Franken koste.
Von England kam es allmälig nach Holland und Frank-
reich: aber anfänglich erschien eS bloß als kostbare Seltenheit
auf königlichen Tafeln und als Schmuckpflanze in fürstliche»
Zimmern. Ludwig XVI. pflegte noch eine Kartoffelblüthe i«
Knopfloch und . seine Gemahlin einen Kartoffelblüthenstrauß als
Haarschmuck bei Hofbällen zu tragen. Wie in vielen andere»
Gegenden bewirkten erst Theurung und HungerSnoth eine all-
gemeine Verbreitung. DaS Getreide war mehrere Jahre miß-
rathen und man forschte 1771 nach einer NahrungSpflanze,
die Aushülfe gewähren könnte. Da schlug der Apotheker Par-
vtentier die Kartoffel vor und baute vierzig Juchart damit an.
Der König, erfreut über die schöne Ernte, rief: „Sie habe»
das Brod der Armen gefunden." Allein die Armen und na-
mentlich die Bauern wollten es nicht versuchen und verachtete»
die fremde Knolle. ^ Da griff Parmentier zu einer Lift. Er
ließ öffentlich auSkünden, seine Kartoffeln seien nun reif; da
sie aber so kostbar seien, habe er vom König eine Schutzver-
ordnung erbeten, und jeder, der ihm eine Kartoffel stehle»
würde, hätte doppelte Strafe zu gewärtigen. DaS half. Die
Bauern kamen heimlich deS Nachts, gruben von seinen Kar-
toffeln auS, stahlen sie und probirten die Knollen. Sie schweb
ten ihnen wohl. Bald waren alle Aecker deS Apothekers reis
ausgeplündert, und Hunderte von Bauern pflanzten im näch-
sten Frühling gestohlene Kartoffeln an.
Noch später kam die Kartoffel in Deutschland zur Verbrei-
tung, obwohl sie schon 1533 in den botanischen Gärten ge-
pflanzt worden war. In vielen Gegenden wurde ste nach de»
Nothjahren deS dreißigjährigen Krieges und dann im Anfang
deS achtzehnten Jahrhunderts gebaut und auf verschiedene
Arten alö Speise zubereitet, als Schweinekost, zu Puder und
Stärke verwendet. Die Knollen hießen „Grüblinge" oder
„Erdäpfel." So oft die Getreideernten mißlangen, machte der
Kartoffelbau wieder größere Fortschritte. Wie derselbe i»
Preußen von der Regierung befördert wurde, erzählt der be-
rühmte Nettelbeck in seiner LebenSgeschichte: „Ich "mochte wohl
ein Bürschchen von fünf oder sechs Jahren sein und noch m
meinen ersten Höschen stecken — also um daS Jahr 1743
oder 1744 — als eS bei unS im Land weit umher eine so
schreckliche und knappe Zeit gab, daß viele Menschen vor Hun-
ger starben. Im nächstfolgenden Jahre erhielt die Stadt Kol-
derg aus des großen Friedrichs vorsorgender Güte ein Geschenk,
das damals hier zu Lande völlig unbekannt war. Ein großer
Frachtwagen voll Kartoffeln langte auf dem Markte an, . und
durch Trommelschlag in der Stadt und den Vorstädten erging
die Bekanntmachung, daß jeder Gartenbesitzer sich zu einer be-