Musik die Straßen und plünderte die Vorübergehenden aus. Da-
zu kommt der unbeschreibliche Kotb in den Straßen, ja selbst
mit Germanen versehene Schatzgräber verwandeln die Straßen
in Sümpfe, welche die Kommunikation unterbrechen, die Was-
ferleitungen »ergiften, die Gesundheit der Nachbarn und selbst
daS Leben der Bewohner bei etwa ausbrechenden Feue,Sbrün-
sten gefährden und daS alles unter den Augen der Polizei, so
daß man auf den Gedanken gerathen möchte die Polizei ezisti-
re gar nicht mehr. DaS ist aber irrig, denn sie existirt und
«acht ihre Existenz bemerklich.
So * B hat der Graf Szechenyi feine Feuerbrigade
ausgebildet und vollständig orgaiu'k't und bei den letzten Feu-
erSbrünsten in Pera und dessen Nachbarschaft bat diele Briga»
de ganz ausgezeichnete Dienste geleistet und ihxe Organtsation
bewährt: aber ihre Wlrksankeit in der Türkenstadt Smmbul
ist gelähmt, weil die Polizei dieser Brigade eS verboten bat
sich dort zu zeigen! Ein frunzösifcher U' terthan der für sich
und seine Familie in einem gemischten Ctuainer Pera'S eine
Wohnung gemiethet und darüber auf der Munic'pa-
lität einen vollkommen gesetzmäßigen Eontrakt hatte aufsetzen
lassen, wurde am Morgen nach feinem Einzüge von einer fa
natischen Türkenmasse unter Anführung deS ZmamS und Much-
tars lQuartiermeifterS) aus feiner Wohnung vertrieben und ge-
mißhandelt unv sein Mobilar auf die Polizei gebracht. Die
französische Botschaft hm bis jetzt vergebens reklamin und sich
dabei auf den unter Pauken, und Trompetenschall verkündig-
ten Reform-Ferman deS SultanS berufen; die Polizei hielt dem
Botichafter ein altes Ge'etz deS StaatSrathS vor die Nase,
nach welchem eme Vermehrung der christlichen Bewohner in
einem gemischten Quartier unzulässig sei, und offenbar gilt
ein veraltetes Gesetz deS StaatSrathS mehr als ein feierlich
verkündeter Befehl des Sultans.
Rußland. Man schieibt aus Sebaftopol: Der Winter
hat sich bei uns, sowie- in ganz Südrußland, in so grimmiger
Weite eingestellt, daß die ältesten Leute sich nicht erinnern, tu
nen gleichen Dezember je erlebt zu haben Eine Kälte bis zu
34 Grad Reaumur und fortwährende Schneestürme bringen
uns gerade in eine verzweifelte Lage. Der Babnvetkehr stockt
wegen Schneeverwehungen und auf dem schwarzen Meere ist
die Sch'fffahrt der heftigen Stürme wegen das größte Wag-
mß. Kein Tag vergeht, wo nicht erf»orne Personen in daS
hiesige Lazareth gebracht werden, die auf den Landstraßen lie-
gend, gefunden wurden.
— Zwischen KurSk unv Mockau hat der Frost eine Höhe
von 32 Grad erreicht. Die Eisenbahn - Waggons frieren an
den Schienen fest, so daß zwei Lokomotiven gebraucht werden
müss.n, den Zug in Bewegung zu setzen. Passaaiere aus
Moskau erzählen, daß man dort se't dem Jahre 1812 solch
einen W-mer nicht erlebt habe. Zn den besten Häusern erreicht
die Temperatur kaum 8 bis 10 Gl ad R Durch eine Ver
fügung des Ministeriums der Kommunikation ist allen Eisen-
bahnverwaltungen zur Pflicht gemacht worden, bei strenger
Kälte namentlich wenn dieselbe 20 Grad R übersteigt, die
Geschwindigkeit der Züge zu ermäßigen, sowie überhaupt alle
Vorsichtsmaßregeln zu ergreifen, welche mit Rücklicht auf den
Umstand geboten sind, daß bei starkem Ftoste die Schienen
und die Eifentheile am rollenden Material leicht brechen.
Volkswirthschaftliches.
Die Arbeit in Europa und in Amerika.
(Fortsetzung )
Die genannte Schrift geht nun auf die Arbeitsverhältnisse,
die Löhne, die Unterhaltskosten, überhaupt auf den Zustand der
Arbeiter, und zwar in England, Frankreich, Deutichland, Bel
gien.. Schweiz, Amenka u f. w. naher ein. Ich gebe daraus
folgende zusammengedrängte Darstellung der ArbeuerverhäUniffe
in den hauptsächlichsten Industriestaaten.
Ich beginne mit Großbritannien. Die Einfuhr von Pro»
dukten Großbritanniens in den Bereinigten Staaten Nordame
rikas betrug kür das Iabr 1874 die Werthsumme von mehr
alS 180 MM. Doll., darunter nahmen wollene, baumwollene
und Garnfabrikate, wie auch Eifen, die erste Stelle ein; da-
gegen betrug in demselben Jahre die Ausfuhr ameiikamscher
Produkte nach England über 341 Millionen Doll. Die durch«
schnittlichen Löhne der Arbeiter in England sin» per Woche z.
B sür Elsengießer, Modellmacher, Maschinisten 3 bis 9 Doll ,
für Bäcker zwischen 4 und 5 Doll, Maurer 8 bis 9 Doll.,
Schmiede 8 Doll, Ti'chler und Wagner 7 bis 8 Doli, Zrm-
merleute 8 biS 9 Toll, Arbeiter verschiedener Klassen in de«
Wollensabriken 5 biS 13 Doll., in den Kohlen- und Eis^nmi-
neu 15 blS 20 Doll. Man darf hienach einen allgemeine«
Durchschnittspreis von 8 Doll. annehmen. Die Ackerbau Ar-
beiter erhalten aber duraischnjttlich nur 80 Cents bis t Doll.^
höchstens l y 2 Doll. p> r Woche. ohne Kost und Wohnung.
Diese Klasse ist die bedrückteste, Fleischspeisen sind ein Lugut-
Artikel, die Kinder wachten ohne Schule auf, sind zerlumpt;
Söhne, Töchter und Eltern schlafen zusammen in einem Zim*
nur und sog«r in einem Bett Die englisöen Gewe'kSarbelter
verrichten in derselben Zeil durchschnittlich weniger Aibei' alS
die Amelikaner, auch sin» sie weniger mäßig als die amerika
nischen Arbeiter.
Die Provisionen oder Lebensmittel kosten in England, und
zwar Weizenmehl per Faß (200 Pfd ) 8 Doll., Roggenmehl
7 Doll, Fleisch per Pfd. von 10 bis 24 EentS. Butter von
24 bis 32 Cents per Pfund, Ka'toffeln 2 Cents per Pfund,
Kaffee 16 biS 20 Cent? per Pfund, HauSmiethe 1 % bis 2
Doll die Woche, an Kleidungsstücken kostet ein voller Anzug
für einen Arbeiter gegen 6 bis 10 Doll Der jahrliche Ar-
beitSenrag einer Arbeiterfamilie von 2 bis ^ K'Ndern, die zirm
Theil mebr oder weniger mitarbeiten, beträgt durchschnittlich
höchstens 440 Doll., und die jäh,lichen Ausgaben sind durch-,
fchnittlich von derselben Höbe, so daß Elsparmsse Ntcht übrig
ble'ben Cocperativ Associationen von GewerkSarbeitern zählt
England 1400 mit 500,000 Mitgliedern. Dieselben verkauften
im letzten Jahre ihre eigenen Produkte zum Betrage von 75
Millionen Doll.
Der Zustand der gesammten Arbeiterklassen Englands kann
nicht eher gehoben werden als bis ein National-Erziebl'ngeiy-
stem eingeführt wird, denn die Mehrheit der Albeiter hat ent-
weder keine oder nur höchst mangelhafte Erziehung u. Schule
gehabt. Aus diesem geisug und moralisch verwahrlosten Zu-
stand ist auch die allgemeine Trunksucht u. Unmaßi^keit unter
den A»beite»klassen entsprungen; die gesundheitswidrigen Wob-
nungsverhaltnisse der Arbeit«? liesern eine ertchnckende Liste von
Todesfällen. Da daö Parlament in dieser Beziehung nichts
zur Besserung gethan hat, so haben wohlthätige Gesellschaften,
namentlich aber der verstorbene amerikamfche Menschenfreund
Peaboty, in London FondS zur Errichtung gesunder reinlicher
Wohnungen für Arbeiter hergegeben.
Frankreich importirt nach den Ver. Staaten meist»n»ht'ils
Luxus, Artikel, leeren Werth im vorigen Jahre 50 Mill Doll.
betrug Der gewöhnliche Handarbeiter verdient jährlich 70 bts
80 Dollars, die Frau 20 Doll. und ein Kmv 10 Doll; die
Unterhaltungskosten an Nahrung, Wohnung und Kleidung be-
lragen jährlich für einen Mann 60 Doll. Brod, Begttab lien
und Früchte sind bihig und gut , dagegen Fleuch tbeuer und
ichlecht. Der französische Arbeiter lebt einfacher und geringer
a!S der engl sche Arbeiter Ein vollständiger Anzug für einen
Arbeiter kostet 6 biS 10 Doll Die Wohnungen der Arbeiter
in den kleinen Städten und auf dem Lande sind in der Regel
äußerst dürfijg, ohne alle Bequemlichkeit unb ohne Schntz ge-
gen Eii'stüfle deS WetterS. In den größeren Städten sind be-
sondere A»beite»wobnungen besser u. bequemer eingerichtet und
tosten 80 CentS bis 1 % Dollars monatliche Miethe. Die