Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1876)

Telegraph" machet einige Miftheilungen über die Entstehung 
deS Krieges vom Jähre 1366, die sehr beachtet zu werden 
verdienen. AlS Oesterreich und Preußen in Konflikt geriethen, 
bestanden nach der Angabe des Korrespondenten in den Tui- 
lerien 2 verschiKM HtwmupAN: Ve Kmfw», sympathisirte 
mit Oesterreich,NaPÄeo»z mip WtttMn. Der Kaiser 
hielt, wie damals die meisten StaatSmanner, Oesterreich für 
W^ uw& d^ 3»eirii»g mUtt -s im tem Weise 
verwerthen. «r schiKy Hm nach Turin^ damit er 
MxX ein Schutz- und Trutzbündniß Mischen Italien und 
Preußen anempfehle, wobei BenetienS Abtretung an Italien in 
Aussicht Kenockmettwerdsn fotö* Viktor Emasuel war dem 
Plane leicht zugängliche ebenso BiSmark, der Letztere, weil er 
Italien als die Avantgarde Frankreichs qnsah und sich deshalb 
der Neutralität d*6 Letztern im Kriegsfälle versichert glaubte. 
RapoleoG glaubte, das KtwWMeygehen JtalieM und Preußens 
werde Oesterreich schrecken und er hoffte, im richtigen Momente 
alS Mittler auftretend, eine Erweiterung der französischen Gren- 
zen im Osten für feine guten Dienste Herzschlägen zu können. 
ä gleicher M, alS diese Unterhandlungen gepflogen wurden, 
g der Herzog von Gramonr in einer ganz anderen Mission 
nWi mm Et hatte die Instruktion, zu eOvsbe«l, daß Be- 
«ebien an Italien zurückgegeben werde, wofür Italien- neutral 
M bleiben hätte, und daß diese Neutralität, wenn von Oester, 
Teich ein Krieg gegen Preußen unternommen würde, von 
Frankreich garantirt werdeZ falle. Napoleon nahm an, es 
werhe Oesterreich aus diese Bedingung nicht eingehen; die 
Sendung GramontS war nur ersonnen „pour smvser Je tapis*. 
Run hatten aber beide Reisen gleichen Erfolg, die Jerome'S 
und die GramontS. Napoleon gerieth derart selbst in die 
größte Verlegenheit, er wußte nicht recht, wie auS der unge- 
Dickten Situation wieder herauszukommen sei. Da jedoch das 
Bündniß zwischen Italien und Preußen für eine begrenzte Zeit 
Abgeschlossen war, half er sich, indem er Italien beredete, den 
Hlnjüng der Feindseligkeilen gegen Oesterreich möglichst zu ver 
schieben; mittlerweile wäre dann der Termin abgelaufen. Jta- 
tzefl schlug auch wirklich dieses Verfahren ein. Hatte eS zuerst 
Preußen gedrängt, rasch loszuschlagen, so rieth eS nun dem- 
selben, als einmal die Herausgabe von Venetien versprochen 
War, zuzuwarten. BiSmark indessen merkte, daß ihm Italien 
tzchappiren woftte u^d entschloß sich auf einmal, Oesterreich den 
Krieg zu erklären. Einzig in der veränderten Haltung Italiens 
f^ die^rptötzliche Eröffnung der Feindseligkeiten ihren Grund, 
.gehabt haben. Italien war dadurch genöthigt, den Krieg zu 
führen, um das Territorium zu eihalten, welches ihm eine 
Woche fMer o^hne Schwertstreich zugefallen würq. Nach Sa- 
dowa, als durch die Depesche vom 5. Juli der Kaiser von 
Oesterreich Venetien Napoleon geschenkt halte, damit dieser ^da- 
mit thue, waS ihm gutdünke, rieth der französische Minister 
Her auswärtigen Angelegenheiten, Drouyn de Lhuys, seinem 
Souverän, er möge Preußen den Krieg erklären. 
In der nächsten Nummer deS „Moniteur" sollte ein Dekret 
erscheinen, durch welches die Kammer behufs Ermächtigung 
ä00,000 Mann an die östlichen Grenzen zu schicken, einberufen 
wurde. Doch Drouyn de LhuyS hatte die Rechnung ohne den 
Wirth gemacht. In derselben Rächt konferirte Rouher mit 
dem Kaiser und gewann daS Spiel; es wurde die Publikation 
fceS Dekrets ststirt und jeder Gedanke an eine Intervention 
aufgegeben. „ES wäre überflüssig", bemerkt der Korrespon 
dent der „Daily News" zu seiner Darstellung, „auseinander 
zu setzen, welchen Einfluß diese Ereignisse auf die Geschichte 
her letzten Jahre geübt haben, und wieder einmal lehrt die 
Enthüllung, daß oft ein Würfel über das Geschick der Na- 
tionen entscheidet." WaS die Glaubwürdigkeit dieser Eröffnun- 
gen betrifft, so verbürgt sie der Korrespondent, indem er sagt, 
daß ihm die Angaben von emem der wenigen Männer g - 
macht worden seien, welche sich außer Napoleon III. und Bis 
marck die Thatsachen zu kennen in der Lage befänden. Man 
wird indessen gut thuch die Aeußerungen über die Absicht Jta- 
lienS, den Dermin ablaufen zu lassen — nicht ohne genaue 
Prüfung hinzunehme». Wiederholt ist die Loyalität der Jta- 
liener bestritten worden und noch immer haben fie beweisen 
können, daß sie den Vertragspflichten getreu nachzukommen je- 
derzeit bereit waren. Keinem Zweifel unterliegt dagegen, daß 
Bismarck nicht einerlei Meinung «it dem König, der zögerte, 
und mit der Königin, die einen versöhnlichen Brief nach Wien 
schickte, welcher dort jedoch bekanntlich nicht ankam . . . nicht 
zweifelhaft ist, daß Bismarck den baldigen Ausbruch des Krie- . 
geS wünschte — einen Casus belli suchte." Am leichteste» 
wird man geneigt sein, die Mittheilungen über die Absicht und 
die Haltung Napoleons richtig zu finden. 
Neueste Nachrichten. 
Wi en., 22. Aug. Nach Umgehung der serbischen Positionen. 
! von Banja hqt Ejtch Pascha gestern Ale^inatz genommen. DaS 
türkische Hauptquartier ist in Rsavci. 
Wien, 22. Aug. Der „Pester Lloyd" meldet: Die Ftzie- 
! denSauSsichten steigern sich. ES verlautet, daß unter den Groß* 
! mächten eine Verständigung über dje Frage der Mediation, 
sowie, daß ein Ausgleich deS englisch-russischen Gegensatzes er- 
zielt worden sei. — Die „N. Fr. Pr." meldet die Heimberw? 
fung deS italienischen Geschwaders. , 
London, 21. Aug. DaS „Reuter'fche Bureau" meldet aus 
j Belgrad vom 21. d. daß daselbst Gerüchte über den bevor- 
, stehenden Abschluß eines Waffenstillstandes umliefen. AkimpitfH 
solt den Fürsten Milan um die Ermächtigung ersucht habet», 
^ die Offensive wieder zu ergreifen — eitl Ersuchen, welche* 
Kürst Milan ablehnte. 
Brüssel, 21. Aug. Der „Nord" knüpft an die Bemerk 
kung, daß eine von Italien ausgehende Mediation im Orient 
nun doch wahrscheinlicher werde, die Mittheilung, daß Elliot 
! im Hinye der Wiederherstellung deS Friedens ernste Borstel- 
lungen in Konstaytinopel gemacht habe. Der „Nord" meint: 
wenn dieses Vorgehen wirksam sein solle, so müsse daSselbt 
vyn der Zurückberufung der britischen Flotte aus der Bestka- 
Bai begleitet sein, damit der Türkei über die Aenderung der 
englischen Pylitik kein Zweifel bleibe. Der ^Nörd" sagt zum 
Schluß: mit Rücksicht auf die nationa/e Bewegung in Ruße 
land sri eS nothwendig, daß die Mediation baldigst eintrete, 
St. Petersburg, 21. Aug. Per Kaiser von Rußland 
: begibt sich Ende August nach Warschau. Die Organisation 
von HülsscomitSS für Serbien zur Unterstützung der Berwun- 
Veten, und der von Haus und Hof Vertriebenen gewinnt jetzt 
auch in den Provinzen Rußlands die weiteste Ausdehnung. 
Bisher steuerten vorzugsweise St. Petersburg und Moskau 
zu dem erwähnten Zwecke bei, jetzt gehen auch aus den übri- 
gen LandeStheilen zahlreiche Unterstützungen mit Zuschriften ein, 
welche die Stimmung betreffs der an den Christen verübten 
Grausamkeiten als im höchsten Grad erregt schildern. Betreffs 
der türkischerseitS vorgekommenen Verletzung deS rothen KreuzeS 
wird hier erwartet, daß die Vertreter der Mächte in Konstan- 
tinopel auf eine bestimmte Erklärung seitens der Pforte drin- 
gen werden: wie weit die Unterschrift der Pforte unter der 
Genfer Convention Geltung habe. 
Belgrad, 21. Aug. Während deS ganzen gestrigen TageS 
wurde in der Umgegend von Alexinatz gekämpft. Man glaubt, 
daß die Gefechte für die Serben ungünstig ausgefallen feien. 
Semlin, 21. Aug. 40,000 Türken unter Abdul Kerim 
erneuerten gestern den Angriff auf die bei Teschnitza konzen- 
trirten Serben. Wiederholte Angriffe der Türken wurden ab-
	        

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