Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1876)

eine gemischte Kommission von schweizerischen, bqdischen ifnt> 
reichsländischen Forstbeamten und Wasserbau - TMnikern möge 
die Graubündner Forsten besichtigen und die Msachen und 
Heilmittel der Ueberschwemmungen, bezw. die notwendigen 
Wiederbewaldungen feststellen; zweitens die schweizerischen Kan- 
tone möchten den Mißbrauch deS raschen Wechsels ihrer Forst- 
beamten abstellen, der auf die Waldpflege sehr ungünstig ein- 
wirkt. Hiezu bemerkt ein Korrespondent der Kölnischen: ES 
läßt sich nicht leugnen, daß der Gegenstand eines sorgfältigen 
Studiums nicht nur werth ist, sondern bedarf; man verliert 
ihn übrigens auch in der Schweiz nicht aus den Augen, na- 
mentlich seit der letzten verderblichen Katastrophe. 
. " Ausland. 
; Vo m Kr ieg Sschaupla tz. DaS Hauptinteresse nahmen 
in den letzten Tagen die Nachrichten über die montenegrinischen 
Corps in Anspruch. Am 23. Juli ist der Fürst von Monte- 
negro von Mukhtar Pascha geschlagen worden und es sollen 
seine Verluste sehr bedeutend gewesen sein. Am 29. Juli mel 
det ein Telegramm des Fürsten Nikita: 
Mukhtar Pascha ist vollkommen vernichtet. Von feinen 
16 Bataillonen retteten sich 4 mühsam durch die Flucht. Wir 
haben außer OSman Pascha 300 Nizams gefangen, 5 Kano^ 
nen, eine große Anzahl Waffen, viel Munition, Fahnen und 
andere Gegenstände den Türken abgenommen. Unsere Verluste 
sind verhältnißmäßig gering. In den ersten Reihen fochten 
die nächsten Verwandten, von denen u. a. Philipp Petrowitsch 
schwer verwundet wurde. In unserm Heer herrscht großer 
Enthusiasmus. 
Aus Belgrad wird der „A. A. Ztg." unter dem 26. Juli 
Folgendes geschrieben: 
Die neuesten Bewegungen deS Corps deS General Tscher- 
najeff haben Anlaß zu allerlei Gerüchten gegeben, die sich 
sämmtlich in den einen Satz zusammen fassen lassen: daß die 
türkischen Waffen über die serbischen die Oberhand gewonnen 
haben. Böswilligkeit oder Oberflächlichkeit im Urthal haben 
daraus auf eine Niederlage Serbiens geschloffen. Worin be 
stand diese Truppenbewegung? Wo liegt ihr Grund? WaS 
hat sie zum Zweck? Nur aus der richtigen Beantwortung 
dieser Fragen kann man ein sicheres Urtheil darüber schöpfen 
auf wessen Seite der größere Erfolg ist Ich habe mir Mühe 
gegeben die Meinung objektiv urtheilender Fachmänner hierüber 
kennen zu lernen, denen die militärischen Verhältnisse der 
kämpfenden Parteien genau bekannt sein müssen. Tschernajeff 
hat die eroberten Positionen von Babina Glawa und Ak-Pa- 
lanka am 10. d. M. aufgegeben und sich mehr gegen Norden 
zurückgezogen. Während deS Marsches seiner Truppen besich- 
tigte er sämmtliche westlich von Nisch aufgestellte Truppen. <§*> 
war er bei Supowatz und beim General Zach. Der Zweck 
dieser seiner Reise ist den nicht Eingeweihten natürlich nicht 
bekannt. Vom General Zach begab er sich tHeils über türki- 
scheS theilS über serbisches Gebiet zur Timok-Armee, wo er 
am letzten Kampfe zugleich mit dem montenegrinischen Kom- 
missär Mascho Wrbitza theilnahm. Inzwischen haben seine 
Truppen ihren Bestimmungsort erreicht. Aber wo diese Trup- 
pen gegenwärtig campiren, ist nur den Befehlshabern bekannt. 
Mein Nachfragen darüber ist refultatles geblieben. Das eine 
weiß man bestimmt: daß sich eine Abtheilung derselben unter 
Oberst Uzün-Mirkowitsch in der Umgegend von Pandiralo an 
der südöstlichen Grenze Serbiens befindet, wo neulich ein blu- 
tigeS Treffen stattfand, welches zwei Tage währte und t— wie 
die verschiedenen Berichte von dort melden — mit einer sol- 
chen Niederlage der Türken endete, daß eS ihnen nicht so bald 
einfallen wird, einen neuen Angriff zu versuchen. Wo sich 
daS übrige Heer in diesem Augenblick befindet, kann man — 
wie gesagt — nicht bestimmt wissen Einige, die weiter sehen 
wollen alS wir gewöhnlichen Menschenkinder, behaupten, daß 
eS Stellungen auf türkischem Boden in der Richtung gegen 
Pelgradschik genommen habe. Hoffentlich wird niemand, selbst 
M Türken nicht, behaupten wollen, daß man diese Truppen 
in Folge irgendeines türkischen Sieges vermisse. ES ist somit 
ersichtlich, in welcher Richtung die Bewegung der Tschernajeff'- 
fchen Truppen ungefähr geschehen ist. Der Grund dieser Ver 
änderung der Stellung liegt in mehreren Umständen, die in 
ursächlicher Verbindung mit einander stehen, und die ich in 
Kürze anführen werde. Jedermann ist eS bekannt, daß noch 
vor dem Beginn des Krieges die Türkei an der südlichen 
Gränze Serbiens in dem stark befestigten Lager von Nisch eine 
ihren finanziellen und politischen Verhältnissen entsprechende, 
ziemlich bedeutende Streitmacht aufgestellt hat, um von dieser 
Seite durch das breite Morawa-Thal in Serbien einzudringen. 
Diesen Maßnahmen entsprechend, wurden auch serbischerseits 
an der Gränze in der Umgegend von Alexinatz starke FestungS- 
werke aufgeführt und in denselben eine große Anzahl von 
Truppen aufgestellt. Um die türkische Streitmacht von Nisch 
nach Möglichkeit zu schwächen, fielen gleichzeitig mit der Kriegs- 
erklärung einige dieser Alexinatzer Truppen in die Türkei ein, 
und haben auch einige feindliche Positionen in der Umgegend 
deS Hauptlagers genommen. In Folge dieser serbischen Vor- 
kehrungen und Operationen wurde im türkischen Kriegsrath ein 
neuer Operationsplan entworfen. Man erfuhr im serbischen 
Lager, daß die Türken von den früher beschlossenen Angriffen 
von Nisch aus Abstand genommen und diese von einer andern 
Seite unternehmen würden. Dieß wurde auch bald zur That- 
fache. Die Türkei ließ die Streitmacht zu Widdin durch Zu 
ziehung ihrer besten und diSziplinirtesten Truppen bedeutend 
vergrößern und neue Befestigungen an der Ostgränze Serbiens 
errichten. Bald darauf wurden auch sehr heftige Angriffe 
gegen das Defensivkorps LeschjaninS versucht, die bekanntlich 
bis jetzt stets zurückgeschlagen wurden. Diese Veränderungen 
im türkischen OperationSplan mußten natürlicherweise im ser- 
bischen Lager Veranlassung zu neuen Combinationen geben. 
Während der angeführten Vorbereitungen im türkischen Heere 
sind auch die serbischen Combinationen reis geworden. Das 
Ziel der türkischen Truppenanhäufung an der Ostseite Serbiens 
ist ganz klar. Es galt also dieses Ziel zu vereiteln. Deßwegen 
traf man im serbischen Central-Generalstab die zweckent- 
sprechenden Maßnahmen. Die Bewegungen der Armee Tscher- 
najeffs sind also in Folge neuer strategischer Combinationen 
im serbischen Generalstab geschehen, und nicht — wie türkischer- 
seitS mit Emphase behauptet wird — in Folge türkischer Siege 
bei Babina Glawa und Ak-Palanka. Bezeichnend ist eS, daß, 
den türkischen Nachrichten zufolge, diese angeblichen Siege am 
15. d. stattgefunden haben, während Tschernajeff die erwähnten 
Positionen schon am 10. d. aufgegeben hat. Daraus könnte 
man schließen, daß die Türken erst 5 Tage später erfuhren, daß 
Tschernajeff abgezogen sei, oder daß sie erst nach seinem Ab- 
zug den Muth faßten die aufgegebenen Stellungen wieder zu 
besetzen. Wahrscheinlich meinten sie daß Tschernajeffs Abzug 
bloß ein Manöver sei, um sie in die Positionen zu locken und 
da wieder zu schlagen. — Wie es übrigens mit den von den 
Türken monopolisirten Siegen bestellt ist, geht deutlich aus 
der Thatsache hervor,.daß die türkische Regierung vor einigen 
Tagen eine Verordnung erlassen hat, wonach allen ZeitungS- 
berichterstattern verboten wird, die türkischen Lager zu besuchen. 
Auch die Korrespondenten türkischer Blätter sind davon nicht 
ausgenommen. Derartige Maßnahmen pflegt man gewöhnlich 
nur am Beginn deS Krieges zu treffen,- bis man ein klares 
Bild von den Richtungen und Vormärschen deS eigenen HeereS 
eUangt hat. Wenn aber der Krieg weiter vorgeschritten ist 
und die Armeen günstige uud erfolgversprechende Bewegungen 
gemacht haben, werden solche Verbote aufgehoben. So hat 
Preußen und so hat jetzt auch Serbien gethan. Jetzt bekom- 
men hier alle fremden und einheimischen Correspondenten ohne
	        

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