Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1876)

durch Hut und Kleider drangen und mehrere Pferde unter ihm 
tödteten, den Rückzug. Der Fürst führte nach der Schlacht 
auch die Friedensverhandlungen und unterzeichnete den Friedens- 
fchluß von Preßburg (26 Dezbr.), nach welchem Tirol, Vor- 
arlherg und das venezianische Gebiet an Napoleon abgetreten 
WÄden. Bayern und Württemberg wurden vom Kaiserin- 
abhängige Königreiche. Die beiden genannten Staaten, sowie 
Baden, Hohenzollern und mehrere andere kleinere Fürftenthümer 
unterzeichneten sodann d. 12. Juli 1306 die RbeinbundSakte, 
nahmen Napoleon zu ihrem Protektor und trennten sich für 
immer vom deutschen Reiche. So waren die meisten deutschen 
Staaten vom Kaiser abgefallen und eS blieb daher Franz II 
nichts anderes übrig, als seine Würde als deutscher Kaiser 
niederzulegen. Er that dießd. 6. August 1806. Dagegen 
hätte er schon d. 14 August 1804 den Titel eines Kaisers 
W Oesterreich angenommen 
? ! 3n der RheinbundSakte wutde zwar auch der Fürst von 
Liechtenstein genannt, er war aber durch keinen Gesandten ve» 
treten und der Anschluß geschah ohne daß er irgend welche 
Schritte that. Nach Art. VII. deS Vertrags mußten die Für- 
ften, welche im Dienste einer fremden Macht bleiben wollten, 
ihr Fürstenthum einem ihrer Söhne übertragen. Fürst Johann 
trat daher die Regierung seinem drittjüngsten Sohne ab. 
Die Fürsten deS Rheinbundes, nun unabhängig geworden, glaub- 
ten sich nicht bloß den Verpflichtungen gegenüber Kaiser und 
Reich entbunden, sondern hielten sich auch für befugt, nicht mehr 
auf die Rechte zu achten, welche die Reichsgesetze oder Verträge 
dem Volke gaben. Sie schickten sich an, eine Autokratie ein- 
zufthren, wie sie in deutschen Landen nie bestanden hatte Auch 
die damaligen Beamten unseres Landes blieben von solchen 
Bestrebungen nicht frei. Der bisherige Landvogt Menzinger 
wurde pensionirt und an seine Stelle Joseph Schuggler mir 
der Regierung deS Landes betraut (1803). Das Landam 
mannamt wurde nun aufgehoben und so dem Volke seine Ver 
tretung genommen. Die Richter, welche bisher aus den an- 
gesehensten und einsichtsvollsten Männern in jeder Gemeinde 
zur Verwaltung deS Gemeindevermögens, sowie als Vertreter 
der Gemeinde und Räthe des LandammaünS gewählt worden 
waren, wurden abgeschafft. Statt derselben wurde in jeder 
Gemeinde von der Regierung ein Richter bestellt, welcher als 
bloßer Unterbeamter lediglich die befehle der Letztern zu vollziehen 
hatte. Mit diesen Neuerungen war das Volk, wie sich leicht 
denken läßt, sehr unzufrieden, allein seine Klagen fanden einst« 
Weiten kein Gehör. 
Die Franzosenkriege wiederholten sich bis 1815 öfters, bis 
endlich im genannten Jahre Napoleon zum zweiten Male ge- 
stürzt wurde und Europa wieder meist unter die alten Fürsten 
zurückkehrte. Die Fürsten Deutschlands schloffen nun den deut 
schen Bijnd , dem auch Liechtenstein beitrat. (8. Juni 1815) 
Bei diesem Zeitpunkte angekommen, schließen wir für einst- 
weilen die Reihe der Artikel über die vaterländische Geschichte. 
Wie gütigst in ÄuSstcht gestellt wurde, wird vielleicht bald das 
nöthige Material zu Gebote stehen, die Geschichtsbilder bis zur 
Gegenwart fortführen zu können. 
Ausland. 
Die Nachrichten, welche vom Kriegsschauplatze einlaufen, 
lassen die Lage Serbiens nicht besonders günstig erscheinen. 
Die bedeutsamste Nachricht welche gestern eingetroffen, ist 
der Eintritt Rumäniens in die diplomatische und militärische 
Aktion. Die rumänische Regierung hat die Mobilmachung 
ihrer Armee angeordnet, angeblich um ihre Neutralität mehr 
zu „verschärfen"; sie hat aber gleichzeitig, wie aus Wien und 
Paris berichtet wird, an die Pforte eine Note und an die 
Mächte ein Denkschrift gerichtet, in welchen sie verschiedene 
Wünsche darlegt, deren gutwillige Erfüllung sie von der Pforte 
erwartet. Sie verlangt darin nichts weniger als die volle 
Unabhängigkeit Rumäniens von dem Suzerän in Konstanti- 
nopel, denn die Einräumung deS VertragSrechteS und die Auf- 
Hebung der Tributpflichtigkeit würden dj? letzten Rejie der Ab- 
hängigkeit Bukarests von Konstantinypel beseitigen; außerdem 
soll die rumänische Regierung die Abtretung der Sulina-Mün- 
dung verlangt haben. 
Der Triesier „Cittadino" hat von seinem Belgrader Kor- 
respondenten folgenden Bericht über die am 6. und 7 Juli 
vorgefallenen Kämpfe erhalten: „Am 5 Juli griff eine Kolonne 
von mehr als 1000 Türken die ObservationSabtheilung bei 
Zaitschar an der Gränze deS KreiseS von Kujazevatz an. Die 
Serben leisteten Widerstand bis ihnen die Freiwilligen zu Hülfe 
kamen, worauf die Türken nach einem 4stündigen Kampfe stch 
zurückzogen. Die Serben hatten geringe Verluste, die Türken 
30 Todte und Verwundete Am selben Tag um 7 Uhr AbendS 
begann der Kampf der Türken mit den serbischen Vorposten 
an der Drina. Ein türkisches Detachement, welches sich mit 
einem Wagenzug nach Ratscha begeben hatte um Mehl unv 
andere Lebensmittel zu holen, wurde von den Serben eingeholt 
und angegriffen. 2000 Mann regulärer türkischer Truppen 
rückten von Belina aus um die erwähnte Eöcorte zu schützen, 
sie wurden jedoch von den serbischen Bataillonen de$ MajorS 
Vlajkowitsch und 4 andern im Rücken angegriffen und von 
allen Seiten umzingelt. Bei Belatun und Medjus entspann 
sich ein lebhafter Kampf, der bis nach Mitternacht fortdauerte, 
und die Türken wurden derart zersprengt, daß nur ein kleiner 
Theil unter dem Schutze der Finsterniß nach Belina zurückkehrte. 
In diesem Scharmützel erbeutete ein serbischer Kommandant 
eine türkische Fahne, auch fielen viele Hinterlader, Pferde, 
Munition und eine Anzahl Gefangener in die Hände der 
Serben. — Am 7. Juli machten sich die Serben daran die 
Todten auf dem Schauplatze dieser Kämpfe zu beerdigen. 
Unter den gefallenen Türken befanden sich mehrere Offiziere 
und auch der Oberst Stocewitsch, dessen Bataillon gänzlich 
aufgerieben worden war, wie auch die Leiche deS Mohammed 
Bey Alipasttsch, eines der erbittertsten Feinde der Christen. 
SerbischerseitS sielen im Gefechte von Be!ina (über dessen AuS- 
gang der Korrespondent keine Auskunft gibt) 80 Mann, und 
im andern (bei Bolatun und MedjuS?) 67 Mann, während 
1300 türkische Leichen (?) aufgefunden wurden, mit Ausnahme 
jener in Belina (?). All*: Dörfer von Ratschan bis gegen 
Belina sind in der Gewalt der Serben. Am 6. Juli über- 
schritt General Zach mit seinem KorpS die Gränze bei Javor 
um loy 2 Uhr Morgens. Nach einem ^ stündigen Marsche 
stieß er auf den Feind, der auf den Höhen eine verschanzte 
Stellung eingenommen hatte. Der blutige Kampf währte bis 
5 j / 4 Uhr Nachmittags. Auf beiden Seiten gab eS viele Todte 
und Verwundete. (Ueber den Ausgang deS Gefechtes sagt der 
Korrespondent nichts.) Am 6. Juli (soll wohl heißen 7) 
währte der um 3y 2 Uhr früh erneuerte Kampf bis 1 Uhr 
Nachmittags fort. Oberstlieutenant Tfcholak-Antitsch passirte 
die Gränze bei Laska nach einem blutigen Gefecht, vertrieb 
die Türken aus ihren Stellungen und besetzte das ganze tür- 
tische Gebiet von BaSka bis Novibazar, so daß das serbische 
Gränzgebiet deS KreiseS von Katschak gänzlich von Türken 
gesäubert ist. Die Serben demoliren alle Thürmchen und zer- 
störten alle Gränzwachthäuser der Türken. Die serbische Feld- 
batterie zielte sehr gut. Die Zahl der Todten und Verwun- 
deten ist noch nicht bekannt. GS wurden Pferde und Trompeten 
erbeutet. Die Serben rasten in den genommenen Stellungen. 
Die Türken zogen sich nach Novibazar zurück." — Dieser 
Bericht lautet ziemlich kleinlaut, die Angaben der Todten und 
Verwundeten fehlen, was jedenfalls verdächtig ist An diesen 
Bericht knüpfen sich folgende Privatdepeschen: Belgrad, 12. 
Juli. Der Kampf bei Widdin hat begonnen. Belgrad, 12. 
Juli (Abends). Alle Insurgenten des nördwestlichen Bosniens 
haben sich mit dem Korps des Alimpitsch vereinigt. Die Be- 
	        

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