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um so leichter, als die überwiegend sartische Bevölkerung Tasch-
kendS den Aiptschaken feindlicher gesinnt ist, als den Russen,
letztere durch eine Deputation zur Besitznahme ihrer Stadt auf-
forderte und. in der That den Russen auch friedlich die Pfor
ten öffnete. Dieß geschah im Herbst 1864, und von da datirt
der pompöse Titel Sieger von Taschkent), aus welchen der ge-
genwärtige serbo-russische Held so überaus stolz ist. Tscher-
najeff, selbst erstaunt über die so unerhofft und leicht errunge-
nen Bortheile, gab schon damals seinen schwärmerisch-großrus-
fischen Ideen einen lebhaften Ausdruck, indem er in einem
.Brief an einen seiner Freunde in Wjätka besagte jokandische
Stadt als eine Hauptpforte Indiens schilderte und im kühnen
Kluge seiner Phantasie den russischen Adler schon über den
Hindukusch und die SulejmanS-Kette nach dem reichen Indien
hinfliegen sah. Doch so wie Diplomat und Krieger, so sind
auch Phantasie und Wirklichkeit weit voll einander entfernt,
und der siegestrunkene Russe mußte eS sich gefallen lassen,
über diesen Abstand nicht etwa von Engländern, sondern von
den Tataren selbst belehrt zu werden. AlS nämlich Tscherna-
jeff, nicht zufrieden mit Taschkend und in feiner Gier, besagten
Flug deS russischen AdlerS nach dem Süden zu beschleunigen,
über den Kurama-District nach Ehodschend eilte und von bier
nach Oratepe ging, um Samarkand mittelst eineS Handstreichs
zu erhaschen, ward er von den Truppen (sit venia verbal)
deS EmirS von Bochara angegriffen und dermaßen aufs Haupt
geschlagen, daß er mit Zurücklassung einiger Geschähe und vie-
ler seiner Soldaten nur mit großer Mühe einen Hafen der
Sicherheit erreichen konnte. Diese nachträgliche Qualification
deS Siegers von Taschkend konnte den Herren an der Newa
am wenigsten gefallen. Tfchernajeff wurde daher eiligst abge-
setzt und fiel, wie eS in Rußland schon Sitte ist, dermaßen in
Ungnade, daß er, um sein Leben zu fristen, vom Felde nu'lltä-
«scher Thäiigkeit auf daS schriftstellerische Gebiet sich zurück-
ztehen mußte, um, gleich Fadejeff, mit der Feder anstatt mit
dem Schwert jene gigantischen Pläne zu verfechten, welche die
siavische Weltherrschaft der Verwirklichung zuführen sollen.
Wie früher vom Diplomaten, so avancirte Tfchernajeff im
Laufe dieses Jahres vöm Literaten wieder zum Soldaten, und
zwar zum angeblichen Heil unserer serbischen Nachbarn, die in
Anbetracht seiner bisherigen militärischen Leistungen doch wohl
chäten auf feine zukünftige SiegeSlaufbahn nicht mit so unbe
dingter Zuversicht zu blicken. Die türkischen NizamS mit i h-
ren guten modernen Waffen, mit ihrem echt militärischen Geiste
find doch grundverschieden von jenen undiSciplinirten unbewaff-
neten und nichts weniger als tapferen Horden, welche dem
diplomatisch-literarischen Russen-General die erste Lection gege-
ben haben. Auch sind Westtürken oder OSmanen aus anve-
rem Stoffe geformt als Oezbegen, TadschikS und SartS und
so möchten wir denn den Stylisten der anticipirten Sieges-
bulletins der serbischen Südarmee den Rath ertheilen, bis auf
weiteres etwas vorsichtig zu Werke zu gehen!"
Neueste Nachrichte«.
Der „Pesten Lloyd" meldet als Resultat der Reichstädt«?
Zusammenkunft: Oesterreich erkennt eine Aenderung deS terri-
torialen Besitzstandes nur unter Zuziehung der Traktatmächte
an und hält an strengster Neutralität für die Dauer deS Arie-
geS fest. Rußland erkennt eine Bereinigung Bosniens mit
der Herzegowina als den Interessen Oesterreichs" zuwiderlau-
fend an, wogegen Oesterreich nach dem Siege der Türken für
die Integrität Serbiens und die Berliner Reformen eintritt.
In hiesigen politischen Kreisen ist man über dieses Ergebniß
der Reichftadter Konferenzen sehr befriedigt.
Den offiziösen Morgenblättern zufolge soll die Begegnung
in Reichstadt den Frieden von neuem gesichert haben. Wie
aus Belgrad gemeldet wird, ist ein Berichterstatter die WifJivr
Blätter, Namens Wallsee, getödtet worden. AuS Prag ve*»
lautet, daß der Eintritt der, Tschechen in den ReichSrath ernst»
lich vorbereitet wird.
General Tfchernajeff soll eine schwere, nahezu vernichtende
Schlappe erlitten haben und den Rückzug nach Serbien zu
Winnen trachten. Bei dem Corps Alimpitschs ist ein Wiener
Korrespondent getödtet und zwei französische sind verwvndet
worden.
Verantwortlicher Redakteur u. Herausgeber: Dr. Rudolf Gchädler,
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Witterung.
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fast trüb; etw. Reg.
Telegrafischer Kursbericht von Wie».
12. Juli Silb«r . . i 100.90
20-Frankenstücke 1013
Druck von Heinrich Sraff in Zeldkirch.