Gewitter — die Gewitter — kommen auS meiner Großmutter
ihren Knochen." — „Wa — was?" entgegnete der Lehrer
ganz erstaunt — auS den Knochen deiner Großmutter?" —
„Ja wohl", antwortete der Knabe mit vieler Zuversicht, „ganz
getviß! Denn wenn ein Gewitter gewesen ist, sagt sie alle-
mal : DaS hat mir schon drei Tage lang in den Knochen
gelegen.
* Gesell: „Aber daS ist doch nich: recht, Meister, wie
Ihr neulich dem Herrn Grafen den Mantel gemacht habt, so
habt Ihr Euch vom Tuche 2% Elle zurückbehalten; daS könnte
ich nicht, da machte ich mir ein Gewissen daraus."
Meister: „Dummkopf! ein Gewissen mache ich mir
auch nicht daraus, sondern ein Paar Hosen."
* Man hat, wie die Berliner „Post" erzählt, in diesen
Tagen in einem großen EiSblocke, welcher sich in. Folge deS
ThauwetterS vom Mont-Blanc loSgelöSt hatte, ven Kör-
per eines Amerikaners NamenS John Biackford gefunden, der
vor drei Iahren den Versuch gemacht hatte, den Mont-Blattc
ohne Führer zu ersteigen und von dem man seitdem nichtS
wieder gehört hatte. Die Kleidung und die Gesichtszüge deS
verunglückten Touristen waren vollständig gut erhalten.
* ES bat Jemand einen Arzt, ihm doch etwas für die
Augen semer Frau, die sehr entzündet waren, zu verschreiben.
- Sie soll sich jeden Tag mit einem Gläschen Branntwein
waschen, sagte der Doktor. Wenige Wochen nachher begegnete
Letzterer dem Ehemann. „Nun, Freund, hat Ihre Frau meinen
Rath befolgt?" fragte er. „Sie hat sich alle mögliche Mühe
gegeben, Doktor," sagte der Gatte. „Sie hat das Glas aber
nie höher als bis zu ihrem Munde bringen können."
* In **** sollte ein Verbrecher gehenkt werden; eS fehlte
aber an einem Henker. Ein Maurer verstand sich endlich dazu,
HenkerS Stelle zu vertreten und erhielt eine ansehnliche Beloh-
nung. DieS gefiel ihm und er ließ daher bald darauf an den
Straßenecken eine Nachricht anschlagen, folgenden JnhaltS:
„Ich Endesunterschriebener habe neulich den Dieb N. N.,
wie jedermänniglich bekannt sein wird, für zwei LouiSd'or mit
vieler Geschicklichkeit gehenkl. Ich habe indessen bei den jetzigen
geldarmen Zeiten den Preis heruntergesetzt und bin bereit, ein-
zelne Personen für Einen LouiSd'or, Gesellschaften von 3 und
4 Personen aber für zehn Thaler zu henken, wozu ich ein
geehrtes Publikum hiermit ergedenst einlade. R. R."
* Eine Brutalität, welche sich im Hofe der Pesther Karls-
Kaserne zugetragen haben soll, wird im „Hon" von einem
Augenzeugen geschildert. Ein Zugführer drillte nämlich daselbst
polnische Rekruten deS Salvator-RegimentS, wobei eS geschah,
daß auf daS plötzliche Commando: „Links um!" zwei unge-
schicktet« Rekruten mit den Gesichtern aneinanderprallten. Hier-
ob gerieth der Zugführer in wahre Berferkerwmb; er befahl
dem Einen, den Mund zu öffnen, und der Andere mußte ihm
dreimal hineinspeien, und dann umgekehrt. Die umstehenden
Civilisten trieb der rare Unteroffizier auS seiner Nähe, um keine
Zeugen zu haben.
* Ein Schumacher, der viele Schulden, kein Geld, aber
großen Hunger hatte, rief einst auS:
Lieber Himmel, schaffe mir Credit,
Oder nimm mir meinen Appetit!
Der Spieler.
AuS den Erinnerungen eines ArzteS.
Mitgetheilt von Roderich Benedix.
(Schluß.)
Der Kaufmann fuhr fort: „ich entsinne mich aber genau,
daß auch der andere Angeklagte, Friedhelm, von diesen Hemden
gekauft hat. Er hat eine eigenthümlich lispelnde Aussprache
der Zischlaute, die mir auffiel, als er bei mir kaufte und sehr
genau handelte; an dieser Aussprache erkannte ich ihn vorhin
wieder, als er sprach, und jetzt, wo ich vor ihm stehe, erinnere
ich mich auch genau seiner Gesichtszüge. Damit ich mich aber
nicht irre, will ich noch ein Merkmal angeben. Der Mann,
der damals die Hemden bei mir kaufte, hat ein seltsam gestal-
teteS, braunes Muttermal am Halse. Ich sah dasselbe, alS er
daS HalStuch abband u. ich ihm die Hemden um den HalS an-
paßte. Wenn der Angeklagte Friedbelm dieses Muttermal auch
hat, so behaupte ich die Identität beider Personen auf meinen
Eid."
Ich sah Friedhelm an, seine Augen funkelten wie von stil
ler Wuth und er biß sich, auf die Unterlippe. Der Präsident
hieß ihn sein etwas auffallend dickes HalStuch abbinden. Zö-
gernd that er eS, und Richter und Geschworene sahen wirklich
ein brauneS Muttermal von seltsamer Gestalt.
Ich athmete auf. Von Anfang an hatte ich eine unerklär-
liche Theilnahme für Theobald gefühlt Die günstige Wendung,
die seine Angelegenheit nahm, versetzte ihn in noch größere Auf-
regung. Wenn er vorher wenig Hoffnung auf Freisprechung
gehabt haben mochte und eS die Angst vor dem ihn bedrohen-
den Urteilsspruche war, die ihn bewegte, so wuchs jetzt seine
Hoffnung auf eine Freisprechung, und damit nothwendig wur-
den die Gefühle mächtiger, die in seiner Brust wogten. Anders
dagegen war daS Benehmen deS andern Angeklagten. Seine
bisherige Ruhe und Sicherheit wichen der Unruhe, seine Ge-
sichtSzüge nahmen einen Hämischen, boshaften Zug an. Man
sah eS klar, er nahm sich zusammen, nicht sehen ;zu lassen,
waS in ihm vorging.
Wahrend die Aussage deS Kaufmanns alle Zuhörer und
auch Geschworene und Richter in Bewegung brachte und eine
Pause in den Verhandlungen entstand, wie sie sich oft zufällig
macht, trat der Wachtmeister der Landreiter vor und meldete,
auch er habe eine Mitteilung zu machen. Kraft seiner diScre-
tionären Gewalt ließ der Präsident auch diese Mittheilung zu.
Der Wachtmeister sagte dann auS, eS sei vor drei Tagen ihm
ein Steckbrief zugekommen, nach welchem vor Jahr und Tag
eine großartige Fälschung durch geschicktes Nachahmen fremder
Handschristen begangen worden, die man erst vor Kurzem ent-
deckt habe. Als sicherer Thäter würde in dem Steckbriefe ein
Mann, ^Namens Mühibusch, verfolgt. Daö Signalement gebe
alS besonders auffallendes Kennzeichen ein seltsam gestaltetes
Muttermal an dem Halse deS Verfolgten an. Wahrscheinlich
sei der Angeklagte Friedhelm und der steckbrieflich verfolgte
Mühlbusch eine und dieselbe Person
Der Staatsanwalt nahm den Steckbrief aus den Händen
deS Wachtmeisters und verglich das Signalement mit Fried-
Helm, worauf er. dem Gerichte erklärte, der steckbrieflich ver-
folgte Mühlbusch und der Angeklagte Friedhelm seien offenbar
eine und dieselbe Person; im Falle einer Freisprechung deö
Friedhelm würde er ihn verhasten und an daS Gericht aus
liefern lassen, von dem der Steckbrief erlassen worden. Der
Präsident fragte Friedhelm, waS.er auf Alles das zu sagen
hätte. Dieser entgegnete trotzig und höhnisch; „nichtS! Ob ich
jener Fälscher bin, geht nur daS Gericht in X. an, hier haben
die Gefchwornen nur daS Urtheil über den Mord zu sprechen."
AuS dem ganzen jetzigen Benehmen dieses Menschen «grng her
vor, daß seine frühere ruhige und bescheidene Haltung nur
Verstellung gewesen und daß er jetzt nicht mehr im Stande
4var, diese Maske festzuhalten.
Der Präsident schloß die Verhandlungen und begann sein
Resum6. In seiner lichtvollen Darstellung der ganzen Sache
legte er besonders Gewicht auf den Umstand mit dem rochen
Briefchen!, welches beweise', daß das Verbrechen mit großer
Schlauheit begangen worden und daß der Thäter nothwendig
ein Mensch sein müsse, der in Verbrechen kein Neuling sei.
Die Geschworenen traten ab. Vier Stunden lang wäbrte
ihre Berathung; man sah daraus, daß sie sich nicht leicht über
ihren Ausspruch vereinigen konnten. CS waren vier lange