glückSsignale verstanden worden wären, eine große Anzahl
hätte gerettet werden können, und schlägt vor, auf eine inter-
nationale Gesetzgebung hinzuwirken, welche daS Schießen an
der Küste außer zum Zwecke des Hülferufs untersagt.
* Die ^BaSl. Nachr." erzählen folgenden Vorgang: Letz-
ten Samstag gegen 5 Uhr Nachmittags spielten mehrere Kin-
der an der Thurgäuer Straße; ein neunjähriges Töchterchen
schaute unterm Fenster deS dritten resp. vierten Stockwerks ih-
nen zu. Nun die unten rufen ^Chom au aba l" Darauf die
kleine Zuschauerin: „Selli grad abe jucke?" Die unten: „Ja,
seh' darfst'Sl Gesagt gethan: sie zielt auf einen kleinen Sand-
Haufen und fällt zum Glücke richtig auf denselben auf — und
bleibt regungslos da liegen. — Lauter Aufschrei der Kinder
und der zusammenlaufenden Nachbaröleute, die glaubten, das
Kind als Leiche aufbeben zu müssen. Nach wenigen Minu-
ten jedoch kehrte die Besinnung der Kleinen zurück und ejne
geringe Hautabschürfung war die ganze böle Folge deS ver
wegenen Sprunges.
* Neue Art Freigepäck auf der Eisenbahn.
(Wörtlich wahr.) Schaffner (auf einen etwa 10 jährigen
Jungen deutend): Der Junge hat doch wohl ein Billet für
sich? — Vater: Nee, wir, meine Frau und ich, haben doch
wohl mindestens 50 Pfd. Gepäck frei. — Mutter: Und 50
Pfund hat er noch nicht, denn wir haben ihn erst kurz vor
der Abfahrt gewogen.
* In Würzburg starb dieser Tage ein 37 jähriger Mann,
der so dick war, daß man den Sarg nicht in den Leichenwa-
gen brachte, sondern eigens nach dem Friedhof tranSportiren
mußte. Bei dem Begrabnisse konnte der Sarg seiner Schwere
wegen — der Verstorbene wog bei Lebzeiten — 3 Ctr. 86
Pfd. — nicht getragen werden und so erfolgte die Einsegnung
gleich am Grade.
Der Spieler.
AuS den Erinnerungen eines Arztes.
Ätitgetheilt von Roderich Benedix.
(Fortsetzung.)
Mit großem Scharfsinn suchte der Redner dann nachzu-
weisen, daß beide Angeklagte, durch Spielverlust dazu getrieben,
sich zu dem Verbrechen verbündet hatten. Theobalds Anwesen-
heit an dem Orte deS Verbrechens sei durch sein eigenes Ge-
ständniß festgestellt. Die AuSrede mit dem beabsichtigten Selbst-
mord könne ihrer auffallenden Künstlichkeit wegen keinen Glau-
den" verdienen. DaS Stückchen Kattun in der Hand deS Er-
mordeten sei offenbar von .dem Hemde TheobalvS abgerissen
und dies beweis« unwiderleglich, daß der Angeklagte mit dem
Ermordeten sich im Kampfe befunden habe. Der Zusammen-
hang der Begebenheiten nach der That sei klar und offenbar.
Theobald, dessen Kleidung im Kampfe mit dem Ermordeten
zerfezt uns mit Blut besteckt worden, habe mit diesen Anzeichen
seiner That sich nirgends sehen lassen dürfen, ohne Verdacht zu
erregen. Deßhalb habe er sich in einem abgelegenen Thale ver-
steckt gehalten, während Friedhelm, der Genosse seines Verbre-
chenS, sich mit dem Raube entfernt habe, um diesen in Sicher-
heit zu bringen und für Theobald andere Kleider zu besorgen.
Für jeden Unbefangenen sei die Sache klar. " Man könne von
Anfang an den Zusammenhang des Verbrechens verfolgen, von
dem Augenblicke an, wo der Vorsatz in der Seele der Thäter
entstanden sei, durch alle Zeitpunkte der Ausführung hindurch.
Nirgends sei da eine Lücke, eine Dunkelheit.
Der Vortrag des Staatsanwalts war klar und lichtvoll,
und wirklich sah man daö Verbrechen in seiner ganzen Ent-
Wicklung von Anfang bis zu Ende vor sich liegen.
Hierauf erhielt der Vertheidiger Friedhelms das Wort. Er
führte zunächst aus, paß sein Klient weder am Orte deS Ver
brechens noch sonst wo gesehen worden sei, daß an und bei
ihm keine Spur deS verübten MordeS gefunden worden. Die
Art und Weise, wie Friedhelm Uhr u. Tuchnadel deS Ermor-
Veten erworben habe, fand er sehr einfach und rechtlich. Er
behauptete', eS sei ein allgemeiner Gebrauch leidenschaftlicher
Spieler, daß sie Kostbarkeiten einsetzten, wenn sie ihr Geld ver-
loren hätten. Zwar könne sein Klient keine Zeugen stellen, die
daS behauptete Spiel gesehen hätten, indeß' sei dieser Umstand
leicht erklärlich. In einem Badeorte wechsle die Bevölkerung
unaufhörlich, und leicht möchten die Zeugen jenes Spiels nach
wenigen Tagen abgereist sein, ohne daß man sie ausfindig
machen könne, da man ihre Namen nicht wisse. In einem
Badeorte verkehrten ja viele Menschen miteinander, ohne sich
weiter zu kennen. Wäre Friedhelm an dem Verbrechen bethei
ligt, so müßte er ein verschmitzter Gauner sein. Allein damit
reime eS sich nicht zusammen, .daß'er wenige Tage nach dem
Verbrechen, in einer nahe gelegenen Stadt, die Uhr und Tuch-
navel habe verkaufen wollen. Ein verschmitzter Mensch würde
gewußt haben, daß er dadurch leicht Verdacht auf sich lenken
könne. So aber habe Friedhelm gar nicht geahnt', daß der
Englander, von dem er Uhr und Tuchnadel gewonnen habe,
und jener Ermordete, von welchem alle Zeitungen gesprochen,
ein und dieselbe Person seien, und arglos habe er die Kostbar-
keiten als sein wohlerworbenes Eigenthum veräußern wollen.
Diese VertheidigungSrede machte offenbar einen günstigen
Eindruck. In der That lag gegen Friedhelm nichts vor. als
der Besitz jmer Uhr und Tuchnadel, und die Art und Weise,
wie er beides erworben haben wollte, war nicht unglaublich,
besonders da der Engländer ein leidenschaftlicher und unbeson-
nener Mensch gewesen war. Daß Jemand am Mittag AlleS
verliert und wenige Stunden darauf bedeutende Summen ge-
winnt, ist ein Glückswechsel, der bei dem Spiele häufig vor-
kommt und nichts Unwahrscheinliches hat.
Jetzt erhielt der Vertheidiger Theobalds daS Wort. Er
legte großen Nachdruck auf die Unbescholtenheit seines Klienten
vor seinem Spielverluste, er schilderte dann mit vieler Wärme
den Seclenzustand deS Unglücklichen, der ihn zum Selbstmorde
treiben mußte, und nach seiner warmen Schilderung erschien
die ganze Erzählung Theobalds gattz natürlich u. wahr. Der
Venheiviger hätte die Ueberzeugung ver Geschworenen imjd der
Zuhörer auch sicher für Theobald gewonnen, wenn die Pistole
und das Stückchen Kattun nicht gewesen wäre. Allein daß der
Zufall gewollt habe, Theobald sei ^an dem Ort des Verbre^
chenS gewesen, um sich zu erschießen und habe in dem wich-
tigstett Augenblicke die Pistole, durch ein Stöhnen erschreckt,
fallen lassen, klang seltsam; daß der Zufall gewollt habe, der
Mörder sei mit einem Hemde desselben Musters, wie das The-
obaldS bekleidet gewesen, klang noch seltsamer. Daß beide Zu-
fälle zusammengewirkt haben sollten , war nahezu unglaublich.
Und doch wußte der Vertheidiger für diese Umstände eben keine
andere Erklärung zu geben, als den Zufall.
Als er geendet hatte, fragte der Präsident die Angeklagten,
ob sie noch etwas zu ihrer Vertheidigung zu sagen hätten.
Ich hatte während der ganzen Verhandlung beide scharf
im Auge behalten und ihr Benehmen, ihre Gesichtszüge beob-
achtet. Friedhelm hatte fortwährend seine ruhige, bescheidene
Haltung bewährt, erschien seiner Freisprechung gewiß zu fein.
Theobald jedoch war niedergebeugt und unruhig, man sah ihm
an, daß er sich die größte Mühe gab, seine innere Aufregung zu
beherrschen. In dem Augenblicke jedoch, alS sein Vertheidiger
schilderte, wie er die Pistole angesetzt habe, um seinem Leben
ein Ende zu machen, war er zusammengezuckt, alS ergriffe ihn
ein plötzlicher Gedanke. Von da an war er immer unruhiger
geworden und als jetzt der Präsident fragte, ob er noch etwas
zu sagen habe, stand er auf und bat man möchte ihm die Pi-