Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1875)

Waffe gegen Menschen, außer im Falle der Nothwehr, kein Ge- 
brauch gemacht werden dürfe. 
2. Sollte dem Lande resp. dem Landtage durch das Jagd- < 
gefetz freigestellt werden die Jagd zu verpachten oder dieselbe 
auf andere beliebige Weise zu vergeben. 
3. Dürfte sämmtlichen Jagdpächtern und Jagdaussehern eine 
dem revidirten Jagdgesetz entsprechende Dienstinstruktion ertheilt. 
werden. 
Herner wolle der Landtag beschließen, die Hochjagd Sr. 
Durchlaucht dem Fürsten auf 10 Jahre unentgeltlich zu über- 
lassen. 
Motiviruug des ersten Punktes. 
Der Passus, daß von der Waffe gegen Menschen einzig uur 
im Falle der Nothwehr Gebrauch gemacht gemacht werden dürfe, 
tst im Jagdgesetze in so ferne am rechten Platze, ja nothwen- 
big, weil im dermaligen Jagdgesetz davon gar nichts erwähnt 
ist und Gesetze und Verordnungen nur dann einen wahren Werth 
Haben, wenn dieselben klar und deutlich ausdrücken was mit den- 
selben geboten oder verboten werden soll. 
Es ist nicht genug, daß dieser Passus nur in der Dienstin- 
struktiou enthalten ist, denn diese wird blos dem Iagdpersonal be- 
kannt gegeben; es soll aber auch die übrige Bevölkerung wissen 
und aus dem Gesetze ersehen können, welche Rechte dem Jäger 
znstehen. Die wesentlichsten Bestimmungen gehören in das Ge- 
setz selbst und nur die weitere Detaillirung derselben in die Aus- 
führungsverordnung. Im vorliegenden Falle vertritt die Dienst- 
instruktion die Stelle der Ausführungsverordnung. 
Begründung des zweiten Punktes. 
Mit dem § 2 des Jagdgesetzes vom Z.Oktober 1872, welcher 
besagt, „die Jagd wird bezirksweise von der Regierung verpachtet," 
hat sich das Land als Eigenthümerin der Jagd sein Eigenthums- 
recht auf dieselbe dergestalt beschränkt, daß es die Jagd stets nur 
verpachten muß, folglich sein Eigenthum nicht wie es sich gebührt 
beliebig benutzen kann. Können nicht Fälle eintreten, wo eine 
andere Vergebungs- oder Benutzungsweise der Jagd nicht Ws 
erwünscht, sondern selbst nothwendig ist? Und wie schnell man 
zu der Revision des Gesetzes kommt, hat die Erfahrung bereits 
sattsam gelehrt. 
Der dritte Punkt des Antrages 
fand seine Motivirung dadurch, daß bemerkt wurde, die Abände- 
ruug des Jagdgesetzes müsse auch-Aenderungen der Dienstinstruk- 
tum zur Folge haben, indem sich die Dienstinstruktion nach den 
Gesetzen richten muß und wie schon oben erwähnt keinen ande- 
ren Zweck hat, als die im Gesetze ausgesprochenen Grundsätze 
mehr zu detäilliren und zu erläutern. Ja es wäre ganz am 
Platze, wenn dem Iagdaufsichtspersouale, welches nicht immer 
dasselbe ist, die Dienstinstruktion von Zeit zu Zeit eingeschärft 
werden möchte, damit dasselbe um so sicherer die nöthige Be- 
achtung schenken würde. 
Was endlich die unentgeldliche Überlassung der Hochjagd an 
den Landesfürsten betrifft, so wollten die Liechtensteiner ihrem 
Landesherrn den klaren Beweis liefern, daß sie dem Fürsten 
und seinen Beamten das Jagdvergnügen von Herzen gönnen, in- 
dem es der Liechtensteinischen Bevölkerung weder um die Jagd 
nnch um den unbedeutenden Pachtzins, sondern lediglich nur darum 
zu thun ist, ihr Eigenthum an Pflanzen und Thieren, vorzüglich 
aber das menschliche Leben vor dem Muthwillen der Jäger zu 
sichern. 
Dieses ist mein Antrag und dies die Begründung. 
Ob dieser mein Antrag nach dem Vorausgegangenen am 
Platze oder nicht am Platze und ob derselbe patriotisch oder nicht 
patriotisch sei, überlasse ich dem Urtheile des lesenden Publikums 
und der öffentlichen Meinung. ^ 
Schaan, den 29. April 1875. 
Christoph Wanger. 
Wir unterzeichnete Landtagsabgeordnete stimmten für dieser! 
Antrag und sind noch der gleichen Ansicht, daß derselbe fachge 
mäß war. Ob nun der Artikel in der liechtensteinischen Wochen- 
zeituug Nr. 9 betitelt „zur Klarstellung" rein sachlicher Natur 
ist oder einen andern Zweck im Auge hatte, lassen wir dahin 
gestellt, nur müssen wir den gemachten Vorwurf, daß wir „zu 
guter Letzt, das frühreife Kind der leidenschaftlichen Agitation im 
Landtagssaale präsentirt haben", Verwahrung einlegen. 
Glücklicher Weise ist durch die Verfassung das Petitionsrecht 
ewährleistet, somit sind wir lediglich unserer Pflicht nachgekommen. 
Dr. Schlegel. Jos. Alois Schlegel. 
Joh. Schlegel. M. I. Oehri. 
Auf diesen gegnerischen Artikel hin erlauben wir uns, fol- 
gendeS zu erwiedern. 
WaS den ersten PassuS wegen deS gekränkten Patriotismus 
betrifft, so bemerken wir: daß eS Niemanden einfallen, weder 
wegen des heutigen Artikels als solchen noch deßwegen, weil 
die 5 Abgeordneten für die Wanger'schen Anträge stimmten, 
den Patriotismus in Frage zu stellen. Aber daß man in den 
früheren Auslassungen von ganz gegnerischer Seite in der auS- 
ländischen Presse, wo man daS Landgericht, die Zehnermehr 
heit unv unser Ländchen selbst in kläglichen und verdächtigen- 
den Ausdrücken entstellte, nicht viel Patriotismus mehr finden 
kann, bedarf keiner weiteren Beweisführung. 
Bezüglich der Aussage die Wangerischen Anträge feien 
„absichtlich" oder „unwissentlich" entstellt worden, diene, 
daß wir dieselben wortgetreu zur Mittheilung brachten und 
uuS gegen die obige Insinuation entschieden verwahren. 
Zur Motivirung Punkt I bemerken wir: eS ist richtig, daß im 
Jagdgesetze von 1872 daS Verbot deS LHaffengebrauches gegen 
Menschen nicht ausdrücklich und formell verzeichnet ist. Wie 
wir eS aber in Nr. 9 aktenmäßig erwiesen, ist dies Verbot alS 
selbstverständlich im Kommissionsberichte angeführt und 
im Landtage damals deswegen nicht paragrafenmäßig aufge- 
nommen worden, weil 
1) bereits seit 1863 eine Dienstinstruktion mit dem streng- 
sten unv ausdrücklichste» Verbote bestand und 
2. weil die geringen und milden Strafmaße für Jagdfre- 
vel (nach dem Gesetze nicht einmal als Diebstahl betrachtet) 
selbstverständlich und implizite eine Ahndung durch Was- 
fengebrauch von Seite deS JagdpersonalS ausschließen und weil 
endlich 
3) die Versammlung der Abgeordneten stch mit dieser Er- 
klärung und mit der Dienstinstruktion als vollkommen gesetzlich 
genügend zufrieden stellte. 
Die formelle Aufnahme deS Verbotparagraphen in daS 
Jagdgesetz war und ist demnach überflüssig, wenn auch statt- 
Haft. Zur Zeit, wo der Wanger'sche Antrag gestellt würde, 
hätte aber die Einsetzung deS Verbotparagraphen soviel bedeu- 
tet, als, als erklären: bis jetzt hat noch kein Verbot in dieser 
Beziehung existirt, waS durchaus nicht wahr ist. 
Zur Begründung Punkt 2. Wir entgegnen: Der erste 
Paragraph deS Jagdgesetzes heißt: „Die Jagd im Fürstenthum 
ist ein Landeöregal"; somit Eigenthum deS Landes, das im 
VerpachtungSwege durch Vertrag auf bestimmte Zeit verpachtet 
werden kann. Ein völliges Freigeben der Jagd wäre weder 
im Landesinteresse, noch im Jagdinteresse. Oder wie würde 
eS bald in unseren Bergen aussehen, wenn Jedermann ohne 
Patent der Pachtbesugniß freies Jagdrecht hätte. In 2—3 
Jahren, daS geben wir zu, wäre dann eine Verpachtung nicht 
mehr nöthig. 
Zu P 3 bemerken wir kurz, daß eine Dienstinstruktion v. 
1863 existirt mit dem Wortlaute: „v. d. Waffe zum B e- 
Hufe der Arretirung von Wilddieben darf nur 
imäußersten Not h falle als Nothwehr Gebrauch 
gemacht werden." Im Januar dieses Jahres haben zu- 
dem fammtliche fürstl. Jäger eidlich die protokollarische Er- 
klärung abgegeben, daß jeder im Besitze der Dienstinstruktion 
gewesen sei und genau das bezügliche Verbot wisse, und daß
	        

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