Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1875)

Vaduz, 19. April. Ueber den vor circa 6 Tagen in 
Sax stattgefundenen Brand berichtet der Werdend. Anz. Fol- 
gendeS: 
— Sax Letzten Montag, Nachmittags circa um 2 Uhr, 
brannten hier zwei Häuser, wovon eines ein Dvppelhaus, 
und ^ine Scheune in kurzer Zeit vollständig nieder. Die Hau- 
ser waren bewohnt von Andreas Hanselmann, Wittwe Anna 
Kammerer uÜd Wittwe Katharina Kammerer. Die Mobilien 
sind nicht versichert. Zum Glücke herrschte Windstille, im an- 
dern Falle die Sache für das ganze Dorf verhängnißvoll hatte 
werden können. Anerkennung verdient das schnelle zu Hülfe 
eilen unserer Nachbarn von Schaan: welche, da vie 
Rheinbrücke in Benvern'Haag in Folge Hebung unfahrbar ist, 
mit ihrer mit 4 Pferden bespannten Spritze durch das Dorf 
Buchs der Unglücksstätte zusprengten. Selbst eine Spritze der 
Borarlbergerbahngesellschaft sammt Mannschaft kam mit dem 
Eisenbahnzug bis Buchs. Da die Gefahr weiterer Ausdehnung 
deS FeuerS vorüber, wurde die Reife nicht-weiter fortgesetzt. 
Die Ursache des BrandeS wird Kindern zugeschrieben. — 
Ueber einen Brand in Chur vom gleichen Tage, der leicht 
viel größere Ausdehnung hätte nehmen können, schreibt der 
„Freie Rhätier": ^ 
Ziemliche Windstille und rasche gute Feuerwehrarbeit haben 
schwereres Unglück verhütet, daS schon schwer genug ist Zwi- 
schen 4 und 5 Uhr Morgens brach zwischen dem Neuen und 
dem Unterthor im sog. Aktienbau daS Feuer im Hause von 
Stadtbaumeister Ritter, aus, wo zu ebener Erde die Wirth* 
schaft zum „Pfauen" ist Die Sturmglocke ertönte ungefähr 
um 5 Uhr. Man rettete, was noch zu retten war; die kranke 
Frau Pfauenwirthin, Maria Bodmer, geb. Richard, wurde 
auS dem Hause getragen und starb bald darauf. ES brannte 
dieses und daS anstoßende HauS der Brunett'schen Seifenste- 
derei ab. Ein Seifensiedergesell, Panl Burkhart aus AugS* 
bürg, wurde halbverbrannt als Leiche im Bett gefunden. Er 
soll sich in der Nacht betrunken schlafen gelegt haben. 
Ueber die Entstehung deS BrandeS waltet amtliche Un 
tersuchung. 
Gute Dienste hat neben der Feuerwehr daS Kantonöschü- 
lercorpS mit seiner Spritze unter Anführung deS Professor 
Pult geleistet. 
Die Gefahr für daS ganze Unterthor war augenscheinlich 
und wäre bei stärkerem Wind für die ganze Stadt groß ge< 
Wesen. 
Politische Rundschau^ 
Deutschland. Bedeutendes Interesse bietet gegenwärtig 
der dieser Tage von der preußischen Regierung dem Abgeord 
netenhause eingebrachte kirchlich-politische Gesetzentwurf welcher 
die Aufhebung von 3 Artikeln der preußischen BerfassungS- 
urkunde v. 3t. Januar 1850 bezweckt. 
Der Gesetzentwurf lautet: 
„Die Art. 15, 16 und 13 der VerfafsungSurkunde vom 
31. Jan. 1850 sind aufgehoben. Die Rechtsordnung der 
evangelischen und katholischen Kirche, sowie der andern Reli- 
gionSgesellschaften im Staate, regelt sich nach den Gesetzen deS 
Staates". 
Die in FrÄge stehenden Verfassungsartikel lauten: Art. 
15. Die evangelische und die römisch katholische Kirche, sowie 
jede andere ReligionSgesellschast, ordnet und verwaltet ihre 
Angelegenheiten selbständig, bleibt aber den StaatSgesetzen und 
der gesetzlich geordneten Aufsicht deS Staates unterworfen. 
Mit der gleichen Maßgabe bleibt jede ReligionSgesellschaft im 
Besttz und Genuß der für ihre CultuS-,Unterrichts- und Wohl- 
thätigkeitSzwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und Fonds. 
(Der Passus „bleibt aber . . . bis unterworfen" wurde bei 
der Abänderung des Art. 15 durch Gesetz vom 5. April 1873 
eingeschaltet, deßgleichen der Zusatz: „Mit der gleichen Maß 
gäbe" u. f. w.) Art. 16. Der Verkehr der ReligionSgesell- 
schaften mit ihren Oberen ist ungehindert. Die Bekanntma- 
chung kirchlicher Anordnungen ist nur denjenigen Beschränk»»- 
gen unterworfen welchen alle übrigen Veröffentlichungen un- 
terliegen. Art. 13. DaS ErnennungS-,Vorschlags-, Wahl- und 
Bestätigungsrecht bei Besetzung kirchlicher Stellen ist, soweit 
eS dem Staate zusteht und nicht aus dem Patronat oder be- 
sondern RechtStiteln beruht, aufgehoben. Auf die Anstellung 
von Geistlichen beim Militär und an öffentlichen Anstalten 
findet diese Bestimmung keine Anwendung. Im Uebrigen re- 
gelt das Gesetz die Befugnisse des Staates hinsichtlich der 
Vorbildung, Anstellung unv Entlassung der Geistlichen und 
Reiigionsdiener, und stellte die Gränzen der kirchlichen Disci- 
plinargewalt fest. (Der dritte Satz: „Zm übrigen" u. f. w. 
war durch das Gesetz vom 5. April 1873 hinzugefügt) 
Gegen den neuen Gesetzentwurf arbeitet hauptsächlich die 
Centrumsfraction, die in demselben eine grundsätzliche Bernei- 
nung der kirchl -katholischen Rechte sieht 
Oesterreich. Der niederösterreichische Landtag ist letzter 
Tage in der Lage gewesen, sich mit einer brennenden wirth- 
fchaftlichen Frage zu beschäftigen. Es hat nämlich die große 
Sigl'sche Maschinenfabrik in der nahen Wiener Neustadt auS 
Manqel an Arbeitsaufträgen sich veranlaßt gesehen, einen Theil 
ihrer 2000 Arbeiter sofort zu entlassen und dem größten Theil 
des ResteS ihre in vier Wochen bevorstehende Entlassung an- 
zuzeigen: mehr als 6000 Personen, meistens aus Niederöster- 
reich selbst, sind dadurch unmittelbar brodloS geworden, und 
eS versteht sich von selbst, daß damit auch daS wesentlich auf 
den Consum der Arbeiterbevölkerung angewiesene Kleingewerbe 
auf's empfindlichste betroffen wird. So ist denn in der gestri- 
gen LandtagSfitzung ein überaus bequemer Dringlichkeitsantrag 
gestellt und einstimmig angenommen worden, welcher die Re- 
gierung auffordert mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln 
den Eintritt der Katastrophe zu verhindern, welche die Schlief- 
sung der genannten Fabrik herbeiführen müßte. 
England. Das englische Unterhaus lehnte am 8. dS. 
den Gesetzesentwurf, welcher den Frauen politisches Stimm- 
recht geben will, mit 187 gegen 152 Stimmen ab. DiSraeli 
stimmte mit der Minderheit für den Entwurf. 
Spanien. Das französische Blatt: „Moniteur Union" 
spricht sich über den Zustand der spanischen Wirren folgender- 
maßen auS: 
„ Briefe die wir auS Spanien erhalten, machen unS auf 
die sehr beträchtlichen Schwierigkeiten aufmerksam mit denen 
die Regierung deS Königs Alfonso zu kämpfen hat. Der von 
Cabrera entworfene „Convenio" hat nicht die Wirkung geübt 
die man sich davon versprochen hatte: er hat bis jetzt nur 
vereinzelte Unterwerfungen kleiner CabecillaS, vorgerückter 
Schildwachen der carliftischen Armee, nicht aber Massenunter- 
werfungen zur Folge gehabt, welche für die Heere ein ver- 
hängnißvoller Schlag sind und durch Verwirrung oder Ent- 
muthigung die Uebergabe anbahnen. Die navarresischen und 
baskischen Bataillone, die Kerntruppen des Don Carlos, sind 
unberührt geblieben und bedrohen durch ihre dermiligen Ma- 
növer die Linien der alfonsischen Generale, die ihren Gegnern 
an Rührigkeit weit nachstehen. Die Befehlshaber Don Al- 
fonso'S, erschreckt von der Langwierigkeit und der Wildheit deS 
Kampfes, ärgerlich über den Mißerfolg des „Convenio" und 
dem Drange folgend die unglücklichen Wirkungen ihrer Un- 
thätigkeit oder militärischen Unfähigkeit auf andere abzufchüt- 
teln, behaupten daß eS ihnen unmöglich sein werde die carli- 
stische Fraction zu bezwingen, wenn nicht hinreichende Kräfte 
zu ihrer Verfügung gestellt werden um dieselbe in dem na- 
varresischen Gebiete ganz abzuschließen, und namentlich alle 
strategischen Punkte fest zu besetzen welche die Schlüssel zu 
den Pyrenäenpässen sind, mittelst deren die Car listen ununter- 
brochene Beziehungen mit ihren über alle Länder Europa'S
	        

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