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stere aufs Höchste und hing mit einer Gallomanie zusammen,
wo jeder deutsche Edelhof ein Versailles, jeder Krautgarten
ein Park und jeder Junker ein LouiS hatte sein mögen. Da-
malS war fast das andere Wort ein französisches, bis die Sa-
tire dahinter kam und dielen Uurath ausfegte. Was etwa
noch übrig blieb, dem gab die edle Erhebung des JahreS
1813 vollends den Abschied, die freilich ihrerseits wieder die
gerechte Mitte nicht'unbedeutend übersprang durch Verachtung
und Verwerfung alles Französischen. Aber der ReinheitSeifer
verlor sich nach dem ersten Sturm nur zu bald und jetzt ist
eS fast wieder so schlimm geworden mit der Sprachmengerei
im Deutschen wie in der schlimmsten Zeit des vergangenen
Jahrhunderts. Die meisten öffentlichen Blätter und Zeitschrift
ten, ja sogar sehr viele Bücher, meinen fast keinen Satz zu
Stande bringen zu können wo ste nicht eines oder ein paar
Fremdwörter einmischen gleichsam zur Würze für eine Sprache
die ihnen außerdem zu unschmackhaft vorzukommen scheint.
Aber erröthen wir denn nicht vor unfern Nachbarn ein solches
Mischmasch für schön zu halten, und eine so geringe Achtung
vor unserer eigenen Sprache zur Schau zu tragen? GS ist ja
ganz gern zuzugeben, daß die einzelnen KunstauSvrücke, die
Fachbezeichnungen, die Erfindungen die von einem einzelnen
Lande ausgehen, in der Sprache aller zivilisirten Nationen die
gleiche Benennung erhalten. Dies erscheint als eine kleine Ab
schlagszahlung auf die eine Leibnitz'sche Weltsprache. Aber in
allem übrigen, wo die deutsche Sprache einen ganz angemesse-
nen und vollkommen unmißverständlichen Ausdruck hat, da
ist doch gewiß der Gebrauch des fremden entschieden zu ver-
werfen In der kriegerischen Kunstsprache z B. hat sich al-
lerdingS Frankreich einen gewissen Vorrang erworben, aber ob
nicht Wachtmeister und Feldwebel ebenso verstandlich sein sollte
alS Sergeant u. a., und warum wir uns vie Beiwacht erst
unter per Verstümmlung von Bivouac zurückgeben lassen, dieS
bleibt unverständlich. Wenn aber vollends in der gewöhnlichen
Schriftsprache von A bis Z fremde Ausdrücke recht muthwlllig
dem Deutschen vorgezogen werden, wenn von Alinea, Allüren,
aimable, Eclat, ecwtant, exorbitant, Faiseur, Düpinrn, Dtner,
Reserve, fashionable, Platitüden, Constatiren unv tausend ahn-
lichen Dingen, noch dazu oft sehr am unrechten Orte die Rede
ist, so muß ein solches Rothwälsch ja lächerlich werden. Um gar
nicht von Wortbildungen, wie „aufoktroyiren" zu reden, die
geradehin auS dem Straßenkehricht ausgelesen scheinen. Ge-
wiß wäre eS ein Verdienst mit dem Auftrag gegen solche Un-
gebühr die gehörigen Mittel vorzuschlagen, einen Sprachkenner
von Reichswegen zu beehren und vor allem selbst mit gutem
Beispiel voranzugehen.
Die beabsichtigte Reise des Kaisers von Deutschland nach
Italien wird, wie die neuesten Berichte erzählen, nicht zur
Ausführung kommen. Der deutsche Kronprinz mit seiner Fa-
milie wird hingegen dieser Tage eine Vergnügungsreise (jedoch
ohne offiziellen Charakter) nach Oberitalien antreten.
Oesterreich. Der Kaiser von Oesterreich hat der feierli-
chen Enthüllung veS Maxmilian-Denkmals in Trieft beigewohnt
und ist dann bei seiner Ankunft in Venedig von ver italienischen
Bevölkerung mit großem Enthusiasmus empfangen worden.
Die Begegnung der beiden Monarchen auf dem ehemals (bis
1366) österreichischen Gebiete soll eine sehr herzliche gewesen
sein. Heber die politische Bedeutung dieser Zusammenkunst
meldet eine deutsche Zeitung „die Post," daß Kaiser Franz
Josef und König Viktor Emanuel in Venedig darüber sich verstän-
digt haben, daß die Stellung des PapstthumS in Italien eine
inneritalienische Angelegenheit sei, daß also eine internationale
Regelung derselben, wie ste Fürst Bismarck angeregt haben
soll, nicht erforderlich sei. Dieser Faktor, sowie die Thatfache,
daß in Frankreich die neue Armeereorganisation nicht auf eine
solide Herstellung der französischen Wehrkraft berechnet feie,
indem auch daS reichste Volk die dadurch auf das Land gewälzt,
Ueberlast nur auf kurze Zeit ertragen könne, daß vielmehr
Rüstungen auf baldiges „Losschlagen" betrieben werden, ver-
leiten „die Post" zu der Muthmaßung, daß ein „Krieg in
Sicht" sei. Ob diese Muthmaßung gerade schon für die nach-
ste Zeit schon ihre haltbare Begründung hat, glauben wir
kaum. Wir Liechtensteiner haben „Gott sei Dank" an dem
wachsen unserer „Militärmacht" glücklicherweise keinen Maß-
stüb für allenfallsige Zukunftskriege, das aber hören und lesen
wir, daß die zivilisirten großen Staaten Europas all ihr Fett,
das der allmächtige Sleuerstab den Völkern abzwingt, zur ge-
genseitigen Ueberbietung in der Schaffung fast unglaublich
großer Militärmächte verwenden. Die natürliche Folge ist
klar: da aus die Länge der Zeit diese „zivilisirte" Verwendung
der Steuerkraft der Völker den gänzlichen Ruin der Staaten
Europas herbeiführen müßte, so muß eben auch „losgeschlagen"
werden. Nach Vollendung deS „großen Krieges" dürfte die
ersehnte Zurückführung der HeereSmächte der einzelnen Staaten
auf ein kleineres und friedlicheres Maß eintreten.
Frankreich. Die Bonapartisten entwickeln außerordentliche
Thättgkeit, um sich, solang ihnen noch freie Hand gelassen wird,
auf die bevorstehenden Wahlen vorzubereiten. Sie zeigen in
dieser Beziehung eine Sorge für die Zukunft, welche den Re
publikanern zur Nachahmung anempfohlen werden könnte. Die
Nachrichten, welche auS den Departements einlaufen, werden
von den Bonapartisten als sehr günstige bezeichnet. Im Süd-
Westen von Frankreich namentlich soll die Propaganda zur
Wiederherstellung deS Kaiserreichs merkliche Fortschritte gemacht
haben. Man erwartet, daß die bonapartistischen Candidaten
dort in vielen Fällen die Mehrheit haben werben Herr Rou-
her hat bereits eine Liste derjenigen Männer aufgestellt welche
von seiner Partei zur Wahl in den Senat vorgeschlagen wer-
den sollen. Diese Liste ist in Chiselhurst gebilligt worden, und
die darauf verzeichneten Persönlichkeiten sind in voller Thätig-
keit um den Erfolg ihrer Eandidaturen zu sichern. Dte Re-
pudtikaner streiten sich inzwischen mit den Orleanisten, und
diese mit den Legitimisten. Es ist wohl möglich daß am Tage
der Auflösung der Nationalversammlung — ein Tag der nun
mit Riesenschritten näher rückt — dke Bonapartisten allein
schlagfertig sein werden um den neuen Wahlfeldzug zu begin
nen. In den Regierungskreisen sieht man klar in dieser Sach-
läge, unv die orleanistischen und die republikanischen Mitglieder
des heutigen EadinetS sind unausgesetzt bemüht Maßregeln
zu treffen um der bonapartistischen Propaganda daS Hand-
werk so schwer alS möglich ;u machen.
Amerika. In dem Staate Tenessee wird eine Jungge-
sellensteuer eingeführt. Das betreffende, in der Legislatur
dieses Staates eingeführte Gesetz lautetda eS Ansicht der
Versammlung ist, daß Junggesellen angemessene BesteurungS-
Objekte für nachstehende Zwecke bilden, wird verfügt von der
LegiSlamr deS Staates Tenessee: 1) Daß das Junggefellenthum
hievurch für ein Privileg erklärt und daß jeder über 30 Jahre
alte männliche Einwohner dieses Staates, welcher körperlich
und geistig gesund ist, und nach dem 1. Mai 1875 unverhei
ratet bleibt, jährlich eine Steuer von 10 Dollars zahlen soll;
2) den Steuer-Kollektoren wird eö zur Pflicht gemacht, zum
Zweck der Besteurung detaillirte Listen anzufertigen, in welchen
Alter, GestchtSfarbe, Größe und Farbe der Haare und Augen
eines jeden Zunggesellen angegeben sind; 3) wird verfügt, daß
die unter den Bestimmungen dieses Gesetzes an Steuern erho-
denen Gelder hiedurch als ein Thejl deS öffentlichen Schul-
fondS desjenigen County erklärt werden, in welchen diese
Steuern erhoben wurden.
Aste«. Der König von Birma hatte vor einiger Zeit
den Wunsch, ein Wochenblatt in englischer und einheimischer
Sprache erscheinen zu lassen, und zog darüber einen hervor-
ragenden britischen Beamten, der sich in Birma befand zu
Rathe. Um Nebensachen, sagte der König, brauche man sich