Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1875)

ßeren musikalisch-dramatischen Werken und einer reichhaitigen, 
bunten Reihe kleinerer Kompositionen vor daS Publikum ge- 
treten und hat sich, wohl mit jedem Werke dessen steigende 
Achtung als ein W T?#nt£be^etrfybenl>er 7 > oriqi- 
yMr, feiiifiMiger üWgeschmackvoller Meister errungen. Ein 
WKÄ symMnischeSWerk deS Komponisten durfte also im 
Boraus sympathischen Interesses sicher seyn und die musikalische 
Akademie hat demselben einen wohlthuenden Ausdruck gegeben, 
indem sie das Pult des Dirigenten — der Komponist leitete 
die Aufführung seines Werkes persönlich mit einem Lor? 
berkranze schmückte. 
Politische Rundschau. 
Dentfchtand. Der „Daily NewS" wird telegrafisch aus 
^etliji gechelbtt, daß BiSinarck nunmehx definitiv zum Herzog 
YM Laüenöurg ernannt werden und den Titel „Se. Hoheit 
Lädst vvw BiSnrarck, Herzog von Laitetlburg" führen soll. Der 
Titel sei so gewählt, weil der Reichskanzler abgeneigt war, 
fftnen Familiennamen aufzügeben. Offiziöse Blätter dagegen 
fahren fort, die Nachricht von der Erhebung deS Reichskanzlers 
Dm Herzog, als ein in keineswegs freundlicher Absicht erfun- 
deneö Gerücht zu bezeichnen. Da der König von Preußen 
bereits Herzog von Lauenburg sei, könne Niemand anders, auch 
nicht Fürst Bismarck, diesen Titel erhalten. 
Der großartige Prozeß gegen die Sozialdemokraten ist been- 
det. DaS, Gericht erkannte auf Schließung des allgemeinen 
deutschen Arbeitervereins, deS allgemeinen deutschen Maurer u 
SteinhauerbundeS und deS deutschen ZimmennannSvereinS als 
politische Vereine. Die Geldstrafen gegen deren Leiter betragen 
60 bis 120 Mark. 
In Baiern ist General v. Maillinger durch k. Dekret zum 
Kriegsminister ernannt worden. 
In Frankreich wird fortwährend von Seite des Kriegs- 
Ministers an der Reorganisation der Armee gearbeitet, und doch 
soll der gegenwärtige Zustand derselben noch keineswegs befrie- 
digend lauten. Unter den höhern Offizieren walte immer Ei- 
fersucht und persönliche Unfähigkeit. Die Einführung der all- 
gemeinen Wehrpflicht und die Rekutirung nach schweizerischem 
oder deutschem System, wodurch allein fich Frankreich eine 
numerische Kraft verschafft haben würde, wurde seiner Zeit 
vom Parlament abgelehnt. Die militärischen Schulen stehen 
Überall außerordentlich mittelmäßig, die Artillerie und Kavallerie 
schlecht ausgestattet. Mit dem deutschen Pferdeausfuhrverbot 
sei die Erwerbung guter Zug- und Reitpferde erschwert. Von 
ziemlich sachkundiger Seite wird behauptet, daß Frankreich noch 
Jahrzehnte brauche, um gegen außen gehörig aktionsfähig zu 
werden^ Nachdem Deutschland und Rußland die allgemeine 
Wehrpflicht angenommen. Habels wonach dieselben Jedes über 
eine Million Krieger alle Tage verfügen können, werde Frank- 
reich mit seinem alten Militärsystem kaum einen andern Stand- 
punkt als denjenigen eines Staates zweiten Ranges einzuneh- 
men berechtigt sein. 
Im letzten Ministerrath soll eS sehr lebhaft zugegangen 
sein. Die Herren Büffet und Dufaure können sich über ver- 
schiedene Pnnkte nicht verständigen, und ein jeder der beiden 
Staatsmänner legt einen zu hohen Werth auf seine eigene 
Meinung, als daß von der einen oder andern Seite bedeutende 
Zugeständnisse zu erwarten wären. Hr. Büffet hofft noch immer 
die sogenannte konservative Mehrheit vom 24. Mai wieder 
herzustellen; der Justizminister verlangt dagegen, daß die Errun- 
genschaften der neuen republikanischen parlamentarischen Mehr- 
W ohne Hintergedanken anerkannt und befestigt werden, Der 
Ministerpräsident wünscht von seinem Standpunkt aus, daß 
man die Royalisten und Imperialisten mit größtmöglicher 
Schonung behandle; Hr. Dufaure auf der andern Seite ist 
der Meinung, dciß alle Angriffe auf die bestehende Verfassung 
strafbar sind, und daß die Propaganda zur Wiederherstellung 
des Königthums oder KaiferthumS eine rebellische sei. Er 
verlangt, deßhalb, daß den fortwährenden Schimpfereien auf 
> die Republik und die Republikaner ujrrt> t den überschwänglichM 
Anpreisungen der verschiedenen Throiiprätendenten, wie sich 
dieselben taglich in den legitintistischen und bonapartistischen 
Blättern vorfinden, ein Ende gemacht werde. Aber der alte 
liberale Justizminister befürwortet damit keineswegs ein rück- 
sichtSloses summarisches Vorgehen; er will im Gegentheil, daß 
der Belagerungszustand aufgehoben werde und daß das Mini- 
sterium, zur sofortigen Ausarbeitung eines Preßgesetzes vorgehe, 
welches, nachdem eS von der Kammer angenommen, der Re- 
gierung gesetzliche Kraft geben würde die heutige Verfassung 
gegen die Angriffe ihrer Gegner zu vertheidigen. Hr. Büffet 
ist nicht geneigt diesen Wünschen nachzugeben. Er jedoch so- 
wohl als Herr Dufaure wissen sehr gut, daß ein ernstes Zer- 
würfniß im "Ministerium von den Legitilyisten und den Bona- 
partisten mit Jubel begrüßt werden würde. 
In den Kreisen der Bonapartisten geht- die Rede von einer- 
Rundreise durch Europa, welche der junge kaiserliche Prinz in 
Begleitung des Generals Fleury in diesem Jahr unternehmen 
- werde. Der Prinz soll alle groDn Höfe besuchen, nachdem 
! man vorher die Gewißheit gewonnen hat, daß er dort gastliche 
Aufnahme finden wird. Sollte ihm diese zu Theil werden 
und die Bonapartisten zweifeln nicht daran — so würde man 
einen Beweis gefunden haben um der französischen Bevölkerung, 
die Wiederherstellung deS Kaiserreichs alS etwas höchst wün- 
schenSwertheS hinzustellen. Man will in allem was in Frank- 
reich passirt stetS die Hand des Fürsten v. Bismarck erkennen. 
! So heißt eS denn auch diesmal wieder, daß die projektive 
| Reise deS kaiserlichen Prinzen vom deutschen Reichskanzler an- 
gerathen worden sei. Die .Franzosen werden sich vieß unter 
keiner Bedingung ausreden lassen, und eS würde vergebliches 
! Bemühen sein die Unsinnigkeit dieses Gerüchtes darthun zu 
wollen. 
Spanien. Nach Madrider .Nachrichten sind sechs Gene- 
rale, dm Obersten und eine große Anzahl anderer Offiziere 
i der (artistischen Armee nach Frankreich übergetreten und haben 
' den König Alsonso formell als König von Spanien anerkannt. 
! Es wird diese Thatsache als die nächste Folge der Haltung 
angesehen welche General Eabrera den Carlisten gegenüber ein 
genommen hat. 
! China Ueber den Thronwechsel in China, bezüglich des- 
! sen bisher nur kurze telegraphische Meldungen vorlagen, wird 
der „Köln. Ztg." jetzt aus Schanghai vom 4 Februar brief« 
lich näheres mitgetheilt. „Die Frage der chinesischen Thron- 
folge", so heißt eS in der betreffenden Korrespondenz, ist in- 
nerhalb des Palastes in Peking auf schnelle und friedliche 
Weise gelöst worden. Mit Uebergehung derjenigen Mitglie- 
der der kaiserlichen Verwandtschaft welche das Gerücht zuerst 
nannte, ist die Wahl aus den Sohn deS Prinzen Tschun, ei 
nes jüngeren Bruders des Prinzen Tun und Kung, gefallen. 
! Der neue Inhaber deS Drachen-ThroneS ist ein ungefähr vier- 
! jähriger Knabe, Namens Tseintien; der Name seiner Regie- 
! rungSperiode ist Kwang Sü, oder wird eS vielmehr sein, denn 
! das erste Jahr Kwang Sü beginnt übermorgen mit dem neuen 
! Jahre. Um die verschiedenen Verwandtschaftsgrade auf leicht 
! faßliche Weise vorzuführen, bemerke ich daß der neue Kaiser 
! der Vetter des letztverstorbenen Kaisers Töng Tschie (T'ung 
Ehih), der Neffe des vorletzten 1861 gestorbenen Kaisers Hien- 
feng und, gleich seinem Vorgänger, der Enkel des 1850 ver- 
storbenen Kaisers Tao Kwang ist. Welche Gründe bei der 
Wahl den Ausschlag gegeben haben, kann nur vermuthet wer- 
den. Allgemein aber betrachtet man ste als einen großen Er- 
folg der beiden alten Kaiserinnen-Mütter und des Prinzen 
Kung, da die beiden etsteren wieder während der langen Min- 
derjährigkeit Regentinnen sein werden, und der letztere wieder 
ihr Rathgeber sein und att der Spitze der Verwaltung stehen
	        

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